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Unsere Energiemacher: Passivhaus ermöglicht die Unabhängigkeit vom Stromnetz

Unsere Energiemacher

Passivhaus ermöglicht die Unabhängigkeit vom Stromnetz

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    Fenster öffnen ist nicht mehr, das übernimmt die Lüftungsanlage.
    Fenster öffnen ist nicht mehr, das übernimmt die Lüftungsanlage. Foto: Bernhard Weizenegger

    Jutta und Hubert Lechner kennen sie: Die skeptischen Blicke der Freunde und Bekannten, wenn sie zum ersten Mal ihr Haus betreten. Die fragenden Blicke, ob das auch Sinn machen kann: Ein Haus, das im Grunde keine Heizung mehr benötigt; das mehr Energie erzeugt, als die Bewohner verbrauchen; ein Haus, in dem man die Fenster nicht mehr öffnen muss. Mancher Besucher, erzählt Jutta Lechner, steht da und versucht, das Geräusch der Lüftungsanlage zu hören, die in den Wohn- und Schlafräumen Luft zuführt und in der Küche und im Bad absaugt. Dann erklärt die 56-Jährige: „Man hört und sieht nichts von der Anlage.“

    Das Ehepaar hat viele Bedenken gehört in den vergangenen Monaten. Geändert haben sie nichts am Plan der Lechners, ein Passivhaus zu bauen. Im Februar wurde das Gerippe aus Holzständern auf dem Bauplatz in Lauingen aufgestellt, fünf Monate später sind Jutta und Hubert Lechner eingezogen. In ihr Haus, das mehr Energie gewinnt, als es von außen bezieht.

    Modernste Technik ist im Einsatz

    Jutta und Hubert Lechner haben lange überlegt, geplant und sich beraten lassen. „Wir wollten das Bestmögliche von der Effizienz her“, sagt sie und zeigt auf die großen, dreifachverglasten Fenster an der Südseite, die Wärme sammeln, wenn es nötig ist – und dank der Jalousien Schatten spenden, wenn es zu heiß ist. Und auch die Sache mit dem warmen Wasser hat das Ehepaar mit modernster Technik gelöst. Ein System entzieht der Raumluft die Wärme und erhitzt damit das Wasser, erklärt der Hausbesitzer.

    Hubert Lechner führt in den kleinen Raum neben der Küche, dort, wo ein Gerät steht, das in etwa so groß ist wie ein Kühlschrank. „Das ist unser Batteriespeicher“, erklärt er und zeigt auf die Zahlen auf dem Bildschirm. Denn die Photovoltaikanlage auf dem Dach versorgt nicht nur die laufenden Elektrogeräte im Haus mit Strom, sondern speist den Lithium-Akku mit Energie. Noch schaffen es die Lechners nicht, völlig ohne Netzversorger auszukommen – eben, weil nicht jeden Tag genug Sonne scheint. Aber der Stromspeicher reicht aus, wenn am Abend der Fernseher oder der Computer läuft, in der Küche gekocht wird oder die Waschmaschine läuft. „Zu 75 bis 80 Prozent dürften wir autark sein“, sagt Hubert Lechner.

    Ehepaar ist nun unabhängig von Ressourcen wie Gas und Erdöl

    Und seine Frau sagt: „Das ist schon ein gutes Gefühl, zu wissen, dass wir im Fall der Fälle unabhängig sind.“ Unabhängig davon, ob der Strom ausfällt, unabhängig von endlichen Ressourcen wie Gas und Erdöl. Dem Paar fiel es daher nicht schwer, sich vom alten Haus zu trennen. Die Kinder sind aus dem Haus, die Fläche für die Eheleute viel zu groß. „Und irgendwie haben wir immer davon geträumt, unseren grünen Traum von damals zu verwirklichen“, sagt Jutta Lechner.

    Damals, 1987, als die Eheleute ihr erstes Haus bauten, war ein Passivhaus noch unerschwinglich. Zwar haben sie auch damals auf die modernsten Ziegel gesetzt. Trotzdem war es im Winter kalt und zugig. Ihr neues Haus ist dicht – so dicht, dass es die üblichen Tests bestanden hat, die bei einem Passivhaus nötig sind. Doch Jutta Lechner ärgert sich, dass viele Leute annehmen, das wäre eine schlechte Eigenschaft. „Ein Haus atmet nicht“, schimpft die 56-Jährige. „Das ist ein Mythos.“

    Heute schwärmen die Eheleute vom angenehmen Raumklima in ihrem Neubau, davon, dass in jedem Raum die gleiche Temperatur herrscht. „Mir war noch nie so warm wie hier“, sagt Jutta Lechner. Sie und ihr Mann wollen an diesem Wochenende viele Bauherren davon überzeugen, wie gut es sich in einem Passivhaus leben lässt (siehe Infokasten). Und doch ist das Ehepaar realistisch. „Ich glaube nicht, dass der Trend zum Passivhaus geht“, sagt Lechner. Weil zu wenige bereit sind, etwas Neues zu wagen. Weil zu wenige nachhaltig denken.

    Keine Nachteile bei Passivhäuser

    Robert Wittmann sieht es ähnlich. Nur fünf Prozent der Häuser, die hierzulande gebaut werden, sind Passivhäuser, sagt der Geschäftsführer der Augsburger Holzhaus GmbH, der auch das Haus der Lechners gebaut hat. Und er betont: „Es wird viel getan, um Passivhäuser schlechtzureden.“ Für ihn ist es die Lobby der Ziegelhersteller und der Dämmplattenhersteller, die dafür verantwortlich ist. Dabei fällt ihm beim besten Willen kein Nachteil des Passivhauses ein. Im Gegenteil: Dass an Weihnachten die Heizung ausfällt, ist unwahrscheinlich. „Ich habe ja keine Technik mehr, die kaputtgehen kann.“

    In einer sechsteiligen Serie stellen wir Energiemacher in unserer Region vor. In der nächsten Folge geht es um einen Mann, der als einer der Ersten in Solarenergie investiert hat.

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