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Schlecker: Meike Schlecker: Es ist nichts mehr da

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Meike Schlecker: Es ist nichts mehr da

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    Meike Schlecker stand gestern stellvertretend für die Eigentümerfamilie der insolventen Drogeriekette Journalisten für Fragen zur Verfügung.
    Meike Schlecker stand gestern stellvertretend für die Eigentümerfamilie der insolventen Drogeriekette Journalisten für Fragen zur Verfügung. Foto: Foto: afp

    Ehingen Blass und ein wenig verängstigt sitzt Meike Schlecker zwischen dem vorläufigen Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz und Sami Sagur, dem Finanzchef der Drogeriekette. Medienvertreter aus ganz Deutschland haben ihre Kameras und Mikrofone vor ihnen aufgebaut. Es ist fast eine Premiere: Nach 21 Jahren tritt ein Mitglied der Familie Anton Schlecker ist pleite. Nun wollen Meike und ihr Bruder Lars zusammen mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter das Familienunternehmen retten.

    Dafür soll ein kompletter Kulturwandel eingeleitet werden. Die Einladung der Presse ins „Schleckerland“, wie das Areal rund um die einstige Trutzburg von Firmengründer Anton Schlecker heißt, gehört zu diesem Konzept dazu. Denn am Empfang der eindrucksvollen und rundum verspiegelten Zentrale, deren Äußeres jedem Bankhaus gut zu Gesicht stünde, wurde in der Vergangenheit noch beinahe jeder Journalist ausgebremst. Gestern konnte in Ruhe der Blick über die große Galerie mit ihren Kunstwerken wandern. Unwillkürlich hängen bleibt er an einem sinkenden, mächtigen Schiff, das sich offensichtlich in schwerer Seenot befindet und das in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Porträts des Firmengründers Anton Schlecker und seiner Frau Christa hängt. Wann Schlecker dieses Objekt wohl erworben hat? Bevor man die Parallelen zum Untergang des Drogerieriesen weiterspinnen kann, wird man in einen schlichten Besprechungsraum im fünften Stock geführt und mit der Botschaft beruhigt: „Der Betrieb von Schlecker läuft wieder.“

    Der vorläufige Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz habe seit gestern weitreichende Befugnisse erhalten, um nun in enger Absprache mit der Familie und dem Management die Drogeriekette zu sanieren. Spielraum hierfür schaffe das Insolvenzverfahren, da es unter anderem gewährleistet, dass in den nächsten zwei Monaten 100 bis 150 Millionen Euro an Löhnen und Gehältern nicht bezahlt werden müssen. Das übernehme die Bundesagentur für Arbeit. Mit einem Großteil der Lieferanten habe man sich geeinigt, sodass der Nachschub an Ware gewährleistet sei. Und die rund 32000 Mitarbeiter würden bis März pünktlich ihre Gehälter aus dem Insolvenzgeld erhalten. Zum Finanzierungsbedarf konnte Geiwitz noch nichts sagen. Er stehe allen seriösen Investoren – jedoch keinen „Resteaufkäufern“ – für Gespräche zur Verfügung. Auch wenn Schlecker noch einige hundert unrentable Standorte der aktuell etwas über 6000 deutschen Filialen schließt, werde das Unternehmen laut Finanzchef Sagur mehr Niederlassungen haben als die Konkurrenz zusammen. Deren Zahl bezifferte er auf rund 4000. Die Schlecker-Geschäfte seien allerdings nicht Eigentum der Firma, sondern gemietet.

    Drogeriekette: Das ist Schlecker

    Mit 21 Jahren, 1965, steigt der gelernte Metzgermeister Anton Schlecker in die väterliche Fleischwarenfabrik in Ehingen bei Ulm ein.

    Das Unternehmen erwirtschaftet damals mit 17 Metzgerei-Filialen nach eigenen Angaben einen Jahresumsatz von 7,2 Millionen Euro.

    Im gleichen Jahr gründet der Junior-Chef das erste Selbstbedienungs-Warenhaus am Rande der schwäbischen Stadt.

    Damit legt er die Basis für eine europaweit aufgestellte Drogeriemarktkette, zu der seit 2007 auch die Kette "Ihr Platz" gehört.

    Schlecker war mit etwa 10.000 Filialen, einem Umsatz von 7,42 Milliarden Euro und über 50.000 Beschäftigten Europas führender Drogeriemarkt-Unternehmer.

    Auch die deutschen Drogerieketten führte er an, gefolgt von dm und Rossmann.

    Im Januar 2012 geht Schlecker in die Insolvenz.

    Mai 2012: Schlecker wird zerschlagen. Für die insolvente Drogeriemarktkette sieht der Gläubigerausschuss "keine Perspektive" mehr.

    Im November 2017 wird Anton Schlecker wegen Bankrotts zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Seine Kinder erhalten Gefängnisstrafen.

    Finanzchef Sagur betont: „Wir glauben fest daran, dass wir als ganzes Unternehmen weiter bestehen können.“ Genug Substanz für eine Zukunft sieht auch Geiwitz. Vor allem die Kundennähe zeichne Schlecker gegenüber der Konkurrenz aus. Hinzu komme der hohe Bekanntheitsgrad der blau-weißen Marke. Und auch um das Image des schlechten Arbeitgebers endgültig abzustreifen, ist nach Einschätzung von Meike Schlecker alles unternommen worden: „Wir haben in den letzten eineinhalb Jahren viel getan“, betont sie und fügt die Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft Verdi und damit verbunden die Einführung von Tarifverträgen an. „Wir zahlen mittlerweile die höchsten Gehälter und haben langjährige Mitarbeiter“, sagt Meike Schlecker. Hinzu kämen über 1000 Betriebsräte in Deutschland. Ihr Vater Anton Schlecker stehe hinter dem neuen Konzept – auch wenn er sich nicht sehen lässt und auf der Betriebsversammlung am Nachmittag Sohn Lars sprechen wird.

    „Die Situation in unserer Familie ist schwierig“, sagt Meike Schlecker. „Wir versuchen, einen kühlen Kopf zu bewahren, und wollen für unser Unternehmen kämpfen. Wir wollen es weiterführen und so viele Arbeitsplätze wie möglich erhalten.“ Es sei bitter, so kurz vor dem Ziel gestoppt worden zu sein. Schließlich habe nur ein zweistelliger Millionenbetrag den Ausschlag für die Insolvenz gegeben. Auf die Frage, warum denn ihr Vater diese Summe nicht vorgeschossen habe, wird Meike Schlecker fast etwas ungehalten: „Ich glaube, Sie haben da etwas nicht verstanden“, sagt die 38-Jährige, „es ist nichts mehr da.“ Die Familie habe bereits aus ihrem Vermögen einen dreistelligen Millionenbetrag in die Restrukturierung gesteckt. Und

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