Sonnenstrom, gut und schön. Was aber, wenn es Nacht wird? Die Schwankung in der Ökostrom-Produktion ist eine der Schwachstellen der Energiewende. Für Besitzer von Photovoltaikanlagen gibt es aber inzwischen praktikable Lösungen. Ein Konzept bietet das Unternehmen „Sonnen“ mit Sitz in Wildpoldsried im Allgäu an. In dem hellen Firmengebäude montieren Mitarbeiter Kasten um Kasten – im Aussehen ähnlich klassischen Sicherungskästen. Das Design der geschlossenen Geräte – schlicht, einfach, in den Tönen Weiß, Grau oder Schwarz gehalten – könnte von Apple stammen. Es sind Batteriespeicher. Eigenheimbesitzer können damit den Strom ihrer Photovoltaikanlage zum Beispiel für die Nacht speichern. Das scheint sich immer stärker zu rentieren.
Die Verkaufszahlen weisen derzeit nach oben, berichtet Philipp Schröder, 32, einer der Geschäftsführer. „Derzeit produzieren wir im Monat 700 bis 800 Batteriespeicher“, sagt er. „Sonnen“ gehört einer Studie des Marktforschungsunternehmens EuPD Research zufolge mit einem Marktanteil von 23 Prozent zu den führenden Anbietern – vor LG, Senec und dem eher als Autobauer bekannten US-Hersteller Tesla. Schröder, geboren in Cuxhaven, kennt das Geschäftsfeld gut. Zuletzt hat er von 2013 bis 2015 für Tesla das Deutschland-Geschäft mit den Batterien aufgebaut, bevor er zurück nach Wildpoldsried kam, wo er bereits zuvor tätig war.
Tagsüber brauchen viele kaum Strom
Die Idee des Batteriespeichers fürs Eigenheim, mit dem „Sonnen“ seit 2011 am Markt ist, lässt sich schnell erklären: Neue Photovoltaik-Anlagen werden heute meist installiert, um den Strom selbst zu verbrauchen. Das ist billiger, als ihn vom Versorger zu kaufen. Doch es gibt ein Problem: Tagsüber produzieren die Anlagen zwar Elektrizität auf Hochtouren. Doch die Hausbewohner sind meist in der Arbeit oder in der Schule und brauchen kaum Strom. Der Batteriespeicher dient als Brücke: Der Strom kann dann am Abend abgerufen werden, wenn die Familie daheim ist, der Herd läuft und die Lichter brennen.
Seit Batteriespeicher für das Eigenheim auf dem Markt sind, sinken die Preise. „Sonnen“-Geschäftsführer Schröder beziffert die Kosten pro Kilowattstunde gespeicherten Stroms inzwischen auf 14 Cent. Haushaltsstrom vom Versorger schlägt im Vergleich dazu mit rund 30 Cent zu Buche. „Die meisten unserer Stromspeicher stehen in Einfamilienhäusern mit drei bis fünf Personen, die darin leben“, sagt Schröder. „Familien haben einen hohen Stromverbrauch.“ Nun will die Firma beweisen, dass es möglich ist, die Kosten weiter zu senken. Denn einen Restbedarf an Strom braucht man im Normalfall trotz Speichers weiterhin aus dem Netz. „Die Sonnen-Flat schafft die Strompreise ab“, wirbt die Firma derzeit. Was steckt dahinter?
Rund 15000 Speicher hat das Unternehmen mittlerweile auf den Markt gebracht. Diese Batterien lassen sich vernetzen. So entsteht ein Pool an Batterien, der wie ein einziger, großer Stromspeicher funktionieren kann. „Dieser virtuelle Speicher ist so groß, dass er Aufgaben übernehmen kann, die bisher nur Kraftwerke ausführen konnten“, berichtet das Unternehmen. Stromspeicher können einspringen, wenn es im Stromnetz eng wird: Bläst der Wind kräftig und drückt viel Windstrom ins Netz, können Speicher überschüssige Energie aufnehmen und das deutsche Stromnetz entlasten. Später geben sie die Energie wieder ab. Für diese Teilnahme am sogenannten Regelenergiemarkt zahlen die großen Netzbetreiber in Deutschland eine Vergütung. An dieser will das Wildpoldsrieder Unternehmen nun die Batteriebesitzer teilnehmen lassen. Als eines der ersten Unternehmen für kleine Batteriespeicher verwende man eine Technologie, die für den Markt für Regelenergie zugelassen wurde, sagt Schröder.
3000 Kunden für „Community“ gewonnen
Wenige Minuten am Tag müssten die Batteriebesitzer ihr Gerät bereitstellen. Nicht viel – in der Summe aber ausreichend: Die Übertragungsnetzbetreiber könnten die Speicherkapazität nutzen, um zum Beispiel die Netzfrequenz zu stabilisieren. Rund 2000 Kunden will das Unternehmen für das Projekt vorerst gewinnen. Das soll sich für die Teilnehmer finanziell rentieren: Wer teilnimmt, muss zwar eine Flat-Rate von 19,99 Euro pro Monat zahlen, erhält zusätzlichen Strom dann aber für null Euro. Kunden, denen es suspekt ist, Übertragungsnetzbetreibern Zugang auf ihre Batterie zu geben, zahlen 23 Cent pro Kilowattstunde. „Wir sind viele – da muss es möglich sein, dass man als Gemeinschaft mehr erreichen kann als als Einzelner“, beschreibt Schröder die Idee. „Jeder Photovoltaik-Besitzer hat mal zu viel Strom, mal zu wenig.“ In einer Gemeinschaft lasse sich das Problem lösen: Strom kann dann untereinander getauscht werden, Speicherkapazität lässt sich vermarkten. Rund 3000 Kunden in Deutschland haben die Erfinder aus Wildpoldsried bisher für ihre „Community“ gewonnen.
Was aber kostet es, in die Speicherung von Strom einzusteigen? Die „Sonnen GmbH“, die früher „Sonnenbatterie“ hieß, bietet ihr Basisgerät mit einer Kapazität von zwei Kilowattstunden inklusive Rabatt ab 3600 Euro an. Für die Geräte gibt es eine staatliche Förderung der KfW-Bank. Die KfW teilte kürzlich aber mit, dass die Mittel für 2016 ausgeschöpft sind. Ab 2017 seien wieder Anträge möglich. Bei „Sonnen“ sieht man die Förderung inzwischen kritisch: „Sie war wichtig, um die Geräte in den Markt zu bekommen“, sagt Schröder, rentabel sei sie heute aber nicht immer. Grund: „Die Antragsteller verpflichten sich, nicht mehr als 50 Prozent des erzeugten Stroms ins Netz einzuspeisen.“ Dadurch gehen Einnahmen verloren.
Bei „Sonnen“ selbst ist man überzeugt, dass sich die Speicher ohne Förderung etablieren. „Sie sind aus einem Nischenmarkt herausgekommen“, sagt Sprecher Mathias Bloch. Das Unternehmen expandiert schon einmal: Die Batterien gehen inzwischen auch nach Österreich, Italien, die Schweiz, England und Australien. In den USA betreibt „Sonnen“ eine eigene Fertigung. Derzeit gibt es rund 250 Mitarbeiter, davon 160 in Wildpoldsried. Das Unternehmen arbeitet mit dem US-Technologieriesen General Electric zusammen und vertreibt mittlerweile die achte Generation des Geräts – auch mithilfe von Partnern. Wer heute einen Speicher über RWE oder die Lechwerke kauft, erhält das Produkt aus Wildpoldsried.
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