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Staatliche Corona-Hilfen: Betrug mit Corona-Hilfen: So tricksten die Schummler

Staatliche Corona-Hilfen

Betrug mit Corona-Hilfen: So tricksten die Schummler

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    Schnell und unbürokratisch sollten Firmen an Hilfsgelder kommen. Somit hatten es auch Schummler leicht.
    Schnell und unbürokratisch sollten Firmen an Hilfsgelder kommen. Somit hatten es auch Schummler leicht. Foto: Robert Michael, dpa

    Die erste Spur führt nach Berlin. Ende Februar fallen den Mitarbeitern der landeseigenen Investitionsbank, die die Auszahlung der Corona-Hilfen an die Unternehmen aus der Hauptstadt organisiert, Ungereimtheiten in einem Antrag auf. Von wem der kommt und um welche Summe es geht, ist nicht bekannt. Allerdings scheinen die Indizien dafür, dass sich hier ein Betrüger staatliches Geld ergaunern will, schwer zu wiegen – wenig später erstattet die Bank Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Berlin.

    Es ist der Stein, der die Ermittlungen im Betrugsskandal um die staatlichen Pandemie-Gelder ins Rollen bringt – Und viele Unternehmer auf die Palme, weil das Bundeswirtschaftsministerium die Auszahlung der Corona-Hilfen deshalb zeitweise gestoppt hat. Um mehrere Millionen – die Rede ist von mindestens 15 Millionen Euro – soll ein präzise geplanter Schwindel den Steuerzahler geschädigt haben.

    Die Drahtzieher des Betruges sollen in Berlin und Nordrhein-Westfalen sitzen

    Wie genau der abgelaufen ist, will das Ministerium bisher nicht erläutern – als gesichert gilt allerdings, dass Unbekannte mithilfe falscher Identitäten Abschlagszahlungen für tatsächlich existierende Firmen auf ihre eigenen Konten umgeleitet haben. Nach Informationen unserer Zeitung sitzen die Drahtzieher in Berlin und Nordrhein-Westfalen, im Flurfunk des Wirtschaftsministers ist von mindestens vier Tatverdächtigen die Rede. Offiziell allerdings gibt sich das Ministerium von Peter Altmaier wortkarg: Viel mehr als die Auskunft, dass die vorübergehend gestoppten Abschlagszahlungen an Betriebe in Not "in Kürze" wieder aufgenommen würden, will es zu dem Fall nicht sagen.

    Was im Chaos der ersten Corona-Monate gut gemeint war, entpuppt sich nun womöglich als Sicherheitsrisiko: Die Anträge auf November- und Dezemberhilfen oder das sogenannte Überbrückungsgeld werden nicht im Ministerium selbst überprüft, sondern von sogenannten prüfenden Dritten eingereicht – Das sind in der Regel Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte oder vereidigte Buchprüfer, die auch die Korrektheit der Daten kontrollieren müssen: Anschrift, Bankverbindung, Umsatzrückgang. Sie sollen vor allem für eine zügige, unkomplizierte Abwicklung der Hilfen sorgen.

    Ein Betrüger gab sich fälschlicherweise als Anwalt aus

    Was aber, wenn der Steuerberater nur auf dem Papier ein Steuerberater ist, weil ihn jemand mit falschen Daten im Online-Portal des Wirtschaftsministeriums als "prüfenden Dritten" hat registrieren lassen? Offenbar sind die Hürden für eine solche Zulassung nicht so hoch, als dass sie nicht mit einer Portion krimineller Energie umgangen werden könnten. So hat sich nach Informationen des Handelsblatts mindestens ein Verdächtiger fälschlicherweise als Anwalt ausgegeben. Insgesamt sind 46.000 prüfende Dritte auf der Plattform des Ministeriums gelistet. Wo genau hier eine Sicherheitslücke oder ein Schlupfloch für Betrüger klafft, ist entweder noch unklar oder geheime Kommandosache im Ministerium, um keine Nachahmer auf den Plan zu rufen.

    In Bayern wickelt der Bund seine Corona-Hilfe über die Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern ab. Die Abschlagszahlungen fließen direkt auf das im Antrag angegebene Konto, erläutert Kammersprecherin Katharina Toparkus – Und zwar "zunächst ohne eine weitere Prüfung". Vorgeschaltet ist lediglich eine automatisierte Prüfung, bei der nach offensichtlichen Auffälligkeiten gesucht wird. Dies ist etwa der Fall, wenn die gleiche Kontoverbindung schon in einem anderen Antrag auftaucht oder wenn es sich um ein ausländisches Konto handelt. "In diesen Fällen", so Katharina Toparkus, "erfolgt dann eine vertiefte Prüfung." In allen anderen Fällen wird der Antrag erst zwischen der Auszahlung der Abschläge und der Endabrechnung genauer unter die Lupe genommen. Zu Unrecht ausgezahlte Gelder können die Behörden dann auch wieder zurückfordern.

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