Am Anfang war das Wort. Und am Ende steht die Aufregung. So war es immer bei Josef Ackermann. So ist es auch jetzt. Wieder einmal hat der frühere Chef der Deutschen Bank mit nur wenigen Sätzen sich maximal geschadet. Der Altmeister der Schweizer PR-Szene, Klaus J. Stöhlker, sagt im Gespräch mit unserer Zeitung: „Er kann nicht kommunizieren.“
Josef Ackermanns Rücktritts-Erklärung befeuert Spekulationen
Ackermanns jüngster Wort-Unfall lässt sich auf der Internetseite der Schweizer Zurich-Versicherung nachlesen. Nachdem sich Pierre Wauthier, Finanz-Chef des Konzerns, wie Erkenntnisse der Polizei nahelegen, mit 53 Jahren umgebracht hat, begründet Ackermann seinen Rücktritt als Aufsichtsrats-Chef des Unternehmens auf denkwürdige Weise: „Der unerwartete Tod Wauthiers hat mich zutiefst erschüttert. Ich habe Grund zur Annahme, dass die Familie meint, ich solle meinen Teil der Verantwortung hierfür tragen, ungeachtet dessen, wie unbegründet dies objektiv betrachtet auch sein mag.“ Zudem teilt der 65-Jährige mit, er wolle jegliche Rufschädigung für die Versicherung vermeiden. Weiter gibt er keine Erklärungen ab und ist für Fragen nicht zu erreichen.
Damit eröffnet Ackermann den Spekulationsreigen unter Journalisten. Hat er als Chef-Kontrolleur den Finanz-Chef zu stark unter Druck gesetzt, nachdem die Versicherung ihre Gewinnziele nicht erreichen konnte? Schweizer Medienberichten zufolge wirft Wauthiers Ehefrau ihm das angeblich vor. Gibt es einen Abschiedsbrief? Wird Ackermann darin belastet? Werner Enz, Zurich-Experte der Neuen Zürcher Zeitung, mahnt zur Vorsicht: „Die Geschichte ist noch nicht zu Ende erzählt.“ Auf alle Fälle reicht der Anfang der Story, dass „über Zürich ein Tornado niedergeht“, wie Kommunikations-Mann Stöhlker zu wissen glaubt. So etwas habe er noch nicht erlebt. Durch den Telefonhörer meint man, das Kopfschütteln des Mannes zu spüren.
Zwei mysteriöse Selbstmorde von Managern innerhalb kurzer Zeit
Stöhlker kennt Ackermann: „Erst vor zwei Tagen habe ich ihn getroffen. Da war noch alles in Ordnung.“ In der Zwischenzeit, mutmaßt der PR-Spezialist, „muss die Geschichte explodiert sein“. Dabei erlebt die Schweiz den zweiten mysteriösen Suizidfall eines Managers in kurzer Zeit. Auch beim Tod von Swisscom-Chef Carsten Schloter soll es sich um Selbstmord gehandelt haben. Der 49-jährige Deutsche stand dem größten Schweizer Telekom-Anbieter vor. Auch hier hagelte es Mutmaßungen in der Schweizer Presse. Von zu großem Druck, einem „Zermürbungskrieg“ im Unternehmen, aber auch privaten Problemen war die Rede. Stöhlker spricht ganz allgemein von einem „Globalisierungs-Ungewitter“, das über die Eidgenossen hinwegfege. Damit spielt er darauf an, dass Konzerne durch die engere Vernetzung der Weltwirtschaft einem gestiegenen wirtschaftlichen Druck auf Kosten und Personal ausgesetzt sind – ein Anpassungsprozess, wie ihn deutsche Unternehmen längst hinter sich haben. In Gesprächen mit anderen Schweiz-Kennern fällt häufig das Wort „Druck“. Fühlen sich Spitzenmanager überfordert? Sind sie ausgebrannt? Die Geschichte ist eben noch nicht zu Ende erzählt, wie der Journalist Werner Enz bemerkt.
Kein knallharter, nur auf Druck setzender Boss
Ackermann ist jedenfalls kein knallharter, nur auf Druck setzender Boss, auch wenn er in Deutschland Empörung hervorrief, als er für die Deutsche Bank eine Rendite von 25 Prozent forderte und gleichzeitig Jobs strich. Wer mit dem Schweizer spricht, lernt einen liebenswürdigen, ja einfühlsamen und auch nachdenklichen Menschen kennen. Wäre da nicht seine Neigung, sich unkontrolliert und wohl ohne eingehende Beratung zu äußern. Mit den Ausführungen Ackermanns zum Tod des Zurich-Finanz-Chefs konfrontiert, sagt der Münchner Kommunikationsberater und Journalist Alexander Pschera von der Agentur Maisberger: „Das hat er aus dem Impuls heraus gesagt, was ein Fehler ist.“ Er hätte seinen Rücktritt als Zurich-Aufsichtsrats-Chef nicht begründen dürfen. Pschera kennt solche Fälle: „Diese Führungskräfte glauben, sie sind so stark, dass ihnen Worte nicht schaden können.“
Foto mit der Triumph-Geste prägt das Bild von Josef Ackermann
Ein Irrtum, wie sich im Fall Ackermann wiederum zeigt. Auch mit lustig gemeinten Gesten von der Art des Siegeszeichens im Mannesmann-Prozess lag er daneben. Der Vorfall wurde zum Sinnbild für die Arroganz von Managern. Zuvor hatte auch Ackermann als Aufsichtsrat des Unternehmens nach dem Verkauf an den britischen Wettbewerber Vodafone Millionenprämien an Ex-Vorstandsmitglieder zugestimmt. Bis heute prägt das Foto mit der Triumph-Geste das Bild des Schweizers. Ungeschickte Worte und Symbole können Menschen enormen Schaden zufügen.