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Streiks erlaubt: Schlappe für die Bahn - GDL jubelt

Streiks erlaubt

Schlappe für die Bahn - GDL jubelt

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    Die GDL will eine Entscheidung über weitere Streiks bei der Bahn fällen.
    Die GDL will eine Entscheidung über weitere Streiks bei der Bahn fällen. Foto: DPA

    Chemnitz, 2. November (AFP) - Nach dem Urteil schüttelten sich GDL-Chef Manfred Schell und sein Stellvertreter Claus Weselsky zufrieden die Hände und klopften sich auf die Schultern. Ihre rund 30.000 Mitglieder zählende Lokführer-Gewerkschaft hat einen Sieg auf ganzer Linie errungen: Die Deutsche Bahn muss Streiks in allen Bereichen hinnehmen - alles andere sei eine Einschränkung des grundgesetzlich garantierten Streikrechts, urteilten die Richter. Und sie gehen noch weiter: Die Forderung der GDL nach einem eigenständigen Tarifvertrag sei rechtens und widerspreche mitnichten dem Grundsatz der Tarifeinheit, den die Bahn anführt.

    Bei den bei der Urteilsverkündung anwesenden Lokführern war die Freude über den Richterspruch erwartungsgemäß groß: Das Urteil sei "ein Meilenstein auf dem Weg unseres Arbeitskampfes", sagte ein Chemnitzer Zugführer. Auch die Führung der GDL wolle das Urteil "nun erstmal mit Freude auskosten", sagte Gewerkschaftschef Schell, der für das Urteil extra seine Kur am Bodensee unterbrochen hatte. "Wir haben einen langen und schweren Kampf hinter uns, aber immer den festen Glauben, dass wir obsiegen werden", hob er hervor. Die GDL erwarte, dass die Bahn ihre starre Haltung endlich aufgebe und schon in der kommenden Woche nun ein tragfähiges Angebot auf den Tisch lege. Andernfalls "dürfen wir überall streiken", betonte Schell gelassen.

    Genau dies hatten die Richter der GDL zugestanden. In den Streiks der Lokführer sei nicht, wie die Vorinstanz noch urteilte, "Unverhältnismäßigkeit" zu erkennen. Das Grundrecht auf Streik könne nicht von einem "einfachen" Gericht beschränkt werden, hoben die Landesrichter hervor. Doch das Urteil ist nicht nur ein Sieg für die GDL, es ist auch ein Triumph für die kleinen Spartengewerkschaften in Deutschland - denn die Richter hoben hervor, dass auch kleine Gewerkschaften grundsätzlich ein Recht auf eigene Tarifverträge haben.

    Dies ist der Hauptstreitpunkt im Konflikt von GDL und Bahn: Die GDL will aus der Tarifgemeinschaft mit den beiden anderen Bahn-Gewerkschaften Transnet und GDBA ausscheren und einen separaten Tarifvertrag für die Lokführer durchsetzen. Diese Forderung stehe dem Grundsatz der Tarifeinheit in einem Betrieb nicht entgegen, sagte der vorsitzende Richter Werner Leschnig. Tarifeinheit setze sogar Tarifpluralität voraus, betonten die Richter. Auch eine kleine Gewerkschaft dürfe sich daher um den Abschluss eines speziellen, einen konkurrierenden Tarifvertrag verdrängenden Abschluss bemühen.

    Grundsätzlich sei es den Tarifparteien überlassen, ihren Streit mit sich "wandelnden Kampfmitteln" auszufechten, sagte Leschnig weiter. Ein Verbot von Arbeitskämpfen durch Gerichte sei vor Abschluss eines Tarifvertrages im Normalfall nicht zu rechtfertigen - denn es stehe eben noch kein Inhalt fest, den die Richter prüfen könnten. Somit sei auch noch nicht absehbar, ob es der GDL gelinge, letztlich einen eigenen Tarifvertrag durchzusetzen.

    Die Konsequenzen des Chemnitzer Urteils könnten nun die Bahn-Kunden zu spüren bekommen - die GDL hat Streiks auch im Fern- und Güterverkehr gedroht. Die Gewerkschaft hofft, nach dem Richterspruch mit Streiks im Intercity-, im ICE- und im Güterverkehr die Bahn an ihren empfindlichsten Stellen zu treffen.

    Nun wird es vor allem von der Bahn abhängen, ob und wie oft es Arbeitsniederlegungen gibt. Sollte das Unternehmen nicht einlenken, seien "maßvolle und moderate Streiks" geplant, sagte GDL-Anwalt Uwe Fischer. Die Bahn ihrerseits bleibt derzeit noch hart: Sie erwägt einen Gang vor das Bundesverfassungsgericht. Trotz der verhärteten Fronten beschwichtigte GDL-Anwalt Fischer die Bahnfahrer: "Die Gewerkschaft möchte nicht streiken auf Teufel komm raus."

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