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Unternehmensserie: Besuch bei Schwarzbräu: Der Brauer, der sein Malz selbst herstellt

Unternehmensserie

Besuch bei Schwarzbräu: Der Brauer, der sein Malz selbst herstellt

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    Leopold Schwarz stellt das Malz für das Schwarzbräu-Bier selbst her. Dazu keimen bei niedriger Temperatur Getreidekörner.
    Leopold Schwarz stellt das Malz für das Schwarzbräu-Bier selbst her. Dazu keimen bei niedriger Temperatur Getreidekörner. Foto: Marcus Merk

    Klack, klack, klack. Die Maschine, die Leopold Schwarz in seiner Brauerei am meisten fasziniert, passt auf den ersten Blick so ganz und gar nicht zur Philosophie seines Unternehmens. Klack, klack, klack. 30.000 Flaschen beklebt die Etikettiermaschine pro Stunde. In stakkatoartigem Tempo bringen Laufbänder unablässig braune Bierflaschen. Die Geschwindigkeit in der Abfüllung ist hoch. Und das in einer Brauerei, die sich vor allem eines auf die Fahnen geschrieben hat: ihrem Produkt Zeit zu lassen. Woher aber kommt nur die Faszination des Firmeninhabers für eine Etikettiermaschine?

    „Wenn wir ein neues Bier auf den Markt bringen oder ein neues Etikett einführen, lasse ich es mir nicht nehmen, den Entwurf mit Leim von Hand selbst auf die Flasche zu kleben“, berichtet Leopold Schwarz. „Dafür braucht man ganz schön lange, wenn man es sauber machen will. Und so eine Maschine schafft 30.000 Flaschen pro Stunde!“, freut er sich. Ein Chef, der sich Zeit nimmt, um von Hand Etiketten aufzukleben, das passt schon besser zur Philosophie hier bei Schwarzbräu in Zusmarshausen.

    Leopold Schwarz, 52, ist ein hochgewachsener Mann. Er trägt eine Trachtenjacke und führt das Unternehmen in der fünften Generation. „Ich bin hier, auf dem Brauereigelände, groß geworden, es war praktisch mein Spielplatz“, sagt er. Die Brauerei liegt im Zentrum des 6400-Einwohner-Ortes, die Kirche ist ganz nah. Um die Brauerei rankt sich eine besondere Geschichte. Sie reicht zurück in den Dreißigjährigen Krieg.

    Als die Schweden in Zusmarshausen alle Fässer leer tranken

    Im Jahr 1648 tobte bei Zusmarshausen die letzte Feldschlacht des Dreißigjährigen Krieges. Nach den Kämpfen sollen die schwedischen Soldaten alle Fässer in der Gaststätte der Brauerei „Zum Grünen Baum“ leer getrunken haben. Es ist die erste Erwähnung der Brauerei. Das „Schweden-Pils“ von Schwarzbräu erinnert heute mit seinem Namen an dieses Ereignis. Auf dem Etikett vieler Flaschen zu sehen ist ein Fahnenschwinger aus der damaligen Zeit.

    Im Jahr 1871 übernimmt die Familie Schwarz die Brauerei. Seither ist sie in Besitz der Familie. Und diese bemüht sich vielleicht etwas mehr anderswo, eigene Kraft in das Bierbrauen zu stecken. Ein Beispiel dafür: die eigene Mälzerei. Die meisten Brauereien beziehen ihr Malz als Rohstoff für das Brauen von großen Mälzereien. Anderes in Zusmarshausen. Schwarzbräu stellt das Malz selbst her.

