Startseite
Icon Pfeil nach unten
Wirtschaft
Icon Pfeil nach unten

Tönnies: Corona auf Schlachthof: Experte befürchtet keinen Versorgungsengpass

Tönnies

Corona auf Schlachthof: Experte befürchtet keinen Versorgungsengpass

    • |
    In immer mehr Schlachtbetrieben häufen sich die Corona-Infektionen bei Arbeitern.
    In immer mehr Schlachtbetrieben häufen sich die Corona-Infektionen bei Arbeitern. Foto: Ingo Wagner, dpa (Symbolbild)

    Die vorübergehende Schließung des größten deutschen Schlachtbetriebs von Tönnies in Rheda-Wiedenbrück wird nach Einschätzung von Marktbeobachtern nicht zu Versorgungsengpässen führen. "Fleisch wird in Deutschland nicht knapp, auch nicht Schweinefleisch", sagte Tim Koch von der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft in Bonn.

    Corona-Ausbruch: Bei Tönnies gibt es inzwischen 730 registrierte Neuinfektionen

    Ob der nach einem großen Corona-Ausbruch verfügte Stillstand der Fleischfabrik in Rheda-Wiedenbrück zu höheren Preisen für Verbraucher führen werde, sei erst in einigen Wochen abzusehen, sagte Koch der Deutschen Presse-Agentur. Der Handel habe in der Regel mit den Schlachtunternehmen längerfristige Verträge zu Mengen und Preisen abgeschlossen. 

    Bei Tönnies in Rheda-Wiedenbrück gibt es nach Angaben des Kreises Gütersloh inzwischen 730 registrierte Neuinfektionen. Ausgewertet wurden 1106 Ergebnisse eines von den Behörden angeordneten Reihentests, der am Donnerstag fortgesetzt wurde. Im Tönnies-Stammwerk müssen in den nächsten Tagen noch rund 5300 Mitarbeiter getestet werden.

    In Rheda-Wiedenbrück werden nach Angaben von Tönnies pro Tag 20.000 Schweine geschlachtet und zerlegt. Die Branche habe eine Reihe von Stellschrauben, um die bei Tönnies ausfallenden Schlachtkapazitäten zumindest teilweise auszugleichen, sagte Agrarfachmann Koch. Tönnies wolle die Zahl der Schlachtungen an anderen Standorten erhöhen, auch andere Unternehmen hätten diese Möglichkeit.

    So viel Fleisch wird in Deutschland produziert

    Im Jahr 2019 haben die gewerblichen Schlachtbetriebe in Deutschland nach vorläufigen Ergebnissen knapp 60 Millionen Schweine, Rinder, Schafe, Ziegen und Pferde geschlachtet. Einschließlich des Geflügels erzeugten die Unternehmen insgesamt knapp 8,0 Millionen Tonnen Fleisch.

    Quelle: Statistisches Bundesamt

    Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sank die erzeugte Fleischmenge damit gegenüber 2018 um 1,4 Prozent. Der Rückgang ergibt sich aus der geringeren Schweinefleischerzeugung, die um 3 Prozent zurückging. Die Produktion von Rind- und Geflügelfleisch hingegen ist gegenüber dem Vorjahr gestiegen.

    Betrachtet man die Entwicklung der Fleischmengen über die vergangenen zehn Jahre, zeigt sich insbesondere beim Geflügelfleisch eine deutliche Veränderung: Von 2009 bis 2019 ist die Menge an erzeugtem Geflügelfleisch um 22 Prozent gestiegen, während die Menge an Schweine- und Rindfleisch – mit leichten Schwankungen in einzelnen Jahren – etwa auf dem gleichen Niveau geblieben ist.

    Enge Taktung: In Stallungen drohen Platzprobleme

    Die Zahl der in Deutschland geschlachteten Schweine falle schon seit einiger Zeit, die Schlachtkapazität sei aber nicht entsprechend gesunken, sagte Koch. Auch könne der Import von Schlachtschweinen zeitweise reduziert werden, um den Druck auf die deutsche Schweinemäster zu verringern. 

    Probleme kann der Stillstand bei den Schlachtungen in Rheda-Wiedenbrück den Schweinemästern bereiten. Wenn ein Mäster innerhalb von ein bis zwei Wochen seine Tiere nicht vermarkten könne, könnte es bereits Schwierigkeiten geben, sagte Miriam Goldschalt, Fachreferentin für Tiere in der Landwirtschaft beim Deutschen Tierschutzbund. 

    "Das ist alles sehr streng getaktet", sagte Goldschalt. Es drohten in den Stallungen Platzprobleme, weil neue Jungtiere angeliefert würden und nicht klar sei, wohin mit den älteren Tieren. "Das Schwein verliert ab einem gewissen Punkt mit zunehmendem Gewicht an Wert", sagt Goldschalt. Ein Grund sei die Vorliebe der Deutschen für mageres Fleisch. 

    Schweinemastbetrieben drohen Verluste durch Preisabzüge

    Auch ein Sprecher des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes meinte: "Ein, zwei Wochen können die Bauern die Situation vergleichsweise verlustarm überbrücken. Dauert die Schließung länger, kommen auf die Schweinemastbetriebe Probleme zu." Würden die auf ein bestimmtes Zielgewicht hin gemästeten Schweine zu fett, drohten Verluste durch Preisabzüge.

    Nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes wurden im vergangenen Jahr 55,1 Millionen Schweine in Deutschland geschlachtet, 3,0 Prozent weniger als 2018. Davon wurden rund 3,3 Millionen Schlachtschweine aus dem Ausland importiert. (dpa)

    Lesen Sie dazu auch:

    Über alle Entwicklungen rund um das Coronavirus informieren wir Sie auch immer in unserem Live-Blog.

    Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden