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Studie: Wenn der Kunstpelz doch echt ist

Studie

Wenn der Kunstpelz doch echt ist

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    Bei Kunstpelz erkennt man beim Auseinanderziehen das Gewebe.
    Bei Kunstpelz erkennt man beim Auseinanderziehen das Gewebe. Foto: Stiftung Warentest, dpa

    Ein kuscheliges Fell an der Kapuze und ein flauschiger Bommel an der Mütze – wohin man auch schaut, Fell ist im Trend. Allerdings ist bei vielen Menschen echter Pelz verpönt. Die Mehrheit der Deutschen lehnt verschiedenen Umfragen zufolge das Töten von Tieren für seinen Pelz ab und achtet beim Kauf auf die Auszeichnung.

    Doch der Deutsche Tierschutzbund und die Tierschutzstiftung Vier Pfoten haben in einer Studie, die heute veröffentlicht wird, herausgefunden, dass der Handel oftmals echten Pelz für falschen ausgibt. Und das, obwohl die EU Händler seit Anfang des Jahres in den meisten Fällen verpflichtet, echten Pelz zu kennzeichnen.

    Nicht alle Produkte aus echtem Pelz sind gekennzeichnet

    Für die Studie haben sich Experten in Augsburg, München, Köln, Berlin und Hamburg auf die Suche nach Kleidungsstücken begeben, die eindeutig Echtfell enthielten. Dabei kam heraus, dass lange nicht alle 89 untersuchten Produkte gekennzeichnet waren. Bei Fellartikeln unter 50 Euro lag der Anteil der nicht gekennzeichneten Produkte bei 80 bis 100 Prozent.

    Die untersuchten Artikel für unter zehn Euro waren alle nicht gekennzeichnet. Für die Pressesprecherin des Deutschen Tierschutzbundes, Lea Schmitz, ist der Grund dafür ganz klar: „Fell vom Marderhund wird billig in China produziert und ist oft sogar günstiger als synthetischer Pelz.“ Für Kunden sei der Unterschied oft allerdings nicht leicht zu erkennen. Dazu bestehe das Vorurteil, Echtpelz sei nicht günstig zu haben.

    „Keineswegs artgerecht“

    Gründe, zum Kunstfell zu greifen, sind für viele Verbraucher die Haltungsbedingungen, unter denen die Tiere gezüchtet werden. Wie der Tierschutzbund erläutert, leben die Tiere oft in Drahtkäfigen. Füchse könnten nicht wühlen, Nerze nicht baden und Chinchillas müssten bewegungslos in kleinen Verschlägen ausharren. „Das ist keineswegs artgerecht“, sagt Schmitz.

    Dem widerspricht Susanne Kolb-Wachtel vom Deutschen Pelzverband und verweist auf die europäische Pelztierhaltungsverordnung: „Es scheint den Tieren nichts auszumachen. Außerdem bekommen sie Futter und tierärztliche Betreuung.“ Die Züchter sind ihrer Ansicht nach daran interessiert, die Tiere gut zu halten, um ein schönes Produkt zu bekommen.

    „Die Leute wollen Pelz“

    Dass echtes Fell als Kunstpelz verkauft werde, hält Kolb-Wachtel für unmöglich. „Das erkennt man. Außerdem wollen die Leute Pelz und suchen auch danach. Deshalb kennzeichnen wir unsere Produkte auch.“ Der Deutsche Pelzverband vertritt vor allem Händler im hohen Preissegment. Dass diese ihre Waren weitestgehend korrekt auszeichnen, ist auch eines der Ergebnisse der Studie.

    Dass Echtpelz oft als Kunstpelz wahrgenommen wird, liegt auch an den Eigenheiten der Kennzeichnungsregelung für Textilprodukte. Kleidungsstücke, in denen echtes Fell verarbeitet ist, müssen mit dem Hinweis „enthält nichttextile Teile tierischen Ursprungs“ versehen sein. Doch es gibt Ausnahmen: Sind mehr als 20 Prozent des Gewichts eines Kleidungsstücks aus tierischen Materialien gefertigt, muss sie diesen Hinweis nicht tragen.

    Je mehr tierische Bestandteile im Produkt, umso weniger Kennzeichnung ist also vorgeschrieben. Daunen, Leder und Horn, das zum Beispiel in Knöpfen verarbeitet wird, werden dabei ebenfalls mit eingerechnet. „Dadurch wird es unmöglich, Echtpelz zu identifizieren, wenn ein weiterer tierischer Bestandteil im Kleidungsstück enthalten ist“, sagt Lea Schmitz. Verstößt ein Händler gegen die Kennzeichnungspflicht, ist ein Bußgeld bis zu 10.000 Euro fällig. Nicht viel für eine große Modekette, meint Schmitz.

    Händler benutzen Fantasienamen

    Auch die Politik will nachbessern. Auf ihrem Parteitag im Dezember 2015 hielt die CDU in einem Beschluss fest: „Der Käufer soll erkennen können, woher der Pelzbesatz an seiner Kleidung kommt und wie die Felle gewonnen wurden.“ Grüne und SPD wünschen sich darüber hinaus auch eindeutige Angaben zur Tierart. Denn viele Händler würden die konkrete Bezeichnung mit Fantasienamen umgehen, bestätigt auch die Studie der Tierschützer.

    Bleibt noch zu klären, sollten Kunden ganz auf Pelz verzichten, oder ist ein Pelz aus zweiter Hand vielleicht die bessere Alternative? Tierschutzexpertin Schmitz sieht auch das kritisch. „Grundsätzlich ist das besser, weil so kein neues Leid entsteht. Aber es sendet trotzdem das falsche Signal.“ Genauso wie Kunstpelz trage es zu einer Akzeptanz des Anblicks bei. Susanne Kolb-Wachtel findet es dagegen in Ordnung, dass Tiere für die Mode ihr Leben lassen: „Das Tragen eines Pelzes ist nachhaltiger als das Verspeisen eines Schweines. Einen Pelz trage ich 60 Jahre, das Fleisch verdaue ich in nur 24 Stunden.“

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