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Trotz Sanktionen: Firmen haben bessere Aussichten für Geschäfte mit Russland

Trotz Sanktionen

Firmen haben bessere Aussichten für Geschäfte mit Russland

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    Präsident Wladimir Putin bei der Eröffnung des Mercedes-Werkes nahe Moskau im April.
    Präsident Wladimir Putin bei der Eröffnung des Mercedes-Werkes nahe Moskau im April. Foto: Pavel Golovkin, dpa

    Am Freitag hält der Zar Hof: In Sotschi wird Wladimir Putin die Chefs von 20 deutschen Großunternehmen empfangen. „Da ist alles versammelt, was Rang und Namen hat“, sagt der Chef von Ostausschuss und Osteuropaverein, Michael Harms, nicht ohne Stolz. Siemens ist mit seinem Chef Joe Kaeser natürlich auch dabei am Schwarzen Meer. Putin und Deutschland haben – trotz Sanktionen und tief greifender politischer Differenzen über die Ukraine und Syrien – noch immer ein enges Verhältnis. Unterhalb der Oberfläche ist die Zusammenarbeit intakt. Der russische Präsident weiß, was er an den Unternehmen aus Deutschland hat.

    Denn der russischen Wirtschaft geht es nicht gut. Für ein Schwellenland ist das Wachstum viel zu gering. Für dieses Jahr wird mit einem Plus von nur einem Prozent gerechnet, nächstes Jahr könnten es 1,7 Prozent werden. Den deutschen Firmen in Russland gelingt es aber, die Flaute zu umfahren. „Die deutschen Unternehmen wachsen schneller als der Markt“, berichtet der Chef der deutsch-russischen Auslandshandelskammer (AHK), Matthias Schepp. Im vergangenen Jahr haben sie in Russland 3,2 Milliarden Euro investiert, was dem besten Wert seit zehn Jahren entspricht. Und die Auslandshandelskammer konnte die Zahl ihrer Mitglieder zuletzt um 10 Prozent auf 900 steigern.

    Zwei von fünf deutschen Firmen erwarten bessere Geschäfte

    Wegen der Schwäche des Rubels kostet es nur noch halb so viel wie früher, eine Fabrik zu bauen oder einen Betrieb zu übernehmen. Putin weiß um die Technologie und das Wissen, das die Deutschen in sein Land mitbringen, weshalb er ihnen den Teppich ausrollt. „Das machen die Russen nur für Deutschland“, sagt Schepp. Im April dieses Jahres eröffnete zum Beispiel Mercedes-Benz nahe Moskau ein neues Werk. Daimler investiert 250 Millionen Euro.

    Der Blick nach vorne ist leicht nach oben gerichtet. Zwei von fünf deutschen Firmen erwarten für nächstes Jahr eine positive Wirtschaftsentwicklung. Das geht aus dem aktuellen Geschäftsklima von Ostausschuss und Auslandshandelskammer hervor, das bei 112 in Russland aktiven Unternehmen abgefragt wurde. Nur noch 15 Prozent rechnen mit schlechteren Geschäften, im Jahr zuvor waren es noch 23 Prozent.

    Die bestehenden Wirtschaftssanktionen der EU wegen Russlands Annexion der Halbinsel Krim und dem verdeckten Krieg in der Ost-ukraine belasten das Geschäft nicht mehr so stark wie vor drei, vier Jahren. Nur noch 39 Prozent der Unternehmen nennen sie als größten Störfaktor. Vergangenes Jahr war es über die Hälfte. Die lähmende Bürokratie und die schwache Konjunktur bereiten größere Sorgen. Gleichwohl sprechen sich fast alle Firmen in der Studie für eine Abschaffung der Strafmaßnahmen aus.

    Die Auswirkungen der Sanktionen hat auch unsere Region zu spüren bekommen. Das berichtet Axel Sir, Leiter des Bereichs Zoll und Außenwirtschaftsrecht an der Industrie- und Handelskammer Schwaben: „Die Russlandsanktionen hatten sicherlich auch auf unsere Exportfirmen, die nach Osteuropa und Russland orientiert sind, einen Effekt.“

    Schwaben: Rund 300 Firmen handeln mit Russland

    Rund 300 Unternehmen in Schwaben pflegen regelmäßige Geschäftsbeziehungen mit Russland. Unter ihnen führte die IHK 2016 eine Umfrage durch. „Das Ergebnis war, dass sich durchaus einige Firmen Sorgen machten“, sagt Sir, „aber nicht so sehr, dass sie sofort ihre Geschäfte mit Russland beenden wollten.“ Bayernweit waren die Russland-Exporte in den Jahren zwischen 2013 und 2016 stark zurückgegangen.

    Derzeit sind laut IHK-Fachmann Sir vor allem die Lebensmittelhersteller in der Region betroffen. Sie leiden unter den Gegensanktionen Russlands, also den Einfuhrverboten auf etwa Milch- und Obstprodukte. „Käse, Butter und Joghurt – das waren die ersten Sachen, deren Einfuhr Putin verboten hatte.“

    Auch die Molkerei Ehrmann in Oberschönegg im Landkreis Unterallgäu verkauft ihre Milchprodukte in Russland. Das Unternehmen hat sozusagen vorgesorgt. „Russland ist für uns der größte Auslandsmarkt“, erklärt Vorstandsmitglied Jürgen Taubert. „Wir haben bereits seit dem Jahr 2000 eine eigene Produktionsstätte aufgebaut, die für den russischen Markt produziert. Wir sind also nicht von den Sanktionen betroffen.“

    Für Deutschland steht bei dem Gipfeltreffen viel auf dem Spiel

    Ob die Strafmaßnahmen bald abgeschafft werden, darum wird es am kommenden Montag gehen, wenn die Staats- und Regierungschefs von Deutschland, Frankreich, Russland und der Ukraine in Paris zusammenkommen. Normandie-Format heißt der illustre Gesprächskreis, der endlich Bewegung in die vertrackte Situation in der Ostukraine bringen soll. Von Russland unterstützte Separatisten und die Regierungsarmee liefern sich dort ungeachtet aller Friedensbemühungen immer wieder blutige Kämpfe.

    Seit dem Amtsantritt des neuen ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gibt es aber wieder Hoffnung, das Sterben zu beenden. Die Bundesregierung versucht, beide Seiten mit besseren Perspektiven für die Wirtschaft zu locken. Russland dürfte bei einem Ende der Kämpfe mit der Aufhebung der EU-Sanktionen rechnen. Kiew würde von einem Frieden im Donbass enorm profitieren. Die Kämpfe verschlingen Geld und die Energie der Regierung. Gleichwohl wird nicht damit gerechnet, dass in der französischen Hauptstadt ein Friedensvertrag unterzeichnet wird.

    Für Deutschland steht bei dem Gipfeltreffen viel auf dem Spiel. Eine Annäherung zwischen Putin und Selenskyj könnte auch den parallel laufenden Streit um das Gas entspannen. Moskau und Kiew ringen um einen neuen Liefervertrag für russisches Gas, das durch das Nachbarland Richtung Westen transportiert werden soll.

    Eigentlich wollte Russland den Transit einstellen und künftig diese Mengen über die im Bau befindliche Röhre Nord Stream 2 direkt nach Deutschland und Europa pumpen. Um die harsche internationale Kritik an dem deutsch-russischen Projekt zu dämpfen, versprach Berlin der Ukraine, dass auch weiter nennenswerte Mengen Gas durch ihr Netz gehen werden. Die Transitgebühren sind eine wichtige Einnahmequelle des Landes. Nord Stream 2 befindet sich kurz vor der Fertigstellung. Der US-Kongress plant nun kurz vor knapp, die Röhre zu sanktionieren. „Das Ding wird fertig“, ist sich AHK-Chef Schepp trotzdem sicher. Russland werde zur Not die Verlegung der Röhren selber in die Hand nehmen, auch wenn das länger dauern könnte.

    Lesen Sie dazu auch unseren Kommentar: Die Russland-Sanktionen sind ein Trumpf für Europa

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