Der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch gehen die Pläne der EU-Kommission zur Reform des Lebensmittelrechts nicht weit genug. "Egal ob Fipronil in Eiern, verseuchte Lactalis-Babymilch oder Pferdefleisch in der Rindfleisch-Lasagne: Die immer wiederkehrenden Skandale zeigen, woran das EU-Lebensmittelrecht krankt", erklärte Foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode am Dienstag in Brüssel. "Die Europäische Union tut nichts, um die Situation zu verbessern, sondern schützt weiterhin die Interessen der Industrie."
"Millionenfach wurden unsichere Lebensmittel an ahnungslose Verbraucherinnen und Verbraucher verkauft, die Rückverfolgbarkeit der betroffenen Produkte funktionierte nicht, die Behörden tappten lange im Dunkeln", kritisierte Bode. "Und selbst als diese Bescheid wussten, wurden die Bürgerinnen und Bürger nicht immer sofort über die Namen der betroffenen Produkte und Hersteller informiert". Das müsse sich ändern.
Foodwatch kritisiert Durchsetzung von Rückverfolgbarkeit
Foodwatch kritisiert insbesondere, dass die im EU-Recht vorgeschriebene lückenlose Rückverfolgbarkeit in der Lebensmittelkette niemals durchgesetzt wurde. So hätten die Behörden bei den großen Lebensmittelskandalen der letzten Jahre die genauen Warenströme nicht nachverfolgen können, um die betroffenen Produkte vom Markt zu nehmen. Außerdem hätten sie die Verbraucher nicht ausreichend gewarnt.
Im EU-Lebensmittelrecht müsse daher klar geregelt werden, dass die Behörden bei Verstößen schnell und umfassend die Öffentlichkeit informieren müssen - und zwar unter Nennung der Namen der Hersteller und Produkte sowohl in Fällen, in denen Gesundheitsgefahr besteht als auch bei Betrug. Außerdem forderte Foodwatch für Verbraucherverbände die rechtliche Möglichkeit, Behörden zu verklagen, wenn diese ihre Verpflichtungen im Rahmen des EU-Rechts missachteten.
Lebensmittel: Neuer Reformvorschlag von EU-Kommission
Das allgemeine europäische Lebensmittelrecht, die sogenannte EU-Basisverordnung, wurde 2001 als Antwort auf die BSE-Krise ("Rinderwahnsinn") und den Dioxinskandal beschlossen. Die EU-Kommission hat im April 2018 einen Reformvorschlag vorgelegt, der vor allem die Risikobewertung verbessern soll. So sollen etwa Studien zur Sicherheit von Unkrautvernichtungsmitteln wie Glyphosat zukünftig besser öffentlich zugänglich sein. (afp)
Große Lebensmittel-Rückrufe in den vergangenen Jahren
Mai 2009: In dem Erfrischungsgetränk Red-Bull-Cola ist Kokain nachgewiesen worden. Es gab eine hessenweite Rückrufaktion für das betreffende Produkt.
Februar 2010: Nach mehreren Todesfällen wegen verseuchtem österreichischem Käse hat die Handelskette Lidl erneut vor einem bestimmten Harzer Käse gewarnt. Im Käse sind Listerien entdeckt worden. An diesen Bakterien im Käse waren 2009 zwei Deutsche und vier Österreicher gestorben, weitere zwölf Menschen erkrankten.
November 2011: Netto hat in seinem Räucherlachs Listerien gefunden. Die Bakterien können zu ernsthaften Erkrankungen führen - der Lebensmitteldiscounter startete eine umfangreiche Rückrufaktion.
August 2012: Die Curry-Gewürzzubereitung von der Hartkorn Gewürzmühle GmbH kann Salmonellen enthalten.
September 2012: Die Firma Lackmann Fleisch- und Feinkost GmbH in Bühl ruft die Produkte Putenfleisch im eigenen Saft und Pferdefleisch im eigenen Saft zurück. In einzelnen Proben wurde festgestellt, dass die Lebensmittel nicht erhitzt wurden.
August 2013: Im Selleriesalat von Ewald-Konserven wurden Glasscherben nachgewiesen.
Februar 2014: Milupa ruft Aptamil, die Spezialnahrung für Frühgeborene, zurück. Darin wurde ein überhöhter Jodgehalt festgestellt.
Dezember 2014: Maggi ruft seine Gemüsebrühe zurück. Grund dafür sind Glassplitter in der Brühe.
Januar 2015: Zimbo ruft unter anderem Schinkenwurst, Bierwurst und Jagdwurst zurück. In den Produkten können sich kleine Aluminiumteile befinden. Sie könnten Listerien enthalten, diese sind in seltenen Fällen sogar tödlich.
Januar 2015: Rückruf von Chio Dip! Hot Cheese und Chio Dip! Mild Salsa. In einigen Gläsern waren Glassplitter gefunden worden.
Februar 2016: Mars ruft nach dem Fund eines Kunststoffteils in einem Snickers mehrere Millionen Schokoriegel in 55 Ländern zurück. Ein deutscher Kunde hatte ein Plastikteil entdeckt; es stammte nach Angaben von Mars von einer Schutzabdeckung im Herstellungsprozess.
August 2017: Aus den Niederlanden gelangen Millionen Eier nach Deutschland, die mit dem Insektenschutzmittel Fipronil verseucht sind. Viele Geschäfte und Ketten in fast allen Bundesländer sind betroffen, die die Eier aus den Regalen nehmen müssen.