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Rüstung: Cassidian im Blindflug

Rüstung

Cassidian im Blindflug

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    In Manching wird am Eurofighter gearbeitet.
    In Manching wird am Eurofighter gearbeitet. Foto: Foto: dpa

    Manching Vor wenigen Jahren noch frohlockte man im Wirtschaftsraum Ingolstadt, als Cassidian – damals noch als EADS – von München nach

    Die Problemstellung für Cassidian und viele Zulieferbetriebe in Süddeutschland ist dreischichtig. Da gibt es einmal die sogenannte Tranche IIIb für Eurofighter, dann einen geplatzten Auftrag aus Indien mit einem Gesamtvolumen von 7,4 Milliarden Euro und letztlich das unbemannte Flugsystem „Talarium“. Aber der Reihe nach:

    Die Tranche IIIb Insgesamt 180 Eurofighter hat die Bundeswehr bestellt. Ein Restkontingent von 37 Maschinen mit rund drei Milliarden Euro Auftragsvolumen wurde bis ins Jahr 2017 gestreckt, der Zuschlag ist aber noch nicht sicher. Spätestens 2013 müsste er kommen, auch, weil Zulieferer sich darauf einstellen müssen. Der Eurofighter wird in Manching zusammengebaut, die Komponenten dafür kommen aus Deutschland, Großbritannien, Italien und Spanien.

    Der geplatzte Indien-Auftrag Seit zwei Jahren verhandelt man mit Indien über den Kauf von 127 Eurofightern, aber nun fiel eine Vorentscheidung für Maschinen vom Typ Rafale. Dieses Mehrzweck-Kampfflugzeug hat Frankreich nach seinem Ausstieg aus dem Eurofighter-Konsortium im Alleingang entwickelt. Hersteller ist Dassault Aviation. Nach Einschätzung von Experten liegt das Einsatzspektrum des Flugzeuges aber deutlich unter dem des Eurofighters.

    „Talarium“ Dieses unbemannte Flugsystem ist eine Eigenentwicklung von Cassidian, das sich ganz wesentlich von den Drohnen aus den USA unterscheidet: Es kann vom Start bis zur Landung alle Manöver völlig selbstständig ausführen und Aufträge nicht nur im militärischen, sondern auch im zivilen Bereich erledigen. Cassidian braucht bis zur vollständigen Entwicklung allerdings noch 400 Millionen Euro. Etwa 250 Ingenieure arbeiten an diesem Projekt.

    Soweit die überaus problematische Gemengelage. Der Rest ist relativ einfach: Kommt der Zuschlag der Bundesregierung für die „Tranche IIIb“ nicht, sind mindestens 2000 der 5500 Arbeitsplätze in Manching spätestens ab 2017 stark gefährdet,  weil auch der Auftrag aus  Indien ausbleibt. Und dann fehlt auch das Geld, um „Talarium“ in die Luft zu bringen, weil Cassidian das Forschungsprogramm aus Kostengründen vorzeitig stoppen muss.

    Und schließlich gibt es noch einige kleinere Nebenschauplätze, an denen Konzern- und Gesamtbetriebsratsvorsitzender Thomas Pretzl zurzeit agiert: Wartungsaufträge für die Transportmaschinen A400 M könnten nach Dresden gehen. Das dortige Airbus-Werk ist im Gegensatz zu Manching zwar gar nicht für solche Arbeiten gerüstet, doch da herrscht Kurzarbeit und die Bundesregierung möchte Signale in strukturschwache Gebiete schicken.

    Überhaupt die Bundesregierung: „Merkel war einfach zu zaghaft“, hätte sich Bernhard Stiedl von der Kanzlerin in Indien mehr Einsatz für den Eurofighter erhofft. Stiedl ist der Experte der IG Metall Deutschland für die militärische Luftfahrt und sitzt im Aufsichtsrat von Cassidian. Bald werden er und andere Gewerkschafter in Berlin bei allen Fraktionen vorsprechen, um aufzuzeigen, wie düster die Zukunft für die militärische Luftfahrtindustrie in Deutschland ist.

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