Startseite
Icon Pfeil nach unten
Wirtschaft
Icon Pfeil nach unten

Stellenabbau bei EADS: Tom Enders' Schnitt

Stellenabbau bei EADS

Tom Enders' Schnitt

    • |
    EADS-Chef Tom Enders baut den Konzern massiv um.
    EADS-Chef Tom Enders baut den Konzern massiv um. Foto: Christian Charisius (dpa)

    Eigentlich hätte man von einem ehemaligen Fallschirmjäger der Bundeswehr mehr Emotionen oder Bedauern erwartet, wenn ausgerechnet bei den Militärflugzeugen Kürzungen anstehen. Rund 5800 Stellen will EADS-Chef Thomas Enders vor allem in der Verteidigungssparte des Konzerns abbauen, davon allein 2600 in Deutschland, was viele Standorte in Bayern und Baden-Württemberg treffen könnte. Doch vielleicht sind Emotionen in dieser Situation ein schlechter Ratgeber. Und so stellte Tom Enders in einer Pressekonferenz gestern Vormittag die Job-Kürzungen als unvermeidbaren Schnitt dar, um den Konzern in Zeiten schrumpfender Rüstungsbudgets wettbewerbsfähig zu machen. Es bleibe einfach nichts anderes übrig – dies war die Nachricht, die Enders aussandte.

    EADS-Chef Enders baut den Konzern massiv um

    Ganz sachlich im Ton verteidigte Enders die Kürzungen. „Sie sind Teil unseres Plans, unsere Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen“, sagte er. Die Rüstungsausgaben der Staaten gingen zurück, der Export von Militärflugzeugen gestalte sich „schwierig“, neue europäische Programme seien nicht in Sicht, die Produkte des Konzerns seien gegenüber denen der Wettbewerber teuer. „Nun passen wir unsere Kapazitäten der Nachfrage an“, sagte Enders. Dies sei normal. Die Konkurrenz handele ebenso.

    Und dann wurde Enders plötzlich doch emotional. Den Vorwurf, der Konzern sei „gierig“, weist er strikt zurück. „Ist es gutes Management, zu warten, bis man gegen die Wand fährt?“, fragte er eindringlich. „Oder ist es gutes Management, wenn man rechtzeitig auf die Bremse tritt?“

    Tatsache ist, dass die europäischen Staaten in der Rüstung sparen. Beispielsweise hat die Bundesregierung die Bestellungen für den neuen Militärtransporter A 400 M reduziert, der die Transall ablöst. Statt ursprünglich 60 neuen Flugzeugen will die

    Kampfflugzeug Eurofighter: Die Nachfrage ist gering

    Das ist EADS

    Der europäische Luft-, Raumfahrt- und Rüstungskonzern EADS beschäftigt in Deutschland mehr als 49.000 Mitarbeiter.

    Im gesamten Konzern, der vom deutschen Anteilseigner Daimler und den Franzosen dominiert wird, sind es mehr als 133 000 Mitarbeiter.

    Der Airbus-Hersteller ist neben Boeing der größte Hersteller von Verkehrsflugzeugen und ein gewichtiger Anbieter von Militärflugzeugen wie der A400M.

    Airbus hat in Deutschland mit den Standorten Hamburg, Bremen, Stade und Buxtehude rund 20 000 Mitarbeiter.

    Weitere 12 000 Mitarbeiter sind in der EADS-Rüstungssparte Cassidian in Deutschland tätig - in Manching bei Ingolstadt, wo der Eurofighter gebaut und mit anderen Militärflugzeugen gewartet wird, in Ulm und in Friedrichshafen. Die Cassidian-Zentrale ist im Münchner Vorort Unterschleißheim.

    Eurocopter ist Weltmarktführer beim Bau ziviler Hubschrauber und beschäftigt in Donauwörth, in Ottobrunn bei München und in Kassel 5500 Mitarbeiter.

    Die Raumfahrt-Sparte Astrium schließlich stellt mit 4600 Beschäftigten in Bremen, Friedrichshafen, Lampoldshausen, Ottobrunn und Trauen Satelliten und Trägerraketen her.

    Ebenfalls in Ottobrunn sind ein großes Forschungszentrum und ein Teil der EADS-Konzernzentrale.

    EADS hat 2011 49 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftet und eine Milliarde Euro Gewinn gemacht.

    Und auch eine geringe Nachfrage nach dem hochmodernen Kampfflugzeug Eurofighter könnte am großen Standort Manching bei Ingolstadt weitere Probleme bereiten. Sollte es keine neuen Aufträge geben, wenn 2017 die bisherigen Bestellungen abgearbeitet sind, dann könnte es zu einem weiteren Jobabbau kommen, warnte in der gestrigen Konferenz der künftige Chef der neuen Raumfahrt- und Verteidigungssparte, Bernhard Gerwert. „Dann haben wir 2018 weitere Stellenkürzungen“, sagte er.

    Die Eurofighter-Aufträge aus Deutschland, Italien, Spanien und England sind in Tranchen unterteilt. Die letzte Tranche über 124 Flugzeuge ist aber noch nicht abgerufen worden. Dies müsste nach Möglichkeit bis 2014 erfolgen, um den Produktionsprozess über 2017 hinaus nahtlos aufrechterhalten zu können, heißt es bei EADS. Auch Exportaufträge wären hilfreich. In Manching findet unter anderem die Endfertigung des Eurofighters statt. Dort arbeiten derzeit insgesamt 4500 Leute.

    Wie es an den einzelnen süddeutschen Standorten exakt weitergeht, das klärte Enders auch gestern nicht auf. Dies müssten Verhandlungen mit der Arbeitnehmerseite ergeben. Sicher ist nur, dass der Standort Unterschleißheim geschlossen wird. Zahlen zu den anderen Standorten seien erst ab Januar zu erwarten. Bis dahin also herrscht weiter Ungewissheit in Manching, Ulm, Schrobenhausen oder Friedrichshafen.

    Arbeitnehmer machen sich auf lange Verhandlungen gefasst

    Auf der Arbeitnehmerseite macht man sich auf lange Verhandlungen gefasst. Rüdiger Lütjen ist Vorsitzender des Europäischen EADS-Betriebsrats und damit Vertreter von rund 140 000 Mitarbeitern. Er wertete es gestern als positiv, dass Enders einen „sozialverträglichen Umbau“ vorgeschlagen habe. Verärgert sei er aber darüber, dass EADS betriebsbedingte Kündigungen nicht ausgeschlossen hat. „Wir sind doch kein Sanierungsfall!“, sagte Lütjen.

    Der europäische Betriebsratschef zeigte sich aber zuversichtlich, dass ein großer Teil der Mitarbeiter bei den anderen Töchtern Airbus und Eurocopter unterkommen könne, wie es der Konzern für 1500 Betroffene in Aussicht gestellt hat. „Die Stellen gibt es“, sagte Lütjen. Man müsse klären, für welche Standorte der Plan passen könnte. „Zudem kennt man die Schwierigkeiten, die durch die räumliche Distanz entstehen“, fügte er an.

    Lütjen forderte zusammen mit IG-Metall-Vorstandsmitglied Jürgen Kerner zudem ein stärkeres Engagement der Politik. Nötig sei eine militärische Luft- und Raumfahrtstrategie der

    Bayerns neue Wirtschaftsministerin Ilse Aigner bot schon mal ihre Hilfe als Vermittlerin zwischen Gewerkschaft und Konzern an: „Mir ist wichtig, dass möglichst viele Arbeitsplätze erhalten bleiben“, sagte sie.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden