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Suizid von Adolf Merckle: Am Ende war nur noch Verzweiflung

Suizid von Adolf Merckle

Am Ende war nur noch Verzweiflung

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    Adolf Merckle ist tot.
    Adolf Merckle ist tot.

    Von Oliver Helmstädter und Andreas Frei Blaubeuren/Ulm - Nichts ist mehr, wie es war in

    Der 74-jährige Adolf Merckle hatte sich am späten Montagnachmittag im Ortsteil Weiler vor einen Regionalzug geworfen - ein gebrochener Mann, der sein Lebenswerk zerstört sah. Er war Ehrenbürger von Blaubeuren. Noch immer sind Blutspuren an der Unglücksstelle deutlich zu sehen. Polizisten müssen die Scharen an Neugierigen davon abhalten, die Gleise zu betreten. Einige Meter abseits brennen Grablichter.

    In der Blaubeurer Innenstadt ist Merckle Tagesgespräch. Nicht nur bei Bäcker Staib. Überall ist der Tenor: "Merckle war einer von uns." Vielfach sei das Zerrbild eines "Zockers" verbreitet worden, was falsch gewesen sei. Dies entspreche nicht dem Prinzip der "Nachhaltigkeit", dem der Stadtmäzen stets verpflichtet gewesen sei.

    "Er ist mit mir zur Schule gegangen", erinnert sich Fritz Okker aus Weiler, Jahrgang 1933. "Schon damals hat man gleich gemerkt, dass das ein ganz intelligenter Bursche ist." Bis zuletzt habe sich der Multi-Milliardär, Schätzungen zufolge fünftreichster Mann Deutschlands, immer Zeit für ein Schwätzchen mit seinem alten Schulkameraden genommen. "Niemand", sagt Okker, habe in Blaubeuren geglaubt, dass es so weit kommen könnte. "Wir sind einfach geschockt."

    Die Dramatik des Geschehenen ist kaum zu greifen. Auch der Wirtschaftspsychologe Tobias Haupt kann sich an einen ähnlichen Fall nicht erinnern. "Hier prallen eine einzigartige Lebensgeschichte und außerordentliche ökonomische Umstände aufeinander", sagt der Experte von der Ludwig-Maximilians-Universität in München.

    Top-Manager, die nach einem wirtschaftlichen Misserfolg den Freitod wählen, hat es in der Vergangenheit immer wieder gegeben. Haupt erinnert an die US-Wirtschaftskrise Ende der 1920er Jahre, den "Schwarzen Freitag", als Spekulanten riesige Geldsummen verzockten und dann aus schierer Verzweiflung ihrem Leben ein Ende setzten. Auch die derzeitige Finanzkrise hat schon mehrere Opfer gefordert. Der Geschäftspartner des mutmaßlichen amerikanischen Milliarden-Betrügers Bernard Madoff, ein Franzose, ist das jüngste Opfer.

    Psychologe Haupt sieht einen entscheidenden Unterschied zum Fall Merckle: "Diese Menschen waren Teil eines Systems, in dem sie Fehler gemacht haben, das sie jedoch nicht selbst steuern konnten." Merckle dagegen habe mit eigenen Händen ein Imperium aufgebaut, sein Leben lang die Kontrolle gehabt. Und: "Es ging immer nur nach oben." Haupt glaubt, dass Merckle die jetzigen finanziellen Turbulenzen - ungeachtet offensichtlicher Fehlspekulationen mit Volkswagen-Aktien - als "traumatisches, nicht mehr zu kontrollierendes Erlebnis" wahrgenommen hat. "Die Tradition ist gebrochen, die Kontrolle verloren." In der Fachsprache heißt das: "Die Selbstwirksamkeit ist dahin."

    Auch der Münchner Experte sieht Merckles Lebenswerk mit dem Verkauf des Arzneimittel-Herstellers Ratiopharm, dem wichtigsten Unternehmen der Gruppe, zerstört. "Emotional war

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