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Hannover Messe: Verblasst die Marke "Made in Germany"?

Hannover Messe

Verblasst die Marke "Made in Germany"?

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    „Made in Germany“ steht für Qualität und Erfindergeist – aber wie lange noch?
    „Made in Germany“ steht für Qualität und Erfindergeist – aber wie lange noch? Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa (Symbol)

    Ist ein Elektrogerät VDE-geprüft und bekommt das bekannte Zeichen, wissen Verbraucher, dass sie auf der sicheren Seite sind. Das VDE-Zertifizierungsinstitut wurde 1920 gegründet und sitzt in Offenbach. Hinter der angesehenen Einrichtung steckt der Technologieverband VDE, einer der größten seiner Art in Europa. Der Chef dieser Vereinigung, Ansgar Hinz, hat Deutschland, was die wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit des Landes betrifft, einer genaueren Prüfung unterzogen. Seine am Montag auf der Hannover Messe präsentierten Ergebnisse lassen Zweifel aufkommen, ob

    Ist Deutschland bei neuen Technologien nur Mittelmaß?

    So sagt Hinz: „Uns geht es offensichtlich zu gut, um wahrzunehmen, dass der Abgesang auf den Industriestandort Deutschland bereits begonnen hat.“ Abgesang? Zwar hat Gesamtmetallpräsident Rainer Dulger im Interview mit unserer Redaktion davon gesprochen, Deutschland sei rezessionsgefährdet. Aber technologisch scheint die exportstarke Nation weiter zumindest aus Sicht der Politik und vieler Firmen gut aufgestellt zu sein.

    VDE-Mann Hinz kommt in seinem Deutschland-Check zu einem anderen Ergebnis: „Gerade, wenn wir über entscheidende Zukunftstechnologien, Methoden und Querschnittskompetenzen reden, sind wir im Weltvergleich maximal Mittelmaß.“ Dann folgt ein Befund, der Bundeskanzlerin Angela Merkel, die sich auf der größten Industrieschau der Welt von einem schwedischen Roboter Pfefferminzbonbons geben lässt, aufhorchen lassen sollte. Denn der studierte Elektrotechniker Hinz ist überzeugt: „Die Marke ,Made in Germany‘ verblasst.“ Der VDE-Chef macht dies nicht an dem Umstand fest, dass die Kanzlerin die Bonbons von einem skandinavischen und nicht von einem deutschen Roboter aus dem kriselnden Augsburger Hause Kuka bekommen hat. Die Schwaben bleiben dieses Jahr der Messe fern.

    Was Hinz so düstere Diagnosen fällen lässt, sind keine Einzelfälle, sondern seine allgemeine Erkenntnis, dass Deutschland, was die in der Industrie immer mehr einziehende künstliche Intelligenz betrifft, gegenüber anderen Ländern zurückliege: „Der Abstand zur Weltspitze scheint uneinholbar.“

    Wenn es darum geht, dass Maschinen selbst lernen, wird die Weltrangliste nach den Informationen des VDE von den USA und China angeführt, die sich einen heißen Zweikampf liefern. Den beiden Ländern dicht auf den Fersen ist demnach Japan. Selbst Israel und Südkorea liegen vor Deutschland.

    USA sind beim Thema Künstliche Intelligenz führend

    So kommen rund 60 Prozent aller weltweiten Patentanmeldungen im Bereich der künstlichen Intelligenz aus den USA, allen voran von den Technologie-Schwergewichten Microsoft, der Google-Mutter Alphabet, Intel, Apple oder Amazon. Von den deutschen Unternehmen kann nach den Kenntnissen des VDE nur Siemens einigermaßen mithalten.

    Der Einsatz von künstlicher Intelligenz ist deshalb so wichtig, weil Computer und Maschinen, die in der Lage sind zu lernen und autonom Entscheidungen zu treffen, Unternehmen viel Geld und damit auch Personal sparen. Die nächste Stufe der Automatisierung wird also entscheidend von solch superschlauer Technik getrieben. Dabei dürfte Merkel in Hannover nicht entgangen sein, dass ihr Wirtschaftsminister Peter Altmaier in Industriekreisen sich in kurzer Zeit einen maximal schlechten Ruf erarbeitet hat. Das hat unter anderem mit seiner Strategie in Sachen künstlicher Intelligenz zu tun.

    Präsident des BDI: Große Koalition gibt unser Geld falsch aus

    „Die Große Koalition gibt unser Geld falsch aus“, rügt denn auch Dieter Kempf, Präsident des Bundesverbands der deutschen Industrie, in Hannover. Damit meint er auch, dass Altmaier bisher zu wenig staatliche Mittel zur Förderung der künstlichen Intelligenz durchsetzen konnte: „Die Bundesregierung will zusätzlich nur eine Milliarde bis 2023 investieren.“ Das bezeichnete der Industrie-Lobbyist als falsches Signal, sei doch ursprünglich mal von drei Milliarden die Rede gewesen. Dennoch ist Kempf überzeugt, dass „Made in Germany“ – und hier widerspricht er dem VDE-Chef – weiter glänze, wie auch deutsche Technik auf der Hannover Messe zeige. Der BDI-Boss räumt aber ein, dass die Konjunktur hierzulande deutlich schwächelt, was er vor allem auf internationale Ursachen zurückführt. Falls es zu einem ungeordneten Brexit kommt, werde das Deutschland noch in diesem Jahr kräftig Wachstum kosten. Dann müsse der Bundesverband der deutschen Industrie seine Prognose für das Bruttoinlandsprodukt von derzeit 1,2 auf nur noch ein Plus von 0,7 Prozent zurücknehmen. Von einer Rezessionsgefahr will der erklärte Optimist Kempf im Gegensatz zu Gesamtmetallpräsident Dulger aber noch nicht sprechen.

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