Lange sah es so aus, als sei der Augsburger Roboterbauer Kuka nach der spektakulären Übernahme durch den chinesischen Haushaltsgeräte-Konzern Midea wieder zur Ruhe gekommen. Spätestens seit diesem Wochenende dürfte aber zumindest ein Teil der Unruhe zurückgekehrt sein. Am Freitag kurz vor Mitternacht verschickte das Unternehmen, das seine orangefarbenen Roboter in die ganze Welt verkauft, eine Mitteilung mit brisantem Inhalt. Demnach verhandelt Vorstandschef Till Reuter mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden Andy Gu über eine vorzeitige Auflösung seines bis 2022 laufenden Vertrags.
Über die Hintergründe ist bisher noch nichts bekannt. Vieles deutet aber darauf hin, dass die chinesischen Eigner auch operativ mehr Einfluss haben wollen. Fest steht in jedem Fall: Es ist ein Schritt, der sowohl für Beobachter als auch Mitarbeiter überraschend kommt. Auf Anfrage unserer Redaktion wollte sich das Unternehmen nicht zu den möglichen Gründen äußern, auch die Gewerkschaft IG Metall hielt sich zunächst bedeckt. Kuka teilte lediglich mit, der Aufsichtsrat habe über die Entwicklung bisher weder beraten noch die Personalie beschlossen. Weitere Informationen werde man „zu gegebener Zeit“ veröffentlichen.
Till Reuter war früher Investmentbanker
Reuter ist seit 2009 Vorstandschef des 1898 in Augsburg gegründeten Unternehmens, das seine orangefarbenen Roboter in die ganze Welt verkauft. Damals hatte der Manager ein Unternehmen übernommen, das in Schieflage geraten war und finanzielle Probleme hatte. Reuter, der zuvor als Investmentbanker für Morgan Stanley, die Deutsche Bank und Lehman Brothers gearbeitet hatte, schaffte die Wende. Waren die Aktien des Roboterbauers 2009 nur etwa zehn Euro wert, liegen sie aktuell bei etwa 60 Euro. Zwischenzeitlich war der Wert sogar auf über 200 Euro pro Papier gestiegen. Zuletzt machte der Konzern ein Umsatzplus von gut 18 Prozent, insgesamt setzte Kuka im vergangenen Jahr 3,48 Milliarden Euro um. Nach Steuern und Abzügen blieben etwa 88,2 Millionen Euro Gewinn übrig.
Zuletzt musste Kuka allerdings seine Gewinnprognose korrigieren: Wie die meisten Autobauer, mit denen Kuka eng verzahnt ist, merkt das Unternehmen die Auswirkungen der weltweiten Handelskonflikte.
Personalie um Till Reuter wirft Frage nach dem Einfluss chinesischer Investoren auf
Vor zweieinhalb Jahren erlebte Kuka unter Reuter „eines der ereignisreichsten Jahre“, wie er es einmal selbst formuliert hatte. Der chinesische Konzern Midea hatte damals zur Übernahme des Unternehmens angesetzt. Von einem Wirtschaftskrimi war die Rede, gar von einer chinesischen Invasion. Selbst Sigmar Gabriel, zu dem Zeitpunkt noch Wirtschaftsminister, schaltete sich in den Übernahmekampf ein. Mittlerweile sind die Töne leiser geworden. Selbst Arbeitnehmervertreter äußern sich wohlwollend über die eingestiegenen Chinesen. Die Arbeitsplätze und Standorte sind für weitere fünf Jahre bis Ende 2023 gesichert.
Die Kuka-Personalie wirft nun erneut die Frage nach dem Einfluss chinesischer Investoren auf. Unternehmen aus Fernost haben zuletzt immer mehr Firmen aus dem deutschen Mittelstand übernommen – gesteuert vom chinesischen Staat. Der Masterplan „Made in China 2025“ sieht vor, in den kommenden Jahren wichtige Schlüsseltechnologien zu beherrschen – vor allem in den Feldern Maschinen- und Anlagenbau, Robotik und Biomedizin.
Allein 2016 kauften die Chinesen über 100 deutsche Firmen. Neben Kuka wechselten in den vergangenen Jahren etwa der Maschinenbauer KrausMaffei oder der Betonpumpen-Weltmarktführer Putzmeister den Besitzer. Die Bundesregierung arbeitet schon länger daran, deutsches Know-how besser vor Übernahmen zu schützen. Als Reaktion auf den Fall Kuka hat das Wirtschaftsministerium vergangenes Jahr das Gesetz geändert: Sobald ein ausländischer Investor 25 Prozent eines Unternehmens übernehmen will, kann Berlin eingreifen. Geht es nach dem Ministerium, soll diese Schwelle weiter abgesenkt werden.