Die Bauern in Deutschland sind wütend, aber ihre Manieren haben sie darüber noch nicht vergessen. Zum sogenannten „Agrargipfel“ im Kanzleramt kippten sie am Montag weder Mist vor den Dienstsitz von Angela Merkel, noch stellten sie die Zufahrt mit Traktoren zu. Sie waren gekommen, um zu reden – mit der Kanzlerin und ihrer Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (beide CDU). Vor wenigen Tagen erst hatten die Bauern mit tausenden Treckern die Hauptstadt blockiert.
Das wichtigste Ergebnis des dreistündigen Krisengesprächs mit 80 Teilnehmern von 40 Agrargruppen ist, dass das Reden weitergeht. Klöckner kündigte eine ganze Reihe von Dialogforen, Runden Tischen und Kommissionen an. „Wir wollen, dass wir gemeinsam an den Tisch kommen“, fasste die Ministerin treffend zusammen.
Der Bauernverband und die neue Bewegung „Land schafft Verbindung“ werden Ideen für eine Zukunftskommission entwickeln, die Anfang des kommenden Jahres vorgelegt werden sollen. Die Kommission soll klären, welche Form der Landwirtschaft in Deutschland künftig betrieben werden soll. Darüber hinaus wird es einen Runden Tisch geben mit Umweltministerium und Bauern, wie das Programm zum Insektenschutz in der Praxis am effizientesten umgesetzt werden kann. Konkret heißt das, wie weniger Unkrautvernichter auf die Felder gespritzt werden können.
Nationales Dialogforum startet auf der Grünen Woche
Außerdem startet im Januar bei der Grünen Woche in Berlin das Nationale Dialogforum, das sich mit der Landwirtschaft befasst. Im März wird zudem die Borchert-Kommission, benannt nach dem ehemaligen Landwirtschaftsminister Jochen Borchert, erste Ergebnisse vorlegen, wie die Tiere in den Ställen mehr Platz bekommen.
„Ich habe Sie eingeladen, weil mir dieser Dialog sehr, sehr wichtig ist“, sagte auch Angela Merkel. Die Landwirtschaft stehe unter dem Druck großer Veränderungen, die neue Antworten notwendig machen. „Das wollen wir aber mit Ihnen machen und nicht gegen Sie“, betonte die 65-Jährige.
Hinter dem Angebot zum umfassenden Gespräch verbirgt sich die schlichte Wahrheit, dass die Bundesregierung den Landwirten konkret nicht helfen kann. Auf die Preispolitik von Lidl, Aldi, Rewe und Co. im Einzelhandel kann sie keinen Einfluss nehmen, sondern sie nur beklagen.
Die Vorgaben gegen Überdüngung bringen die Bauern mit großen Ställen schon jetzt an die Grenzen. Sie wissen nicht, wohin mit der Gülle. Es könnte aber passieren, dass die EU-Kommission noch strengere Bestimmungen verlangt. „Uns bleibt da nichts übrig, jetzt warten wir auf die Kommission“, sagte Julia Klöckner.
Urteil: Schweine brauchen mehr Platz
Dass Schweine mehr Platz in den Ställen bekommen sollen, ist keine Anbiederung an den grünen Zeitgeist. Das Oberverwaltungsgericht Magdeburg hat das in seinem wegweisenden Urteil schon 2015 verlangt. Landwirte scheuen aber den Umbau, weil sie fürchten, dass in wenigen Jahren schon wieder andere Gesetze gelten könnten. Anderen Betrieben fehlt das Geld. Und allgemein fürchten sie, künftig zu teuer zu produzieren.
Im Herbst nächsten Jahres gibt es dann wieder einen Agrargipfel mit der Kanzlerin.
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