    Blick in das Sudhaus mit handgehämmerten Sudpfannen aus Edelstahl.
    Blick in das Sudhaus mit handgehämmerten Sudpfannen aus Edelstahl. Foto: Marcus Merk

    Es ist kühl und feucht in dem Raum, in dem die Gerste keimt, an der Decke hängen Wassertropfen. Kleine, weiße Wurzeln schieben sich aus den Körnern hervor. Ganze 15 Tonnen Getreide liegen hier, fast einen Meter hoch, wie auf einem riesigen, zimmergroßen, geriffelten Bett. Fünf Tage gibt man ihnen, zu keimen. „In vielen Industriemälzereien sind nur drei bis vier Tage üblich“, sagt Schwarz. Danach werden sie mit warmer Luft langsam getrocknet – aus der Gerste wird Malz, der Grundstoff für das Bier. Nur drei Brauereien südlich der Donau machen seines Wissens ihr Malz noch selbst, sagt Leopold Schwarz. Er mag trotzdem nicht auf die Mälzerei verzichten, die in den 60er Jahren von seinem Großvater eingerichtet worden ist.

    Zehn Grad hat die Luft, die zum Keimen von unten in das feuchte Getreide geblasen wird. Oben hat sie dann 12 Grad. „Es ist ein Beweis, dass Pflanzen Wärme abgeben, das finde ich faszinierend“, sagt Schwarz.

    Das eigene Malz ist ein Markenzeichen von Schwarzbräu

    Für Biersommelier und Marketing-Fachmann Peter Spanrunft, 32, ist etwas ganz anderes entscheidend: Für ihn ist das eigene Malz das Markenzeichen von Schwarzbräu: „Der Geschmack wird damit einzigartig“, sagt er. „Unser Malz ist für Schwarzbräu wie die Gitarre von Angus Young für AC/DC: Die hört man immer heraus“, meint der Rock-Fan.

    Bei Schwarzbräu ist man stolz darauf, von der Malz-Herstellung über das Brauen bis hin zur Auslieferung viel selbst zu machen. Rund 85 Mitarbeiter beschäftigt Schwarzbräu, viele bleiben über Jahrzehnte. „Es kann sein, dass ein Bierfahrer nach 45 Jahren verabschiedet wird“, freut sich Leopold Schwarz. Gerne führt er Besucher über das Brauereigelände. Brauen ist ein komplexer Prozess, so kommt man von den einen Räumen in die nächsten – bis man irgendwann den Lieblingsort des Brauers erreicht.

    Es wird warm, noch bevor man die Tür öffnet. Dazu ein süßer Geruch und das fruchtige Aroma von Hopfen. Das Sudhaus ist das Herz einer Brauerei. Das künftige Bier wird hier in riesigen Sudpfannen gekocht, in mehreren Schritten, bis knapp hundert Grad erreicht sind. Durch ein kleines Glasfenster sieht man eine schäumende Flüssigkeit brodeln – die sogenannte Bierwürze. In den Sudpfannen kommt der Hopfen hinzu, das Bier erhält seinen Charakter. An der Wand hängt ein Kreuz, dazu große Bilder von Hopfendolden und Getreidefelder, alles ist penibel sauber. Das Sieden steuert längst ein Computer, die Sudpfannen aber stammen noch aus dem Jahr 1972. Sie sind aus Edelstahl und trotzdem handgehämmert, was normalerweise nur für Kupfer üblich ist. Nochmals eine Rarität also.

    23 Biersorten bietet Schwarzbräu derzeit an, dazu 14 alkoholfreie Getränke. Und immer wieder stolpert man über kleine Besonderheiten. Das Wasser stammt aus eiszeitlichen Schichten und sei frei von menschlichen Einflüssen und Chemikalien, sagt Spanrunft. Das Bier wird nicht nur einmal, sondern doppelt vergoren. Am Ende lagert es im kalten Keller. Ein starkes Doppelbock-Bier bis zu 80 Tage.

