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Unternehmer der Region: Wanzl aus Leipheim - ein Unternehmen rollt von Erfolg zu Erfolg

Unternehmer der Region

Wanzl aus Leipheim - ein Unternehmen rollt von Erfolg zu Erfolg

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    Gottfried Wanzl (links) und Klaus Meier-Kortwig lenken den Einkaufswagen-Spezialisten Wanzl.
    Gottfried Wanzl (links) und Klaus Meier-Kortwig lenken den Einkaufswagen-Spezialisten Wanzl. Foto: Bernhard Weizenegger

    Unternehmerischer Erfolg ist kein gleichmäßig fließender Fluss, in dem das Wasser ungestört vor sich hin plätschert. Unternehmerischer Erfolg ist eine Geschichte von Ideen, Mut, Träumen, Triumphen, aber auch Störungen und Rückschlägen. Am Ende erobern Firmen den Thron eines Weltmarktführers und reifen zu Arbeitsplatzgaranten heran, die in der Lage sind, Rückschläge wegzustecken, um danach mit umso mehr Elan durchzustarten.

    Die Geschichte der Firma Wanzl aus Leipheim im Landkreis Günzburg zeigt das auf eindrucksvolle Weise. Dass heute in 13 Werken in neun Ländern knapp 5000 Frauen und Männer, darunter 2360 in Schwaben, arbeiten, ist einem immerwährenden Ringen, Tüfteln und Investieren zu verdanken. Und dass

    Rudolf Wanzl Senior und Junior kamen aus dem Sudetenland

    Stark wachsende Firmen – und Wanzl gehört seit jeher in die Kategorie – müssen häufig Widerstände überwinden. In der Firmengeschichte des 1947 nach der Vertreibung aus dem Sudetenland von Rudolf Wanzl Senior und Junior gegründeten Betriebs findet sich eine Episode, die auch für heutige Startup-Unternehmer lehrreich sein mag. Die Wanzl-Chronik verweist darauf mit einem ungewöhnlichen Bild für eine Metallwarenfabrik: Es zeigt einen Teller mit Stampfkartoffeln. Die dazugehörige Episode spielt im Jahr 1972. Wanzl-Einkaufswagen waren so begehrt, dass die Firma ein neues Werk in Leipheim bauen musste. Dafür erhielt das Unternehmen einen Kredit der nicht näher genannten Hausbank aus Augsburg. Doch „aus heiterem Himmel“ sei plötzlich die Rückzahlung der Gelder verlangt worden. Rudolf Wanzl Junior, der geniale Tüftler, sah sich plötzlich von den Bankern unter Druck gesetzt, die neue Fabrik zu verkaufen, um innerhalb von sechs Wochen den Kredit tilgen zu können.

    Der Firmeninhaber kämpfte weiter und wandte sich in seiner Not an die örtliche Sparkasse Günzburg. Nun nahm die Geschichte eine bodenständig-kulinarische Wendung, ja einen sehr schwäbisch-geerdeten Ausgang. Denn noch ehe der so dringend benötigte Kredit bewilligt wurde, tauchte der Bankdirektor der Sparkasse zur Mittagszeit bei den Wanzls auf und wurde zum Essen eingeladen. Die Familie servierte ihm Brotsuppe und schließlich Stampfkartoffeln mit Zwiebeln, Grieben und Knoblauch.

    Wie Stampfkartoffeln über die Zukunft des Unternehmens entschieden

    Dass nun der Kredit der Sparkasse noch am Tag des einfachen Mahls bewilligt wurde, sollte der Bankdirektor später folgendermaßen erklären: „Wenn eine Familie so zusammenhält und so bescheiden zu Mittag isst, kann überhaupt nichts schiefgehen.“ Aus den zwei Werken von damals sind inzwischen fünf allein in der Region geworden: drei in Leipheim, eines in Kirchheim im Unterallgäu und ein weiteres in Kaufbeuren. Hinzu kommen Standorte in den USA, China, Tschechien, Lettland, Frankreich, Großbritannien, Schweden und Dänemark.

    Rudolf Wanzl, der einst auch mit Stampfkartoffeln verhinderte, dass die weitere Expansion des Unternehmens von Bankern eingestampft wurde, starb 2011 mit 86 Jahren. Er konnte noch miterleben, wie sein heute 64-jähriger Sohn Gottfried die Firma mit immer neuen Stützpunkten in ein Welt-Unternehmen verwandelt hat, dessen Einkaufswagen etwa in Supermärkten in Australien und dessen Trolleys an Flughäfen wie Hongkong zu finden sind.

    Mit Rudolf Wanzl einst durch die Werke in Leipheim zu gehen, war ein besonderes Erlebnis. Ohne Sakko und Krawatte zeigte er dem Gast die für ihn heiligen Hallen und erklärte mit unternehmerischem Feuer in den Augen, wie ein Einkaufswagen aus Draht am besten geschweißt wird und warum es derart wichtig ist, die Oberflächen speziell zu beschichten.

