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Verkehrswende: E-Autos: Mehr Ladesäulen gegen Reichweitenangst

Verkehrswende

E-Autos: Mehr Ladesäulen gegen Reichweitenangst

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    Eignen sich E-Autos auch für Mehrfamilienhausbewohner?
    Eignen sich E-Autos auch für Mehrfamilienhausbewohner? Foto: Hendrik Schmidt/dap

    Um das neue Elektroauto ID3 als Hoffnungsträger des Volkswagen-Konzerns zu bewerben, bemüht sich Vorstandschef Herbert Diess nun persönlich in der Rolle des hippen Internet-Influencers. Auf dem Karrierenetzwerk LinkedIn berichtet der Konzernchef, wie er mit dem Batterieauto von München in den Urlaub an den Gardasee stromerte – und zeigte sich erwartungsgemäß begeistert. Natürlich spielt auch die sogenannte Reichweitenangst eine große Rolle: „Die großen Sorgen vieler: Wo kann ich laden? Wie lange dauert das? Was kostet das?“, schreibt Diess. „Der Realitätscheck: Das Laden geht sehr gut und schnell.“

    Tatsächlich konnte sich Diess entspannt auf die Werbereise begeben: Zwischen München und Sirmione gibt es inzwischen entlang der Route hunderte von Lademöglichkeiten und direkt an der Autobahn stehen spätestens alle 50 Kilometer Schnellladesäulen, die mit mehr als hundert Kilowattstunden Leistung Energie in die Akkus im Fahrzeugboden pumpen. In einer halben Stunde saugt der ID3 Strom für knapp 300 Kilometer Reichweite bei realistischer Fahrweise.

    Auf Raststätten-Hinterhöfen versteckt

    Allerdings lernte Diess ein Problem vieler E-Auto-Fahrer kennen, von dem selbst Tesla nicht verschont ist: Die Navis lotsen ihre Piloten selten direkt an die oft auf Raststätten-Hinterhöfen versteckten Ladesäulen, „da gibt es aktuell bei einigen noch ca. 200 Meter Diskrepanz“, schreibt Diess seinen Ingenieuren als Aufgabe ins digitale Fahrtenbuch. Aber nach suchendem Herumkurven wurde auch der Manager immer fündig.

    Die Strecke an den Gardasee ist keine Ausnahme. Inzwischen gibt es für die knapp 150.000 in Deutschland zugelassenen reinen Batterieautos bereits ein dichtes Ladenetz an den Autobahnen. Rechnet man die sogenannten Plug-in-Hybride hinzu, die sowohl über eine an der Säule aufladbare Batterie als auch über einen Verbrennungsmotor verfügen, kommt man derzeit auf gut eine viertel Million E-Autos in Deutschland. Doch nach dem Willen der Bundesregierung sollen künftig deutlich mehr Bürger rein elektrisch auf den Straßen unterwegs sein.

    40 Prozent Anteil bei Neuwagen bis 2030 geplant

    Um die Klimaziele für den Verkehr bis 2030 zu erreichen, müssten sich bis dahin zumindest 30 bis 40 Prozent der Neuwagenkäufer für ein reines Elektroauto entscheiden. Der Anteil der Batterieautos am gesamten Fahrzeugbestand soll in diesem Szenario von derzeit 0,3 auf sieben Prozent steigen, der der Plug-in-Hybride auf zwei Prozent. Bislang ist der Ausstoß der klimaschädlichen Treibhausgase im Verkehr kaum gesunken und bewegt sich immer noch auf dem Niveau von 1990. Mehr und stärkere Autos und Lkw auf den Straßen machten den Einspareffekt moderner Motoren wieder zunichte.

    So gelten E-Autos inzwischen als der entscheidende Hebel, um den Treibhausgas-Ausstoß auch im Verkehr zu senken, der gut ein Fünftel der Gesamtbelastung ausmacht. So hat die Bundesregierung die Kaufprämie für reine Elektroautos im Konjunkturprogramm in der Corona-Krise auf bis zu 9000 Euro erhöht, wobei 3000 Euro vom Hersteller kommen. Mit Erfolg: Obwohl im Juli der Kfz-Markt um fünf Prozent einbrach, stiegen die Neuzulassungen reiner E-Autos um über 180 Prozent auf knapp 17.000 Fahrzeuge. Diesel und Benziner verzeichneten dagegen ein Minus von rund 20 Prozent.

    40 Prozent der Autofahrer wohnen im Mehrfamilienhaus

    Doch schon jetzt werden bei der nötigen Ladenetz-Infrastruktur ganz andere Probleme in der Praxis sichtbar als ungenaue Standortangaben auf dem Navi-Bildschirm. Etwa 40 Prozent der deutschen Autobesitzer wohnen in Mehrfamilienhäusern. Die Koalition will im Herbst die Einrichtung von Lademöglichkeiten in Wohnanlagen deutlich erleichtern. Zum Beispiel soll in Zukunft bei Eigentümerversammlungen keine einstimmige Zustimmung für die Installation mehr nötig sein, Mieter sollen ein Recht auf eine Lade-Möglichkeit bekommen – wenn auch auf eigene Kosten.

    Dennoch wird die Einrichtung öffentlicher Ladepunkte an Bedeutung gewinnen. Schon jetzt gibt es in Deutschland gegen Gebühr über 18.000 öffentlich zugängliche Ladesäulen mit über 52.000 Anschlüssen – sogenannten Ladepunkten. Bis zum Jahr 2030 sollen es eine Million werden. Dank hoher Bundeszuschüsse von bis zu 60 Prozent der Investitionskosten geht der Ausbau bislang mit hohem Tempo voran, allein in den vergangenen drei Jahren hat sich die Zahl der Ladesäulen verdreifacht.

    Undurchsichtiger Tarifdschungel für E-Autofahrer

    Doch zugleich werden die Probleme für E-Auto-Fahrer deutlich: Um die öffentlichen Elektro-Ladesäulen ist ein undurchsichtiger Tarifdschungel entstanden, der Handy-Tarifen gleicht: Laut einer Studie des Wirtschaftsberatungsunternehmens Prognos zahlt beispielsweise der Fahrer eines Hyundai Kona bei einem Vertrag mit EnBW bei 15.000 Kilometer Fahrleistung im Jahr 300 Euro für Strom, bei Eon dagegen knapp 500 Euro. Bei Vielfahrern können Vertragsunterschiede je nach Anbieter sogar bis zu 900 Euro im Jahr bei der gleichen Strommenge ausmachen.

    Eine Lösung könnte sein, dass die Ladesäulenbetreiber künftig ihre Preise wie Sprit-Tankstellen der Markttransparenzstelle der Bundesnetzagentur melden müssen. Dann könnte es auch für E-Autostrom aktuelle Preisvergleich-Apps geben.

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