Es ist etwas faul im Auto-Staate Deutschland, etwas Grundsätzliches. Denn sonst würde ein jahrelang erfolgreiches Unternehmen wie BMW nicht plötzlich, wenn auch nur im ersten Quartal dieses Jahres, im Kerngeschäft in die roten Zahlen fahren. Der Verlust vor Steuern fiel mit 27 Millionen Euro spürbar aus.
Die Münchner sollten den Vorfall nicht als Ausrutscher abtun. Die Minus-Zahlen haben sie hartnäckigen europäischen Wettbewerbshütern zu verdanken, die deutschen Herstellern vorwerfen, zulasten von Bürgern ein Kartell gebildet zu haben. Weil nun BMW, auch wenn das Unternehmen alle Vorwürfe brüsk von sich weist, mit einem hohen Bußgeld rechnet, hat das Management 1,4 Milliarden Euro zurückgestellt und sich die Bilanz für die ersten drei Monate des Jahres gründlich verdorben.
Liegt also alles nur an übereifrigen Brüsseler Kartell-Rechercheuren? Kann sich BMW schütteln und weitermachen wie bisher? Wohl kaum. Auch wenn für die Verantwortlichen des Konzerns, was den Kartell-Vorwurf betrifft, die Unschuldsvermutung gilt, ist die Geschichte für sie sehr unangenehm. Das gebrannte Kartell-Kind Daimler hat sich nämlich im Gegensatz zu BMW selbst angezeigt und hofft auf einen Rabatt aus Brüssel. Vielleicht kommen die Stuttgarter als Kronzeugen sogar finanziell gänzlich ungeschoren davon, obwohl sie sich über die Entwicklung von Katalysatoren für Dieselmotoren oder Feinstaub-Partikelfilter für Benziner mit Konkurrenten abgesprochen haben sollen. Der happige Vorwurf lautet: Die deutschen Hersteller seien lange einig gewesen, Innovationen zum Schaden von Umwelt und Gesundheit von Menschen zu behindern.
An der Sache muss einfach etwas dran sein, sonst hätte sich hier nicht auch der ohnehin schon mit zweistelligen Milliardenstrafen gut eingedeckte Volkswagen-Konzern in Brüssel selbst angezeigt. Die Wolfsburger betteln förmlich um ein gnädiger ausfallendes Bußgeld. Nur BMW macht nicht den Bückling vor Brüssel.
BMW muss wohl mit einer Milliardenstrafe bluten
Fest steht auf alle Fälle: Deutsche Autobauer haben auf die zunehmend rigideren EU-Auflagen für klimafreundlichere Autos auch mit üblen Schummeleien, also Betrug reagiert. Damit schädigen die Konzerne ihr Image und fügen ihren Aktionären Leiden zu. Dass nun ausgerechnet dafür BMW wohl mit einer Milliardenstrafe bluten muss, ist besonders bitter für die Beschäftigten des Unternehmens. Denn die Münchner gelten bisher im Vergleich zu VW, Audi und Daimler vergleichsweise als Abgas-Saubermänner in der deutschen Auto-Industrie. Entsprechend groß ist der Zorn bei den Bayern auf die Selbstanzeiger aus Stuttgart.
Doch offiziell unterdrückt Konzern-Chef Harald Krüger seinem Unmut über Noch-Daimler-Boss Dieter Zetsche. Auch das ist ein Indiz dafür, dass im Auto-Staat Deutschland etwas faul ist. So arbeiten BMW und Daimler, was Zukunftstrends wie Mobilitäts-Dienstleistungen und das Autonome Fahren betrifft, zusammen. Genauer gesagt: Sie müssen als Erzrivalen zusammenarbeiten, um international überhaupt weiter vorne mitfahren zu können. Für einen der Riesen allein ist es schlicht zu teuer, alle technologischen Herausforderungen, vor denen die Branche steht, zu meistern. Schließlich muss die Autoindustrie eine Revolution mit ungewissem Ausgang finanzieren. BMW setzt weiter auf Elektroautos, optimiert aber auch nach wie vor Fahrzeuge mit konventionellem Antrieb. Konzern-Chef Krüger nennt seine kluge, aber Unsummen verschlingende Strategie „Technologie-Offenheit“. Dabei forschen die BMW-Experten natürlich weiter an der Brennstoffzelle. Wer derart viel investiert und auf Rivalen angewiesen ist, kann den Daimler-Managern nicht den Kopf waschen.
Druck auf deutsche Konzerne wie BMW wird größer
Der Druck auf die lange erfolgsverwöhnten deutschen Konzerne wird immer größer. Dabei hat BMW noch Glück, sitzt dem Unternehmen doch anders als Daimler nicht ein fordernder chinesischer Großaktionär wie Li Shufu im Nacken. Deutliches Zeichen dafür ist, dass der Kleinwagen Smart aus dem Daimler-Reich künftig wesentlich in China gefertigt werden soll, was vor Jahren noch undenkbar war.
Es ist also wirklich etwas faul im Auto-Staate Deutschland. Selbst bei BMW schleicht sich die Krise an. Die unbeschwerten Jahre mit immer neuen Rekorden – auch was die Beschäftigung betrifft – sind vorbei. Und als ob Konzern-Mann Krüger nicht ohnehin schon viel zu viele Baustellen beaufsichtigen müsste, versucht ihm Juso-Chef Kevin Kühnert auch noch eine Kollektivierungs-Debatte aufzuzwingen. Die meisten der rund 135.000 Mitarbeiter des Unternehmens nehmen das wie Gesamtbetriebsrats-Vorsitzender Manfred Schoch sicher mit Befremden auf und zweifeln, ob sie SPD wählen sollen.
Politiker wie Kühnert müssten eher Voraussetzungen schaffen, dass die E-Mobilitätswende etwa mit ausreichend Lade-Stationen wie in Norwegen auch in Deutschland gelingen kann. Doch es ist nun mal einfacher auf Stimmenfang mit Themen aus der sozialistischen Mottenkiste zu gehen.