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Sparprogramm: MAN Diesel & Turbo streicht 1400 Stellen - Auch Augsburg betroffen

Sparprogramm

MAN Diesel & Turbo streicht 1400 Stellen - Auch Augsburg betroffen

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    MAN Diesel & Turbo muss sparen. Weltweit sollen 1400 Stellen gestrichen werden.
    MAN Diesel & Turbo muss sparen. Weltweit sollen 1400 Stellen gestrichen werden. Foto: Silvio Wyszengrad

    Das Unternehmen MAN Diesel & Turbo ist mit derzeit rund 3800 Mitarbeitern einer der größten industriellen Arbeitgeber in Augsburg. Es stellt Schiffsmotoren her, Motoren für Kraftwerke und sogenannte Turbomaschinen, zum Beispiel Kompressoren für die Öl- und Gasförderung. Das Geschäft in diesen Bereichen war in den vergangenen Jahren nicht einfach. Bei den Containerschiffen auf den Weltmeeren herrschen Überkapazitäten. Und mit dem fallenden Ölpreis sind die Investitionen in die Öl- und Gasförderung zurückgegangen. Diese Entwicklungen treffen nun auf bittere Weise die Beschäftigten.

    MAN Diesel & Turbo legt ein großes Sparprogramm auf. Der Konzern plant, in spürbarem Umfang Arbeitsplätze zu streichen. Der Vorstand geht davon aus, dass weltweit rund 1400 Stellen betroffen sind. Das teilte MAN Diesel & Turbo am Freitagnachmittag mit. Damit ist rund jede zehnte Stelle bedroht: Aktuell sind rund 14 900 Mitarbeiter an mehr als hundert Standorten weltweit für das Unternehmen tätig, das zum Volkswagen-Konzern gehört. Daneben will MAN Diesel & Turbo Standorte neu ausrichten, Strukturen vereinfachen, Kosten senken. Insgesamt soll das Programm rund 450 Millionen Euro bringen. Das Unternehmen spricht von einer „nachhaltigen Ergebnisverbesserung.“

    In Augsburg fallen 140 Arbeitsplätze bei MAN weg

    Die Mitarbeiter in Augsburg erfuhren am Freitag auf einer Betriebsversammlung im Kongress am Park von den Details. Auch der Hauptsitz am Lech ist von den Einschnitten betroffen, die bei MAN Diesel & Turbo selbst als „Zukunftsprogramm Basecamp 3000+“ laufen. In Augsburg sollen rund 140 Arbeitsplätze gestrichen werden, sagte ein Sprecher unserer Zeitung. Die Stellen sollen in der Produktion, vor allem aber in der Verwaltung abgebaut werden. Hier geht es um die sogenannten Gruppenfunktionen, zum Beispiel die Bereiche Personal, Recht oder Marketing. Beobachter der Betriebsversammlung sprechen von einer Rekordbeteiligung von rund 2500 Mitarbeitern, die Stimmung sei „angespannt“ gewesen, aber nicht aggressiv.

    Wie der Sprecher betonte, handelt es sich bei den Angaben zum Stellenabbau bisher um Vorschläge. Nun müssten Gespräche mit der Arbeitnehmerseite beginnen. Ziel sei es, betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Kündigungen aber ganz auszuschließen, sei verfrüht. „Der notwendige Personalabbau soll aber sozial verträglich gestaltet werden“, teilte die Firma mit.

    Härter als den Standort Augsburg könnte es nach Informationen unserer Zeitung die Standorte in Hamburg, Berlin und im nordrhein-westfälischen Oberhausen treffen. Während in Augsburg die Diesel-sparte ihr Zentrum hat, teilen sich die anderen Standorte die Produktion von Turbomaschinen, zum Beispiel Kompressoren für die Öl- und Gasförderung. Hier sind die Probleme am größten, wie es Vorstandschef Uwe Lauber schildert: „Vor allem der Turbomaschinenbereich steht besonderen Herausforderungen gegenüber“, teilte er mit.

