Nach jahrelangen Gesprächen zwischen Karstadt und Kaufhof ist eine Einigung in Sicht. Bei einer Fusion sollen so viele Kaufhäuser wie möglich erhalten bleiben.
In den Verhandlungen über eine Fusion von Karstadt und Kaufhof stehen nur wenige Filialen zur Disposition. "Drei bis fünf Standorte würden bei einem Zusammengehen vermutlich geschlossen", sagte eine mit den Verhandlungen vertraute Person der Deutschen Presse-Agentur.
Beide Eigentümer seien daran interessiert, so viele Kaufhäuser wie möglich profitabel zu machen. Kaufhof betreibt in Deutschland derzeit 96 Warenhäuser, Karstadt 82. Kaufhof wollte die Informationen am Donnerstag nicht kommentieren, Karstadt war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.
Ziel ist eine "Europäische Warenhaus AG"
Das Kaufhaus - seine Geschichte und seine Kunden
Mode, Lebensmittel, Elektronik, Bücher – ein Warenhaus bietet alles unter einem Dach. An Standorten in der Innenstadt werden dort auf großen Verkaufsflächen Produkte aus verschiedenen Branchen angeboten.
Umgangssprachlich werden Warenhaus und Kaufhaus oft synonym verwendet. Streng genommen wird in einem Warenhaus im Gegensatz zu einem Kaufhaus keine Branche besonders herausgehoben.
Warenhäuser verfügen in der Regel über eine Verkaufsfläche von 6000 bis 30.000 Quadratmetern. Sie erstrecken sich fast immer über mehrere Geschosse.
Zum Aufblühen der Kaufhäuser Mitte des 19. Jahrhunderts trug unter anderem die Industrialisierung bei. „Es wurden zum ersten Mal Produkte in größerem Maße gefertigt“, erklärt Birgit Adam, die ein Buch über die Geschichte des Warenhauses geschrieben hat.
Hinzu kam der Import neuer Produkte aus anderen Ländern. „Die Warenhäuser waren die Fläche, um das auszustellen, was es überall auf der Welt an Luxusgütern gab.“
Auch architektonisch prägten die Warenhäuser das Aussehen vieler westdeutscher Innenstädte. Mit ihren großen, am Abend beleuchteten, Schaufenstern waren die Kaufhäuser ein Symbol des Wirtschaftswunders.
Als einer der Pioniere für das Kaufhaus in Deutschland gilt die Familie Wertheim. 1852 öffneten die Brüder Abraham und Theodor Wertheim ihr erstes Manufaktur- und Modefachgeschäft in Stralsund. Auf dieser Grundlage schufen Abrahams Söhne den Handelskonzern – das erste Wertheim-Warenhaus gab es 1890 in Berlin. Bereits 1881 war Karstadt gegründet worden.
Fast zwei Drittel der Bundesbürger kaufen nur noch selten in Warenhäusern ein – jeder zehnte nie. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov zur Zukunft der Warenhäuser hervor.
Nur noch jeder vierte Befragte geht demnach regelmäßig zum Shoppen zu Karstadt, Kaufhof & Co. Vor allem junge Leute zwischen 18 und 24 Jahren machen der Umfrage zufolge einen Bogen um die Einkaufstempel.
Am häufigsten sind dort demnach noch die über 55-Jährigen zu finden. Und Frauen finden generell an den Kaufhäusern mit ihrem umfangreichen Modeangebot mehr Gefallen als Männer. (dpa)
Der kanadische Kaufhof-Eigentümer Hudson's Bay Company (HBC) und der österreichische Karstadt-Eigner René Benko hatten am Dienstag eine Absichtserklärung unterzeichnet. Sie sieht nach Angaben aus Verhandlungskreisen vor, Kaufhof, Karstadt und Karstadt Sport in ein Joint Venture einzubringen.
Das Gemeinschaftsunternehmen solle auch die Warenhäuser von HBC in Belgien und den Niederlanden umfassen, Ziel sei eine "Europäische Warenhaus AG", berichtete die Süddeutsche Zeitung am Donnerstag. Die Marke Galeria Kaufhof solle vorerst erhalten bleiben. Bis Ende Juli könnte die Übernahme abgeschlossen sein, spätestens aber in den kommenden vier bis sechs Wochen.
Die operative Führung würde bei Karstadt liegen
Laut einem Bericht der Wirtschaftswoche trägt die Absichtserklärung den Titel "Vereinbarung zu einer Fusion unter Gleichen im europäischen Warenhaus-Geschäft". Es sei aber völlig klar, dass bei einem Zusammenschluss die operative Führung des Unternehmens bei Karstadt liegen werde, hieß es aus Verhandlungskreisen. "Wir sind aber noch ein gutes Stück von einer Einigung entfernt, das kann alles wieder platzen", hieß es in den Kreisen weiter.
Karstadt-Eigentümer Benko liebäugelt seit Jahren damit, den großen Konkurrenten in sein Warenhausimperium zu integrieren. Doch seine Anläufe zur Übernahme von Kaufhof waren in den vergangenen Jahren immer wieder gescheitert.
Teure Rabattschlachten würden entfallen
Bei einem Zusammenschluss erwarten die Beteiligten, die Kosten in Verwaltung und Einkauf drücken zu können. Zudem entfielen teure Rabattschlachten zwischen Kaufhof und Karstadt.
Die Frage, ob auch die Mitarbeiter um einen Beitrag bei einer Fusion gebeten würden, ist nach Aussagen aus Verhandlungskreisen noch nicht Teil der Gespräche gewesen. Aktuell werden die Kaufhof-Angestellten nach dem Flächentarifvertrag entlohnt, für Karstadt gilt ein Haustarifvertrag mit schlechteren Konditionen. Derzeit spricht die Gewerkschaft Verdi mit Kaufhof über einen Sanierungstarifvertrag.
Entscheidung über den Standort einer gemeinsamen Konzernzentrale ist noch offen
Die Gewerkschaft fordert nun schnell Klarheit von den Eigentümern beider Kaufhausketten. "Es macht wenig Sinn zu spekulieren, was das alles für Auswirkungen haben könnte", sagte Landesfachbereichsleiter Bernhard Franke von Verdi Baden-Württemberg. "Sobald die Eignerseite ihre Angelegenheit geklärt hat, werden wir in Gespräche eintreten, um Regelungen zu finden, die die Interessen der Beschäftigten von beiden Unternehmen wahren", unterstrich Franke, der Verdi-Verhandlungsführer für einen Sanierungstarifvertrag bei Kaufhof ist.
Eine Entscheidung über den Standort einer möglichen gemeinsamen Konzernzentrale ist nach dpa-Informationen noch nicht gefallen. Kaufhof hat seinen Sitz in Köln, Karstadt steuert sein Geschäft aus der Zentrale in Essen. (dpa)