    Dass Wanzl bis heute erfolgreich ist, verdankt das Unternehmen besonderen technischen Fertigkeiten. Rudolf Wanzl konnte lange darüber sprechen. Wer heute das „Creative Center“, in dem alle Wanzl-Produkte in Leipheim auf drei Etagen präsentiert werden, besucht, wird schon mal gefragt, ob er seinen Autoschlüssel rausholen und damit kräftig über die Drahtstreben eines Wanzl-Gestells für Supermärkte fahren will. Doch nach dem Versuch einer Sachbeschädigung bleibt kein Kratzer zurück. Das dahinter steckende Geheimnis verrät die Firma natürlich nicht.

    Wanzl baut auch Zugangskontrollen.
    Wanzl baut auch Zugangskontrollen. Foto: Bernhard Weizenegger

    Doch ein Erfolgsrezept scheint klar zu sein: Die Familie kümmert sich stets intensiv um das Unternehmen. Gottfried Wanzl hat sich zwar aus dem Vorsitz der Geschäftsführung zurückgezogen und dem externen Manager Klaus Meier-Kortwig das Amt anvertraut. Doch er ist ein äußerst aktiver Chef des Aufsichtsrats, der die Strategie der Firma mitgestaltet. Wanzl setzt auf immer neue Anwendungen. Das Unternehmen hat längst viel mehr als Einkaufswagen und Flughafen-Trolleys zu bieten. Die Leipheimer rüsten ganze Supermärkte aus. Und in Hotels sowie auf Kreuzfahrtschiffen rollt das Personal neue Bettwäsche und Handtücher auf Wagen des schwäbischen Unternehmens durch die Gänge.

    Logistiker wie Amazon bauen auf Transportsysteme von Wanzl

    Auch Logistiker wie Amazon, DHL oder Zalando schätzen Transportsysteme von Wanzl. Das Unternehmen bietet dabei immer mehr digitale Produkte an, wie sie bei Zugangskontrollen für Flughäfen oder Büros zum Einsatz kommen.

    Natürlich wird auch der Einkaufswagen schlau. Dank einer speziellen Technologie kann in einem Supermarkt verfolgt werden, wo sich welcher der Transportgefährte aufhält. Der Ladenbetreiber bekommt dann auf seinem Computer die Nachricht, dass etwa zu wenige Wagen auf die Kunden warten. Oder er wird gewarnt, ein Einkäufer sei plötzlich mit Hochgeschwindigkeit unterwegs. Das kann ein Indiz dafür sein, dass ein Dieb am Werke ist. Auch Regale werden intelligenter: Sie melden, wenn nur noch ein Parfüm oder ein Brot da ist. Die neuen Technologien kommen gut im Handel an.

    Läuft also alles rund im Wanzl-Reich? Wie immer nicht alles – und Gottfried Wanzl und Meier-Kortwig sprechen offen darüber. Das geänderte Einkaufsverhalten der Kunden durch E-Commerce oder der Wegfall des klassischen Wocheneinkaufes haben Auswirkungen auf den Lebensmitteleinzelhandel und damit auch auf das Kerngeschäft von Wanzl. Gottfried Wanzl und Meier-Kortwig stehen auf dem Standpunkt, die deutschen Standorte könnten immer neue Lohnsteigerungen in der Metall- und Elektroindustrie auf Dauer nicht mehr wirtschaftlich verkraften. „Wir brauchen mehr Luft zum Atmen. Wenn es gut läuft, bekommen Mitarbeiter ein höheres Lohnplus, wenn es schlechter läuft, ein geringeres“, stellen sich die Manager vor. Dadurch fühlte sich die Gewerkschaft IG Metall natürlich herausgefordert. Es kam zu Protesten von Teilen der Belegschaft. Doch die Wanzl-Verantwortlichen sagen: „Wir sind optimistisch, eine Lösung mit der

    Wieder einmal gilt es in der Wanzl-Geschichte, eine Klippe zu überwinden. Am Ende geht es in einem Unternehmen natürlich immer ums Geld. Die Firma ist bekannt dafür, Gewinne verlässlich zu reinvestieren. Rudolf Wanzl selbst hat einst noch im hohen Alter regelmäßig im Betrieb vorbeigeschaut. Dabei hatte er die Gewohnheit, um 18.30 Uhr den Finanzchef zu besuchen: „Läuft alles? Gibt’s was Neues?“ fragte er ihn dann ein ums andere Mal. Am Ende wollte Rudolf Wanzl stets wissen: „Hommer noh a Geld?“ Nach einem Nicken des Finanz-Mannes ging der Senior-Chef nach Hause. Denn seine Frau hatte gekocht.

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