Im Tarifkonflikt bei der Bahn erwartet die Gewerkschaft der Lokführer (GDL) bei der Urabstimmung am Montag eine große Zustimmung zu flächendeckenden Streiks.
"Ich erwarte, dass über 90 Prozent der Lokführer für einen Arbeitskampf stimmen", sagte GDL-Chef Claus Weselsky der "Bild"-Zeitung vom Samstag. Bereits ab Dienstag könnten dann "Streikaktionen" bundesweit ausgeweitet werden. Dem Funktionär zufolge will die GDL dann den Güterverkehr verstärkt in den Arbeitskampf einbeziehen. Dagegen sei denkbar, dass die Aktionen im Personenverkehr etwas zurückgenommen würden.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag warnte vor möglichen schweren Folgen für die deutsche Wirtschaft. "In vielen Branchen ist alles auf eine Just-in-time-Produktion ausgerichtet. Streiks im Schienengüterverkehr können daher bereits nach wenigen Tagen zu Produktionsstörungen führen, denn ausbleibende Bahntransporte können oft nicht kurzfristig auf die Straße oder das Binnenschiff verlagert werden", sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben der "Berliner Zeitung" (Samstag).
Behinderungen für Pendler und im Fernverkehr
Bei Warnstreiks waren am Freitagmorgen rund 75 Prozent der Züge ausgefallen oder fuhren verspätet. Auch in Bayern war es zu Verzögerungen und Zugausfällen gekommen. Einzelne Fernzüge wurden komplett gestrichen, andere fuhren nicht von München, sondern von Augsburg aus in Richtung Westen. Die Berufspendler mussten mit noch volleren Zügen vorlieb nehmen, in
Sollte es in der kommenden Woche zu Streiks kommen, sind wegen der Faschingsferien zumindest in Bayern weniger Berufspendler betroffen als sonst.
GDL will Angleichung der Löhne für alle Lokführer
Die Gewerkschaft kämpft für einen bundesweit gültigen Flächen-Tarifvertrag, der bei allen Bahnunternehmen im Nah-, Fern- und Güterverkehr gelten soll. Ziele sind ein einheitliches Mindesteinkommen auf dem Niveau des Marktführers Deutsche Bahn sowie weitere einheitliche Regelungen.
Der festgefahrene Tarifkonflikt wird zusätzlich dadurch erschwert, dass die GDL künftig wieder mit jedem Wettbewerber der Deutschen Bahn einzeln über Tarifverträge verhandeln muss. Die in einer Verhandlungsgruppe zusammengeschlossenen Privatbahnen Abellio, Arriva, Benex, HLB, Keolis und Veolia (G-6) beendeten ihr gemeinsames Verhandlungsmandat mit der GDL. Die Gewerkschaft muss deshalb bis zu 25 einzelne Haus-Tarifverträge aushandeln, denn so viele Einzelunternehmen stehen hinter den sechs großen privaten Bahnbetreibern.
Die G-6-Unternehmen kritisierten vor allem den Anspruch der GDL, für alle Lokführer zu sprechen - also auch in den Betrieben, in denen die Lokführer mehrheitlich Mitglied der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) sind. Mit der EVG hatten G-6 und Deutsche Bahn sich kürzlich auf einen Branchen-Tarifvertrag für den Nahverkehr geeinigt, den die GDL aber nicht anerkennt. afp/dpa/AZ