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TV: Programmflaute: Warum ProSieben in der Krise steckt

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Programmflaute: Warum ProSieben in der Krise steckt

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    ProSiebenSat.1-Chef Thomas Ebeling rettete einst den schwer angeschlagenen Medienkonzern. Der befindet sich seit Monaten im Abwärtstrend. Die Aktie musste herbe Verluste hinnehmen.
    ProSiebenSat.1-Chef Thomas Ebeling rettete einst den schwer angeschlagenen Medienkonzern. Der befindet sich seit Monaten im Abwärtstrend. Die Aktie musste herbe Verluste hinnehmen. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Die Krise, in der die Privatsender ProSieben und Sat.1 derzeit stecken, hat viele Namen. Es sind die der Sendungen, die in den vergangenen Monaten floppten; die der Programmverantwortlichen, die falsche Entscheidungen trafen – und vor allem der des

    Ebeling hatte kürzlich in einem Telefongespräch mit Aktienanalysten gesagt: "Es gibt Menschen, ein bisschen fettleibig und ein bisschen arm, die immer noch gerne auf dem Sofa sitzen, sich zurücklehnen und gerne unterhalten werden wollen. Das ist eine Kernzielgruppe, die sich nicht ändert." Später sprach der Vorstandsvorsitzende der ProSiebenSat.1 Media SE von einer "plakativen Zuspitzung".

    Es war der Tiefpunkt einer Entwicklung, die sich zusehends verschärfte. Vor fast genau vier Wochen, am 25. Oktober, hatte zuvor ProSieben-TV-Geschäftsführerin Katja Hofem während einer Podiumsdiskussion im Rahmen des Branchentreffs Medientage München eingeräumt: "Wir haben ein paar programmlich falsche Einschätzungen gehabt." Sowie: "Wir liegen unter unseren Fähigkeiten."

    ProSieben hechelt VOX beim Erfolg von neuen Formaten hinterher

    Sie sagte das mit Blick auf Einschaltquoten, Marktanteile – und vor allem mit Blick auf den Konkurrenten Vox. Die mehrfach ausgezeichnete Krankenhaus-Serie "Club der roten Bänder", deren dritte und letzte Staffel seit dem 13. November montags auf Vox läuft, erreichte in der Vergangenheit mehr als drei Millionen Zuschauer. Ebenso wie die Gründershow "Die Höhle der Löwen", die nächstes Jahr in einer fünften Staffel fortgesetzt wird.

    Da die Fernsehsender, im Unterschied zum digitalen Geschäft, nach wie vor für einen Medienkonzern wie ProSiebenSat.1 die wichtigste Erlösquelle seien, wie es Hofem formulierte, hängt von den Programmentscheidungen überaus viel ab. Diese jedoch glichen einer "Achterbahnfahrt". "Man sieht ja, was ein Lucky Punch verändern kann." Hofem meinte damit ein Erfolgsformat wie "Die Höhle der Löwen", mit dem Vox ein entscheidender Schlag gegen die Konkurrenz gelungen ist.

    So ein Treffer fehlt insbesondere ProSieben, das – bis auf die Castingshow "The Voice of Germany" und die Shows des Moderatoren-Duos Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf – sein Programm in weiten Teilen mit seit Jahren wiederholten US-Serien wie "Die Simpsons" oder "The Big Bang Theory" bestreitet.

    ProSieben knabbert immer noch am Rückzug von Stefan Raab

    Zudem hat der Sender den Rückzug von Entertainer Stefan Raab Ende 2015 von der TV-Bühne nicht verkraftet. Zwischen 1999 und 2016 hatte man ihm die besten Sendeplätze freigeräumt. Die Suche nach einem Nachfolger für das Sendergesicht verlief bislang ergebnislos. Weder Joko und Klaas noch Steffen Henssler ("Schlag den Henssler") können die Lücke füllen.

    Die Programm-Krise spiegelt sich in Verlusten bei den Marktanteilen im Gesamtpublikum wider. Besonders deutlich fiel der Verlust für ProSieben im August in der werberelevanten Zuschauergruppe der 14- bis 49-Jährigen aus: ProSieben musste sich von Schwestersender Sat.1 überholen lassen und kam mit einem Marktanteil von 8,3 Prozent in dieser Zielgruppe auf den schlechtesten Wert seit mehr als 20 Jahren.

    Für Ebeling ein Desaster: Der Hannoveraner war 2009 vom Pharma-Unternehmen Novartis zu ProSiebenSat.1 gewechselt mit dem Ziel, den Konzern zum "führenden Medien- und Unterhaltungskonzern in Europa" zu machen.

    ProSieben-Aktie verlor 2016 ein Viertel ihres Wertes

    Ebeling wird an Quoten und Marktanteilen sowie am Kurs der im Dax notierten ProSiebenSat.1 Media SE-Aktie gemessen. Diese verlor im vergangenen Jahr rund 22 Prozent ihres Wertes. Das nächste Desaster kam für ihn mit dem 9. November, als er seine Prognose für das Gesamtjahr 2017 abschwächen musste und damit Anleger enttäuschte: Der Vorjahresumsatz von 3,8 Milliarden Euro dürfte um einen mittleren einstelligen Prozentsatz wachsen.

    Ebeling berichtete, dass das Geschäft mit TV-Werbung schwach laufe, US-Serien wie "Empire" oder "This is us" gefloppt seien, ProSieben und Sat.1 Zuschauer an Konkurrenzsender und Internetportale wie Netflix verloren hätten, sowie dass das Videoportal Maxdome weiterhin rote Zahlen schreibe.

    Der Konzern steht vor schwierigen Zeiten – ohne seinen einstigen Retter: Ebeling war es gelungen, anfangs mit strikten Sparmaßnahmen und Stellenabbau, den angeschlagenen Konzern binnen weniger Jahre zum "Liebling der Anleger" werden zu lassen, wie die Deutsche Presse-Agentur einmal schrieb. Die aktuellen Probleme wollte er unter anderem mit einer Straffung der Unternehmensstrukturen lösen. Am 6. Dezember sollen die Pläne vorgestellt werden. Die Nachricht vom Sonntag, dass es nicht mehr Ebeling sein wird, der sie umsetzt, sorgte für einen Kurssprung der Aktie um zeitweise mehr als vier Prozent.

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