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Volkswagen: Job-Kahlschlag bei Volkswagen? Diess schockiert Mitarbeiter

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Job-Kahlschlag bei Volkswagen? Diess schockiert Mitarbeiter

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    Stehen bei der Marke Volkswagen bis zu 30.000 Arbeitsplätze auf der Kippe?
    Stehen bei der Marke Volkswagen bis zu 30.000 Arbeitsplätze auf der Kippe? Foto: Julian Stratenschulte, dpa

    Herbert Diess ist nicht nur Maschinenbau-Ingenieur und Auto-Manager. Der 62-Jährige hat sich über seine Zeit als führender BMW- und seit 2015 Volkswagen-Mann sozusagen im Selbststudium zum Chef-Provokateur fortgebildet. Der gebürtige Münchner verfährt nach der Devise „A bissel was geht immer“. Anders als der von Helmut Fischer verkörperte ewige Stenz Monaco Franze wendet der Bayer im Wolfsburger VW-Exil das Motto nicht auf amourösem Gebiet an, sondern rackert sich ab, die bei Volkswagen überaus mächtige Arbeitnehmerschaft mit dem leistungsfähigen Schutzpatron IG Metall im Rücken und entsprechenden Privilegien immer wieder a bissel zu tratzen. So heißt es in München, wenn einer den anderen ein wenig spaßig ärgert, getreu dem uralten Hundehalter-Motto: „Der will nur spielen und beißt ned.“

    Nun ist aber die Akzeptanz Münchner Humors mit all seinen launigen Tratzereien im niedersächsischen Wolfsburg, also der VW-Hauptstadt, von jeher unterdurchschnittlich ausgeprägt. Dort prallte Diess mit seinen Attacken auf die Komfortzone der Belegschaft bis vor nicht allzu langer Zeit auf einen Mann mit breiten Schultern, kahlem Kopf und eher staubtrockenem, so gar nicht süddeutsch spielerischem Humor: Der einstige Betriebsratsvorsitzende Bernd Osterloh, 65, ein gebürtiger Braunschweiger, foulte den Bayern nicht nur a bissel, sondern langte verlässlich kräftig hin, wenn sein Gegenspieler sich anschickte, die Macht der Arbeitnehmerseite brechen zu wollen, was er routiniert tat.

    VW-Chef legt sich mit VW-Aufsichtsrat an

    Da konnte es schon mal sein, dass Osterloh, der in den Vorstand der Volkswagen-Lkw-Tochter Traton nach München weggelobt wurde, Diess auch wegen seiner Vorliebe für karierte Sakkos als „Onkel Herbert“ schmähte. Wenn Osterloh nicht ins gut bezahlte Management übergelaufen wäre, was Diess sicher als Befreiung empfindet, würde die Hütte in Wolfsburg lichterloh brennen, schließlich hat der VW-Boss nicht nur, wie immer mal wieder, Kanonenschläge in den Arbeitnehmerstrafraum gelupft, sondern, wie es in Wolfsburg heißt, eine Bombe gezündet – und das bei einer Aufsichtsratssitzung. Dort treffen sich regelmäßig die Volkswagen-Mächtigen, neben den Familien Porsche und Piëch sind Gewerkschaftsleute wie IG-Metall-Chef Jörg Hofmann oder die Osterloh-Nachfolgerin Daniela Cavallo, aber auch der Sozialdemokrat und niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil in dem Kreis vertreten. Das Land ist VW-Großaktionär.

    VW-Chef Herbert Diess  schockiert die Belegschaft mit einem Jobs-Horrorszenario.
    VW-Chef Herbert Diess schockiert die Belegschaft mit einem Jobs-Horrorszenario. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Wer nun als Gast einem solchen Gremium, das meist auf Ausgleich der unterschiedlichen Interessen bedacht ist, Bericht erstattet, scheint gut beraten zu sein, seine Worte – um es mit Monaco Franze zu sagen – a bissel zu wägen. Daran soll sich Diess, wie es aus Aufsichtsratskreisen heißt, allerdings nicht gehalten haben. Diplomatie scheint dem Münchner so fremd zu sein, wie dem Elektroauto-Durchpeitscher inzwischen Verbrennungsmotoren sind. Der Manager soll, wie jetzt erst rauskam, den Kontrolleurinnen und Kontrolleuren bei der Sitzung im September die Befürchtungen geschildert haben, die Kernmarke VW mit ihrer bisherigen Trutzburg Wolfsburg könne im Kampf mit Herausforderern wie Tesla geschliffen werden. Seine Urangst speist sich demnach aus seiner Zeit als BMW-Manager in Großbritannien, als das Werk in Birmingham, auch weil Gewerkschafter Reformen verhindert hätten, von der automobilen Landkarte verschwunden sei.

    Radikaler Umbau bei VW könnte jede vierte Stelle kosten

    Diess, wird sein Auftritt nacherzählt, wolle ein derartiges Schicksal Volkswagen ersparen. Stimmen die von Insidern durchgestochenen Berichte, hat der Volkswagen-Herrscher mit seiner Brandrede für einen Eklat gesorgt, als er davon sprach, es seien verschiedene Szenarien durchgerechnet worden. Dabei könnte der Umbau jede vierte Stelle bei der Kernmarke VW infrage stellen. So sei ein Abbau von bis zu 30.000 Arbeitsplätzen möglich. Audi wäre davon nicht betroffen. Nachdem die Diess-Bombe hochging, verwundert es nicht, dass sich die illustre Kontrollfraktion überrumpelt fühlte. So könne der Mann, wird über Bande gespielt, nicht mit dem einflussreichsten Aufsichtsrat der Republik umspringen.

    Fühlt sich Diess zu sicher, weil sein Vertrag nach einem ebenfalls von manchem als frech empfundenen Vorstoß bis Oktober 2025 verlängert wurde? Auffällig ist, dass am Mittwoch, als die Explosion ruchbar wurde, Volkswagen dementieren musste, dass 30.000 Arbeitsplätze abgebaut werden sollen. Fast schien es, als wollten alle das Feuer austreten, in der Hoffnung, Diess werde zumindest ein bissel einsichtig und lege nicht noch mal nach. Immerhin äußert sich ein Sprecher des VW-Betriebsrates gegenüber unserer Redaktion, um die Forderungen des Volkswagen-Zampanos ins Reich ferner, finsterer Utopien zu verweisen: „Ein Abbau von 30.000 Arbeitsplätzen ist absurd und entbehrt jeder Grundlage.“ Aus Aufsichtsratskreisen wird denn auf Nachfrage versucht, die Mega-Provokation des Managers eine Provokations-Etage tiefer zu hängen.

    Nimmt der VW-Chef an der Volkswagen-Legende Piëch Maß?

    Der beschwichtigende Erklärungsversuch geht so: Diess habe offensichtlich über ein langfristiges Extremszenario spekuliert und dabei Bezug auf 1994 und die Einführung der Vier-Tage-Woche unter dem damaligen VW-Retter Ferdinand Piëch genommen. Bekanntlich ließ sich dadurch der Abbau von etwa 30.000 Stellen abblocken. Will sich Diess zum neuen Piëch aufschwingen? Das dann wohl auch nicht, war der Konzern damals doch schwer gebeutelt, es soll seine Existenz auf dem Spiel gestanden haben. Heute geht es dem Unternehmen viel besser, auch weil der VW-Chef Erfolg hat. Der scheint aber einem Song eines weiteren Münchners, nämlich Konstantin Weckers, nachzueifern, der bekannte: „Genug ist nicht genug.“ Über die Mentalität soll schon so mancher gestürzt sein.

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