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Vermögen: Aussichtslos? Immer weniger Deutsche wollen reich werden

Vermögen

Aussichtslos? Immer weniger Deutsche wollen reich werden

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    Die meisten Deutschen schätzen ihre persönlichen Chancen, zu einem hohen Vermögen zu kommen, schlecht ein.
    Die meisten Deutschen schätzen ihre persönlichen Chancen, zu einem hohen Vermögen zu kommen, schlecht ein. Foto: H_Ko, stock.adobe.com

    Wer träumt davon, so viel Geld zu haben wie Bill Gates oder Dagobert Duck? Gar nicht einmal so viele Menschen wie man denken würde. Denn wie aus einer repräsentativen Studie hervorgeht, die das Meinungsforschungsinstituts GfK zum vierten Mal im Auftrag des Oberhachinger Private-Equity-Spezialisten RWB Group durchgeführt hat, wollen immer weniger Deutsche reich werden. Das klingt zunächst einmal überraschend, ein genauer Blick auf die Zahlen verrät jedoch: Die Finanzwelt verändert sich – und die Menschen hierzulande kennen sich mit Vermögensaufbau bei weitem nicht so gut aus wie noch vor ein paar Jahren. In erster Linie haben die Deutschen also wohl einfach das Reichwerden verlernt.

    Während bei der ersten Erhebung vor drei Jahren noch 70 Prozent der Befragten Reichtum als erstrebenswert erachteten, ging die Zahl danach kontinuierlich zurück und hat nun einen Tiefstand erreicht: Nur noch 53 Prozent der rund 1000 im April befragten Personen fanden es „sehr oder eher erstrebenswert“, reich zu sein. Laut der Studie beginnt Reichtum für knapp 38 Prozent – und damit dem Großteil der Deutschen – ab einem Vermögen von einer Million Euro (inklusive Immobilienbesitz). Für 20 Prozent liegt die Schwelle hingegen bereits bei 250.000 Euro.

    Vermögensaufbau: "Resignation breitet sich aus"

    Wie Norman Lemke, Vorstand und Mitgründer der RWB Group gegenüber unserer Redaktion erklärt, ist wohl auch das Gefühl einer gewissen Aussichtslosigkeit dafür verantwortlich, dass immer weniger Menschen nach Reichtum streben. „Der Großteil der klassischen Sparer hat in den vergangenen Jahren erlebt, wie die Zinserträge gegen Null gingen. Die erhoffte Zinswende ist ausgeblieben“, erklärt Lemke. Gleichzeitig seien Immobilien, die im Zusammenhang mit Vermögensaufbau häufig im Fokus stehen, insbesondere in den Ballungsräumen nur noch für wenige Menschen erschwinglich. „Damit stehen zwei tief in der Gesellschaft verankerte Herangehensweisen nicht länger zur Verfügung und Resignation breitet sich aus.“

    Die Studie, für die derselbe Fragenkanon wie in den Vorjahren verwendet wurde, zeigt auch, dass es viele Deutsche schlichtweg für wenig realistisch halten, reich zu werden. Demnach schätzen 88 Prozent der Befragten ihre persönlichen Chancen, ein Vermögen von einer Millionen Euro aufzubauen, „sehr oder eher gering“ ein. Die ganz allgemeinen Chancen, in der Bundesrepublik ein hohes Vermögen anzuhäufen, stufen hingegen nur 79 Prozent als gering ein.

    Selbstvertrauen der Deutschen bei der Geldanlage sinkt

    Man merke, dass das Selbstvertrauen bei der Geldanlage derzeit spürbar sinke, sagt der Diplom-Kaufmann Lemke. Was auch mit der Corona-Pandemie zusammenhänge: „Aktuell schlägt die Corona-Krise auf das Gemüt und sorgt für finanzielle Ungewissheit. Wer sich etwa Sorgen über die Zukunftsfähigkeit des eigenen Arbeitsplatzes macht, bei dem haben große Ambitionen bei der Geldanlage zunächst keine Priorität“, erklärt Lemke.

    Doch generell vertraue in Deutschland nur ein kleiner Anteil der Bevölkerung auf ertragreiche Anlagealternativen, die jedoch anders als der Erwerb von Wohneigentum für Jedermann verfügbar seien. „Materieller Mehrwert wird in einer Marktwirtschaft in privatwirtschaftlichen Unternehmen geschaffen. Bei der Investition in Unternehmensbeteiligungen investiert man an der Quelle dieser Wertschöpfung“, sagt Lemke. Deshalb seien sie die wichtigste Alternative für den langfristigen Vermögensaufbau. Breitstreuende Anlagelösungen versprächen Sicherheit und könnten einerseits durch Aktieninvestitionen, aber auch durch Investition in Unternehmen, die nicht an der Börse notiert sind, realisiert werden.

    Menschen können sich Finanzwissen in der sozialen Netzwerken aneignen

    In der GfK-Studie wurde zudem nach der größten Chance für den Vermögensaufbau gefragt – die Mehrzahl (23 Prozent) gab daraufhin ihr Unwissen zu. 20 Prozent nannten den Erwerb von Immobilien, 17 Prozent eine gute Qualifizierung oder Ausbildung. Die Studienautoren sehen diese Entwicklung als Warnsignal: „Einige Maßnahmen, die über Jahrzehnte funktioniert haben, führen heute nicht länger zum Erfolg bei der Geldanlage“, erklärt Lemke. Diese Erkenntnis sei über die letzten Jahre in der breiten Bevölkerung gereift. „Der nächste Schritt in diesem langen Prozess ist es, sich mit den verfügbaren guten Alternativen auseinanderzusetzen. Das geht in der Breite nicht von einem auf den anderen Tag.“

    Lemke weist daraufhin, dass es gerade in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Instagram immer mehr Kanäle gäbe, die Finanzwissen in kleinen Häppchen kurzweilig und einfach erklärt aufbereiten. Nur wenige Menschen hätten hingegen Lust, sich in ihrer Freizeit mit Finanzliteratur auseinanderzusetzen – auch deswegen fordert Lemke, das Thema Finanzbildung bereits stärker in der Schule zu integrieren: „Die Forderung ist nicht neu, Finanzthemen als integralen Teil im Lehrplan zu verankern. Unsere Ergebnisse zeigen erneut, wie notwendig das ist.“

    Wird sich der Trend aus der Studie in den nächsten Jahren fortsetzen und Reichtum für die Menschen in Deutschland weiter an Bedeutung verlieren? „Die Gesellschaft entwickelt in vielen Bereichen neue Wertideen, die auf mehr Nachhaltigkeit in Ökonomie und Konsum zielen“, sagt Lemke. Als Mittel, Werte in ökologischen oder sozialen Bereichen auch umsetzen zu können, werde die finanzielle Potenz eines Individuums oder einer Gesellschaft aber immer entscheidend bleiben.

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