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Verkehr: Ein Kennzeichen für wenige Minuten

Verkehr

Ein Kennzeichen für wenige Minuten

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    Auch für Tageszulassungen müssen Nummernschilder angefertigt werden. Die werden wenige Minuten später meist schon wieder abgegeben.
    Auch für Tageszulassungen müssen Nummernschilder angefertigt werden. Die werden wenige Minuten später meist schon wieder abgegeben. Foto: dpa

    Es ist ein einfacher Trick. Autos, die eigentlich neu sind, werden mithilfe von taktischen Zulassungen in wenigen Stunden zu preiswerten Gebrauchtwagen. Experten gehen davon aus, dass rund ein Drittel der jährlich über drei Millionen Neuwagen in Deutschland auf diese Weise auf den Markt kommen. Doch was passiert mit den Kennzeichen der Fahrzeuge? Eine Zulassung kann nur mit Nummernschild erfolgen. Da viele

    Teilweise sind die Autos nur für wenige Minuten angemeldet

    Die Zulassung eines Autos erfolgt in ganz Deutschland nach dem gleichen Muster: Das Kennzeichen wird zugeteilt, abgestempelt mit TÜV-Plakette und Landkreis-Siegel und danach eine Zulassungsbescheinigung ausgefertigt. Mitunter melden Händler den Wagen nur wenige Minuten später wieder ab. Sie geben die Kennzeichen dem Mitarbeiter der Zulassungsstelle zurück, der Plakette und Siegel maschinell entfernt. „Danach geben wir das entwertete Kennzeichen zum Recyceln“, sagt Christof Weh, der Leiter des Zulassungswesens im Landratsamt Landsberg. Auch in den Landkreisen Augsburg, Fürstenfeldbruck und Ostallgäu wird zum Beispiel so verfahren.

    Ein Autohändler aus dem Kreis Landsberg hat sich bereits vor fünf Jahren an das Bayerische Wirtschaftsministerium mit der Frage gewandt, warum bei Tageszulassungen Nummernschilder angefertigt werden müssen. Die Antwort aus München damals: Die Tages- beziehungsweise Scheinzulassung sei rechtlich nicht zulässig, weil bei ihr der Wille fehlt, das Fahrzeug tatsächlich in den Verkehr zu bringen. Es werde zwar das Instrument einer „Registrierzulassung“ für Händler ohne Schilder und Stempel geprüft, dies sei aber nicht unbedingt zielführend, weil die Autoindustrie nicht zugeben werde, dass sie mit solchen Zulassungen falsche Tatsachen schafft.

    Am Ende steht ein Rabatt für die Kunden

    Jetzt, fünf Jahre später, zieht das Wirtschafts- und Verkehrsministerium in einer Stellungnahme an den Autohändler folgendes Fazit: „Die eigentlichen Beweggründe für die Beantragung von Tageszulassungen liegen außerhalb des eigentlichen Zulassungsverfahrens.“ Um eine unnötige Herstellung von Kennzeichen zu vermeiden, seien die kausalen Gründe für die Tageszulassungen zu analysieren und Lösungsansätze zu entwickeln, dass es gar keiner „registerverfälschenden Tageszulassung“ mehr bedarf.

    Als taktische Zulassungen bezeichnen Automobilexperten wie Professor Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg Fahrzeuge, die zunächst auf Händler oder Hersteller angemeldet und dann mit Nachlässen als Gebrauchtwagen verkauft werden. In der Statistik des Kraftfahrt-Bundesamtes tauchen für das vergangene Jahr zwar nur 108 000 Tageszulassungen auf, Branchenkenner Dudenhöffer hat dafür aber eine einfache Erklärung: Die Händler verlängern die Anmeldedauer künstlich. Am Schicksal der Kennzeichen ändere dies wenig.

    ADAC sieht keinen Grund zu Handeln

    Zuletzt hat der Bundesrat auf Empfehlung des Verkehrsausschusses und des Ausschusses für Innere Angelegenheiten in der Zulassungsverordnung die „Abstempelung der Kennzeichenschilder“ explizit hinzugefügt, weil der Eindruck entstehen könne, dass Nummernschilder auch ohne Stempel zugelassen werden können.

    Für den Autohändler aus dem Landkreis Landsberg ein Anlass, sich an die Mitglieder des Landtags und Umweltminister Peter Altmaier zu wenden. Bislang war die Resonanz auf sein Schreiben gering. Auch der ADAC Südbayern sieht keinen Grund zu Handeln. Tageszulassungen seien rückläufig. „Die Kennzeichen werden ja recycelt“, sagt Sprecher Axel Arnold.

    Und die Autoindustrie? Nach Meinung von Ferdinand Dudenhöffer entstehen der Branche in Deutschland mit taktischen Zulassungen Margenverluste von über zwei Millionen Euro im Jahr. Dennoch, der Autoverkäufer bessere seine Verkaufszahlen auf, der Kunde erhalte einen attraktiven Rabatt. Die Kosten für die Kennzeichen spielten dabei kaum eine Rolle.

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