    Er erwarte, dass hier der Auftragseingang für Neuinvestitionen auf niedrigem Niveau verharren wird. „Dafür müssen wir uns wappnen, müssen flexibler und effizienter werden“, sagte er. Wie der Firmensprecher unserer Zeitung schilderte, ist in Hamburg und Oberhausen ein Abbau von je 240 Stellen geplant, in Berlin von 300. Die Zuständigkeiten werden neu verteilt:

    Schon länger Unruhe bei MAN in Augsburg

    Bereits seit einiger Zeit herrscht am Standort Augsburg Unruhe. Nach Informationen unserer Zeitung gab es die Befürchtung, dass noch mehr als die nun geplanten 140 Stellen verloren gehen könnten. Mehr als 600 Beschäftigte mussten dort bereits seit einiger Zeit über ihre Arbeitszeitkonten Überstunden abbauen oder in Kurzarbeit gehen. Auch in der Gießerei kam es immer wieder einmal zu Kurzarbeit. Kritik an den Plänen übt die Gewerkschaft.

    „Wir halten das Zukunftsprogramm für richtig, sehen aber nicht Personalanpassungsbedarf in diesem Umfang“, sagte Michael Leppek unserer Zeitung, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Augsburg. Verhandlungen über die Stellenstreichungen sollen noch im September beginnen. Bei MAN Diesel & Turbo setzt man darauf, bis zum Jahresende zu einer Einigung zu kommen. „Unser Ziel ist der Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen, wie bei VW üblich“, sagte Leppek, der im Aufsichtsrat von MAN Diesel & Turbo vertreten ist. „Niemand soll gegen seinen Willen den Arbeitsplatz verlassen müssen.“ Leppek fordert von dem Unternehmen deshalb die Offenheit für „arbeitsplatzerhaltende Maßnahmen“, also für die Umsetzung der Betroffenen auf andere Stellen, Altersteilzeit, Vorruhestandsregelungen oder Einsparungen in anderen Bereichen.

    Wie kritisch aber steht es mit MAN Diesel & Turbo? Im ersten Halbjahr wies das Unternehmen einen Auftragsrückgang um vier Prozent gegenüber dem Vorjahrszeitraum auf 1,52 Milliarden Euro aus, der Umsatz sank um acht Prozent auf 1,45 Milliarden Euro. Trotzdem spricht Leppek von einem „grundsoliden Unternehmen“. Schließlich macht der Maschinenbauer Gewinn: Im ersten Halbjahr waren es operativ 69 Millionen Euro nach 93 Millionen im Vorjahreshalbjahr.

    Die Augsburger MAN-Geschichte

    Die Wurzeln des Unternehmens MAN, das heute zu Volkswagen gehört, reichen zurück bis zur Inbetriebnahme der St. Antony Hütte in Oberhausen am 18. Oktober 1758.

    Dass Augsburg zu einer der wichtigsten MAN-Städte werden sollte, ist letztlich dem Unternehmer Ludwig Sander zu verdanken, der 1840 dort eine Maschinenbau-Fabrik gründete, um eine lokale Weberei direkt mit Textilmaschinen zu beliefern.

    Sander verpachtet die Fabrik 1844 an Carl August Reichenbach und dessen Schwager Carl Buz. Sie stellen den Bau von Textilmaschinen ein und setzen stattdessen auf Dampf- und Druckmaschinen. 1844 kommt die Schnellpresse auf den Markt, 1873 die Rotationsdruckmaschine für den Zeitungs- und Buchdruck, die Großauflagen und Massenmedien ermöglicht.

    1857 wird das Werk in eine Aktiengesellschaft unter dem Namen „Maschinenfabrik Augsburg AG“ umgewandelt. Carl von Linde lässt seine Kältemaschine ab 1873 in Augsburg unter Lizenz bauen. So kann etwa Bier dauerhaft gelagert werden.

    Ab 1893 entwickelt Rudolf Diesel in Augsburg den Diesel-Motor, die wichtigste Innovation für MAN.

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