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Interview: Wall Street-Expertin: "Blackrock ist keine böse Macht"

Interview

Wall Street-Expertin: "Blackrock ist keine böse Macht"

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    Der Schriftzug des Vermögensverwalters Blackrock über dem Eingang des Unternehmenssitzes in New York. Die schiere Finanzmacht des Konzerns weckt insbesondere in Europa Misstrauen.
    Der Schriftzug des Vermögensverwalters Blackrock über dem Eingang des Unternehmenssitzes in New York. Die schiere Finanzmacht des Konzerns weckt insbesondere in Europa Misstrauen. Foto: Justin Lane, dpa

    Frau Buchter, Sie kennen sich an der Wall Street bestens aus. Wie beurteilen Sie diese Finanzmacht? Viele sehen das ja als Zentrum des Bösen.

    Heike Buchter: Ich halte nichts von Verschwörungstheorien. Ich bin studierte Betriebswirtin und versuche, die Dinge ohne Vorurteile anzuschauen. Ich habe nichts gegen die Jungs an der Wall Street. Ich finde die nicht gierig, furchtbar oder gar moralisch verwerflich. Wenn man diesen Menschen offen begegnet, erzählen sie einem auch etwas. Gespräche mit diesen oft schrägen, ja seltsamen Individualisten sind nie langweilig. Das heißt nicht, dass ich alles gut finde, was an der Wall Street läuft. Aber faszinierend ist es. Und enorm wichtig für den Rest der Welt.

    Das gilt besonders für Blackrock. Der Finanz-Riese will am liebsten im Stillen agieren. Doch seit Friedrich Merz, der noch in Diensten von

    Buchter: Der New Yorker Konzern verwaltet direkt über sechs Billionen Dollar für Kunden – und wäre damit die drittgrößte Wirtschaftsmacht nach den USA und China. Blackrock verdient das meiste Geld mit Indexfonds, die also einen bestimmten Börsenindex wie den Dax nachbilden. Deshalb hält das Unternehmen auch Beteiligungen an vielen Werten des Deutschen Aktienindex. Unter anderem auch am Vonovia-Konzern, der mit rund 400.000 Wohnungen der größte deutsche Vermieter ist. Das Herz von Blackrock ist eine Computer-Plattform namens Aladdin, eine Art Kernspintomograph für Anlageportfolios, auf dem Gelder und Beteiligungen im Auftrag von hunderten Großinvestoren aus aller Welt durchleuchtet werden. Über Aladdin laufen nicht nur die Gelder, die Blackrock direkt verwaltet, sondern auch Portfolios von anderen Kunden. Insgesamt sind es 18 Billionen Dollar – was etwa der Wirtschaftsleistung der Vereinigten Staaten entspricht. So etwas hat es in der Geschichte nie zuvor gegeben.

    Warum ist Aladdin so ein heißes Ding?

    Buchter: Es ist quasi das Geheimrezept, das Blackrock von der Konkurrenz unterscheidet. Dank Aladdin kann Blackrock ungeheure Datenmengen analysieren und Risiken kalkulieren. Aladdin durchwühlt minütlich, ja sekündlich riesige Datenmengen, Informationen über Aktien, Anleihen, Devisen und Rohstoffe, Zinsen und vielem mehr. Am Ende geht es darum, dass Anleger so ihre Finanz-Portfolios schützen können. Aladdin ist so überzeugend, dass sogar die Vermögensverwaltungs-Sparte der Deutschen Bank das System nutzt – also ein Wettbewerber von Blackrock.

    Hat Aladdin Blackrock so groß gemacht?

    Buchter: Nicht zuletzt wegen Aladdins Fähigkeiten wuchs das Unternehmen nach der Finanzmarktkrise innerhalb von einem Jahrzehnt von der kleinen, spezialisierten Klitsche in einem Hinterzimmer der Wall Street zum heutigen Koloss. Die Jungs um Blackrock-Gründer Larry Fink wurden zu den gefragten Helfern nicht nur für Banken und Großinvestoren, sondern auch von Regierungen und Zentralbanken. Nach der Katastrophe mit den Hypotheken war rechtzeitige Risikoerkennung plötzlich extrem gefragt.

    Fällt der dunkle Schatten von Blackrock auch auf Friedrich Merz und seine politischen Ambitionen?

    Buchter: Merz behauptet zwar, er habe über Blackrock anfänglich nicht allzu viel gewusst. Doch das ist unglaubwürdig, zumal er ja vor seinem Start bei Blackrock unter anderem im Aufsichtsrat der Bank HSBC Trinkhaus und der Deutschen Börse saß. Hier muss er eigentlich mitbekommen haben, was hinter Blackrock steht. Schließlich ist Blackrock einer der größten Aktionäre der Welt. Natürlich kann es für ihn überraschend sein, wie kontrovers Blackrock inzwischen in der Öffentlichkeit nach den Durchsuchungen in Deutschland diskutiert wird. Doch ehe ich wie Merz bei einem Unternehmen anheuere, würde ich mich zuvor erkundigen, was die Firma macht.

    Kann ein Blackrock-Mann CDU-Chef und sogar Bundeskanzler werden?

    Buchter (lacht): Letzteres müssen die Wähler entscheiden. Letztlich geht es ja um die berühmte Drehtür, bei der man als Wirtschaftsvertreter rein und als Politiker raus geht und umgekehrt. In den USA dreht sich diese Tür heftig. Das erlaubt

    Ist das die Blackrock-Masche?

    Buchter: Blackrock macht das weltweit so. In Mexiko hat der Vermögensverwalter zum Beispiel massiv in den Bereich Energie und Infrastruktur investiert. Dort hat Blackrock einen Unterstaatssekretär aus dem Finanzministerium engagiert und der ehemalige Blackrock

    Wie gefährlich ist Blackrock?

    Buchter: Blackrock ist mit seinen weltweiten Beteiligungen an Aktiengesellschaften rein auf den Shareholder Value, also die Steigerung des Wertes des Unternehmens im Sinne der Aktionäre ausgerichtet. Inzwischen wird immer deutlicher, dass die Shareholder-Value-Maximierung als alleroberstes Unternehmensziel, dem sich alles unterzuordnen hat, problematisch ist. Ich glaube, dass eine Börsen-Gesellschaft auch die Interessen der Mitarbeiter, der Kunden und der Kommunen, in denen sie angesiedelt ist, wieder stärker berücksichtigen muss. Kapitalismus ist mehr als Shareholder Value. Dennoch ist Blackrock keine böse Macht, die wie in einem James-Bond-Film die Welt erobern will, sondern ein Laden, der möglichst viel Rendite erzielen will. Blackrock ist selbst börsennotiert. Dem Unternehmen sitzen also auch die Aktionäre im Nacken und üben Druck aus.

    Wer steckt hinter dem Blackrock-Erfolg?

    Buchter: Der extrem ehrgeizige ehemalige Investmentbanker Larry Fink. Er ist der Chef von Blackrock und laut Bloomberg seit diesem Jahr Mitglied im Verein der Milliardäre. Fink sieht sich wie eine Art Staatsmann. Er betont immer wieder, welche Regierungschefs er trifft. Es gab Signale, dass er Finanzminister unter Hillary Clinton werden wollte. Fink ist nach der Finanzmarktkrise zugutegekommen, dass der Ruf seines Unternehmens, anders als der etwa von Goldman Sachs, nicht beschädigt war. So begann sein kometenartiger Aufstieg.

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