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Urabstimmung: Deutsche Bahn bereitet sich auf Streik der Lokführer vor

Urabstimmung

Deutsche Bahn bereitet sich auf Streik der Lokführer vor

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    Der Bahn droht ein Streik, am 9. August wird die Urabstimmung ausgezählt.
    Der Bahn droht ein Streik, am 9. August wird die Urabstimmung ausgezählt. Foto: Alexander Kaya

    Die Bahn stellt sich auf einen harten Tarifkonflikt mit der Lokführergewerkschaft GDL ein. "Es ist von einer weiteren Eskalation im

    Damit rechnet inzwischen auch die Bahn. Die GDL treffe mit ihrem Vorgehen "massiv Kunden und unsere Mitarbeitenden", sagte Bahn-Vorstand Seiler. "Dies ist eine Attacke auf das ganze Land, gerade wo wir wieder mobil werden und umweltfreundlich Güter transportieren wollen", fügte er mit Blick auf die Corona-Epidemie und den Klimaschutz an. Komme es zum Streik, will die Bahn den Betrieb so weit es geht fortfahren. "Wir bereiten uns darauf vor, die Einschränkungen für die Fahrgäste so gering wie möglich zu halten", sagte Seiler.

    Urabstimmung: Am 9. August soll Ergebnis feststehen

    Zwischen der Bahn und der GDL müssen derzeit neue Tarifverträge verhandelt werden. Die Gewerkschaft hatte laufende Tarifverträge zum Dezember 2020 und zum Februar 2021 gekündigt. Seit dem Frühjahr hatten Verhandlungsrunden stattgefunden. Nach dem Scheitern der vierten Verhandlungsrunde im Juni hat die GDL dann Arbeitskämpfe angekündigt, derzeit stellt sie dafür mit der Urabstimmung die Weichen.

    Bahn-Vorstand Seiler zeigte sich dabei bereit, auf die GDL zuzugehen, und forderte die Gewerkschaft mit ihrem Chef Claus Weselsky auf, die Gespräche wieder aufzunehmen. "Wir sind bereit zu Lösungen", sagt Seiler, der für Personal und Recht zuständig ist. "Wir appellieren an die GDL, an den Verhandlungstisch zurückzukehren und Streiks zu vermeiden", betonte er.

    Claus Weselsky, Vorsitzender der Lokführergewerkschaft GDL, ist mit dem Angebot der Bahn nicht zufrieden.
    Claus Weselsky, Vorsitzender der Lokführergewerkschaft GDL, ist mit dem Angebot der Bahn nicht zufrieden. Foto: Annette Riedl, dpa

    Die Bahn befinde sich derzeit allerdings in einer Sondersituation, gab Seiler zu bedenken. In den heißen Phasen der Corona-Epidemie bleiben viele Züge fast leer. Jetzt kommen auch die Schäden durch die Flutkatastrophe in Westdeutschland dazu. Die Bahn müsse damit rechnen, wieder einen operativen Verlust von zwei Milliarden Euro in diesem Jahr verkraften zu müssen, warnte Seiler. "Gerade jetzt, wo wir den Betrieb nach der Corona-Pandemie wieder hochfahren, soll es Streiks geben. Das braucht zu diesem Zeitpunkt keiner!", sagte er.

    GDL-Chef Weselsky warf Bahn Falschbehauptungen vor

    Die Gewerkschaft GDL wiederum wirft der Bahn vor, ihrerseits kein Interesse an ernsthaften Gesprächen zu haben. „Es handelt sich weder um ein ernsthaftes noch um ein erweitertes Angebot, sondern um eine vor Falschbehauptungen nur so strotzende Scheinofferte mit dem Ziel, die GDL in der Öffentlichkeit als irrational darzustellen“, hatte GDL-Chef Claus Weselsky nach dem Scheitern der vierten Verhandlungsrunde im Juli gesagt.

    Die GDL hatte ursprünglich eine Entgelterhöhung um 4,8 Prozent zum 1. März 2021 sowie eine Corona-Prämie von 1300 Euro gefordert. Nach Angaben von Bahn-Vorstand Seiler biete das Unternehmen derzeit eine Tariferhöhung von 3,2 Prozent an, die in zwei Schritten erfolgen soll: Einmal ein Plus von 1,5 Prozent zum 1. Januar 2022, dann eine zweite Erhöhung um 1,7 Prozent ab 1. März 2023. "Wir sind bei den Prozenten inzwischen nicht weit auseinander, allerdings bei der Laufzeit und bei den Schüttungen", sagte er. Die Elemente für eine Lösung lägen aber auf dem Tisch.

    Streit um Tarifeinheitsgesetz

    Bahn und GDL ringen aber noch um mehr. Es geht auch um den Einfluss und die Macht in der Zukunft. Denn bei der Bahn ist noch eine zweite Gewerkschaft aktiv, die EVG. Sie organisiert zahlenmäßig mehr Personal. Nach dem neuen Tarifeinheitsgesetz zählt künftig der Tarifvertrag der Gewerkschaft, die in einem Betrieb die meisten Mitglieder hat. Nach Angaben von Bahn-Vorstand Seiler gibt es in den 300 Unternehmen der Bahn 71 Betriebe, in denen Mitglieder sowohl von EVG als auch GDL organisiert sind. In 55 habe die EVG die Mehrheit, in 16 die GDL.

    "Die GDL ist unser Tarifpartner und soll es bleiben", sagte Bahn-Vorstand Seiler. Die Bahn habe beide Gewerkschaften aufgefordert, über eine geordnete Co-Existenz zu sprechen. Der Vorschlag laute unter anderen, dass in den betroffenen Betrieben für Beschäftigte die Verträge ihrer eigenen Gewerkschaft gelten; wer keiner Gewerkschaft angehöre, könne wählen.

    Die GDL dagegen beklagte bisher, dass es Ziel der Bahn sei, "die GDL zu eliminieren", davon sei "der Arbeitgeber in Wahrheit keinen Millimeter abgerückt". Weselsky warf der Bahn eine Strategie von "Tarnen, Tricksen, Täuschen" vor.

    Tarifstreit: Der Ton ist rau

    Der Ton ist also mehr als rau, derzeit erreicht der Konflikt einen Höhepunkt rund um die Flutkatastrophe. Der Bahn zufolge hätten über 50 Mitarbeiter bei den Überschwemmungen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen "alles verloren". Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten deshalb viel Geld als Hilfe gespendet, auch in Form von freien Tagen; der Konzern wolle den Betrag verdoppeln.

    Die GDL sieht die Aktion kritisch: Die Gewerkschaftsmitglieder würden gerne freiwillig helfen, die Bahn benutze die Opfer der Flutkatastrophe aber dazu, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter "zum Stundenabbau zu bewegen", schreibt die GDL. "Das ist moralische Erpressung auf dem Rücken tausender Leidtragender."

    Der Konflikt zwischen Bahn und GDL, hat sich hochgeschaukelt. Ob ein schneller Ausweg in Sicht ist, erscheint derzeit mehr als ungewiss.

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