    Leopold Schwarz: „In Relation zu den Münchner Brauereien ein kleiner Betrieb“

    Längere Keimung, eiszeitliches Wasser, doppelte Gärung, lange Lagerung. Es ist kein Zufall, dass man sich bei Schwarzbräu Zeit nimmt: „Wir sind in Relation zu den Münchner Brauereien ein kleiner Betrieb“, sagt Schwarz. Die Münchner Marken stoßen in zehn Tagen aus, was Schwarzbräu in einem Jahr braut. „Davon abheben kann man sich nur durch Qualität“, ist er überzeugt. Davon zeugen über 600 Auszeichnungen, welche die Brauerei im Laufe der Zeit erhielt und die ihr den Titel der meistprämierten Brauerei Deutschlands eintrug. Der Preis eines Kastens aus Zusmarshausen liegt über dem Durchschnitt. Da muss die Qualität schon eine besondere sein.

    Geholfen hat kleinen Brauereien der Craft-Beer-Trend, also der Trend zu handwerklich gebrauten Bieren. Schwarzbräu brachte 2014 den Aged Bock – ein lange gereiftes Bockbier – und 2018 das fruchtige „Ex & Hop“ auf den Markt. „Bier hat mit der Craft-Beer-Bewegung neue Aufmerksamkeit gewonnen“, sagt Schwarz, „Bierbrauer ist inzwischen ein sehr begehrter Beruf.“ Doch der Craft-Beer-Trend flaut derzeit etwas ab. Und so haben sie sich in Zusmarshausen etwas Neues einfallen lassen.

    Denn es gibt einen Trend in der Bierbranche: Bundesweit gibt es eine Hinwendung zu klassischen hellen Bieren, auch dort, wo bisher eher Pils getrunken wurde. Mit viel Hopfen lassen sich manche Ausrutscher beim Bierbrauen übertünchen, munkeln Experten. Das kommt intensiven Craft-Bieren wie einem Indian Pale Ale entgegen. Ein Helles dagegen soll keinen Fehler verzeihen. Unter dem Namen „Marie Hausbrendel“ hat Schwarzbräu 2019 solch ein helles Bier neu herausgebracht. Weich sollte dieses schmecken, aromatisch und gut trinkbar sein. Aber wer ist diese Marie Hausbrendel? Nie gehört? Kein Wunder. Um den Namen zu kennen, müsste man sich schon in der Schwarzbräu-Familiengeschichte gut auskennen.

    „Marie Hausbrendel“ ist eine Hommage an die Großmutter  

    „Wir haben das Bier nach meiner Großmutter benannt“, berichtet Leopold Schwarz und hat eine besondere Geschichte parat. Eine Liebesgeschichte. Sie beginnt bei Fritz Hausbrendel, der in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in der Jakobervorstadt in Augsburg Bier braute. Die Nachricht, dass dieser Fritz Hausbrendel eine besonders schöne Tochter haben soll, drang bis nach Zusmarshausen, wo der junge Brauer Konrad Schwarz auf der Suche nach einer Frau war. Als dieser nach Augsburg kam, um die Brauerstochter einmal selbst zu treffen, von der viele erzählten, traf er erst deren Schwester vor. Bald aber war die Verwechslung geklärt, Konrad verliebte sich Hals über Kopf in Marie, beide heirateten.

    Und während Konrad in Zusmarshausen Bier braute, betrieb Großmutter Marie mit Elan das holzgetäfelte Bräustüberl, wie es noch heute an der Hauptstraße liegt. „Wir haben uns an diese Geschichte erinnert, als wir ein traditionelles Bier auf den Markt bringen wollten“, sagt Leopold Schwarz. Die Strategie, sich auf die Tradition zu besinnen, ging anscheinend auf: Am Markt habe das neue Produkt richtig eingeschlagen, sagt er.

    Und was ist das Lieblingsbier von Leopold Schwarz? „Das ist, als wenn Sie eine Mutter nach ihrem Lieblingskind fragen“, antwortet er, schmunzelt und muss lange nachdenken. Im Winter trinke er gerne ein Bockbier, im Sommer Weißbier oder ein Helles. „Es hängt vom Essen ab und vom Anlass.“

    Bier sei eben ein Genussmittel. Ein Getränk, für das man sich Zeit nehmen muss.

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