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Verbraucher: Wieviel Deutschland muss in "Made in Germany" stecken?

Verbraucher

Wieviel Deutschland muss in "Made in Germany" stecken?

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    Ist das Gütesiegel "Made in Germany" in Gefahr?
    Ist das Gütesiegel "Made in Germany" in Gefahr? Foto: Jens Büttner (dpa)

    Im Gerichtssaal ging es um sechs Messer. Erstochen worden war damit niemand - die Instrumente standen aus anderem Grund im Mittelpunkt: Waren sie "Made in Germany", wie es auf der Packung hieß, oder kamen sie vielmehr aus China? Denn in der Volksrepublik, so das Oberlandesgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom April 2011, war "das später zum Messer werdende Werkstück erhitzt, geschmiedet, der Klingenbereich umgeschnitten, gehärtet und geschliffen" worden. Die Messer waren Teil eines Bestecks, das ansonsten tatsächlich voll aus Deutschland  kam.

    Politiker fürchten Neuregelung der Ursprungskennzeichnung

    Es ist ein typischer Fall für die Problematik von "Made in Germany". Das Siegel hat eine hundertjährige Geschichte und ist ein beliebter Werbeslogan. Denn: "Mit der Kennzeichnung wird 'die Vorstellung eines Sinnbildes und Ausweises für Qualität, Zuverlässigkeit und innovative, hochwertige deutsche Produkte' verbunden", wie Ilse Aigner (CSU) und Philipp Rösler (FDP) als Ministerin und Minister für Verbraucher und Wirtschaft noch vor einigen Wochen in einem Brief an die EU-Kommission schrieben.


    Die Kommission so fürchten in Deutschlands Politiker wie Wirtschaftsvertreter, bringe "Made in Germany" in Gefahr. Und tatsächlich hat die Behörde vorgeschlagen, neue europaweite Regeln für die Ursprungskennzeichung zu schaffen.

    Werden Kunden mit dem Label "Made in Germany" irregeführt?

    Denn Qualität ist die eine Sache, der Herkunftsort aber eine andere. Wieviel Deutschland muss in einer Ware stecken, damit sie mit "Made in Germany" werben darf? Bislang ist das aus EU-Sicht nicht eindeutig. Zwar verbieten Gesetze eine Irreführung der Kunden. Aber wo die anfängt, müssen wie im Fall des Bestecksets die Gerichte auslegen. Brüssel wittert vor diesem Hintergrund den Betrug. Unseriöse Händler könnten das berühmte Label zu nutzen versucht sein, "wann immer es die geringste Verbindung mit Deutschland gibt", schreibt die Behörde in einer aktuellen Einschätzung.

    EU will Herkunftsangabe nach Zollvorschriften ermitteln

    Der Kommissionsplan sieht daher vor, die Herkunftsangabe nach den Zollvorschriften zu ermitteln. Auch dann müsste die Ware nicht zu hundert Prozent in Deutschland gefertigt sein. Doch im Zollrecht gibt es immerhin schon abertausende detaillierte Bestimmungen, die genau festlegen, wann welcher Herkunftsort gilt - denn davon hängt der Zoll ab.

    Doch für den Zoll seien ganz andere Kriterien maßgeblich, die mit den Kundenerwartungen wenig zu tun hätten, meint der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Der Kunde sehe in "Made in  Germany" eben vor allem "eine Art Gütesiegel". Zudem würde die Wirtschaft durch die komplizierten Zollregeln belastet, macht der

    Europarechtler: Neuregelung könnte "heilloses Durcheinander" verursachen

    Auch der Europarechtler Hilko Meyer fürchtet ein "heilloses Durcheinander" und gibt ein Beispiel. Nach Zollrecht dürften Schuhe dann ein "Made in Germany" tragen, wenn die einzelnen Teile hierzulande zusammengenäht wurden. Allerdings gilt das nicht für "Zusammensetzungen aus Schuhoberteilen, die mit einer Brandsohle oder anderen Bodenteilen verbunden sind", führt der Professor der Fachhochschule Frankfurt aus. Statt solch komplizierter Regeln plädiert er für eine Generalklausel: Sie soll auf den Ort des letzten wesentlichen Produktionsschritts abstellen - und den Verbraucher nicht irreführen.

    Das Besteckset mit den Messern durfte sein "Made in Germany" übrigens nicht behalten. Das Düsseldorfer Gericht urteilte, auch die von dem Unternehmen beanspruchte "hohe Qualität und hygienische Unbedenklichkeit" könnten nicht begründen, warum ein im wesentlichen in China hergestelltes Produkt als "Made in Germany" verkauft werden sollte. afp

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