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Roboter: Freundliche Übernahme aus Fernost: Chinesen wollen Kuka kaufen

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Freundliche Übernahme aus Fernost: Chinesen wollen Kuka kaufen

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    In Augsburg kontrolliert ein Arbeiter einen Roboter von Kuka: Der chinesische Konzern Midea will den deutschen Roboter- und Anlagenbauer übernehmen.
    In Augsburg kontrolliert ein Arbeiter einen Roboter von Kuka: Der chinesische Konzern Midea will den deutschen Roboter- und Anlagenbauer übernehmen. Foto:  Stefan Puchner/Archiv (dpa)

    Vor zwei Jahren ließ sich der Maschinenbauer Kuka etwas Besonderes einfallen, um seine Roboter in China noch besser verkaufen zu können: Timo Boll, Deutschlands As im chinesischen Nationalsport Tischtennis, wurde Markenbotschafter. Das Augsburger Unternehmen ließ zwei aufwendige Spots "Boll gegen Roboter" drehen, die mittlerweile zusammen etwa achteinhalb Millionen Mal bei der Videoplattform Youtube abgerufen wurden, und heimste reihenweise Preise für die Kampagne ein.

    Doch der Einsatz des Top-Athleten hat möglicherweise auch Begehrlichkeiten in die entgegengesetzte Richtung geweckt: Jetzt will der chinesische Haushaltsgerätehersteller Midea die Mehrheit bei Kuka übernehmen. Midea hat ein Angebot an die Aktionäre gemacht, will sich so mindestens 30 Prozent der Anteile sichern und würde damit größter Eigner des bayerischen Roboter- und Logistikspezialisten.

    Chinesische Unternehmen kaufen sich in Firmen in Deutschland ein

    Chinesische Unternehmen kaufen sich seit einigen Jahren in Firmen in Deutschland ein. Beispiele:

    EEW ENERGY: Die chinesische Holding Beijing Enterprises gibt Anfang Februar bekannt, den Spezialisten in der Müllverbrennung EEW Energy from Waste aus Helmstedt für rund 1,44 Milliarden Euro zu übernehmen.

    KRAUSSMAFFEI: Der Spezialmaschinenbauer wurde im Januar von ChemChina, dem größten Chemiekonzern Chinas, für 925 Millionen Euro gekauft. ChemChina kam unlängst erneut in die Schlagzeilen - mit einem 43-Milliarden-Dollar-Angebot für den Schweizer Agrarchemie-Anbieter Syngenta.

    KOKI TECHNIK TRANSMISSION SYSTEMS: Das chinesische Unternehmen Avic Electromechanical Systems übernimmt 2014 den sächsischen Autozulieferer. Ein Kaufpreis wird nicht genannt.

    HILITE: Avic übernimmt 2014 für 473 Millionen Euro den deutschen Autozulieferer.

    TAILORED BLANKS: Der Industriekonzern Thyssenkrupp schließt 2013 den Verkauf seiner Tochter an den chinesischen Stahlkonzern Wuhan Iron and Steel ab. Zum Preis machen beide Seiten keine Angaben.

    KION: 2012 steigt der chinesische Nutzfahrzeugproduzent Weichai Power beim Gabelstaplerhersteller Kion ein. Die Chinesen kaufen zunächst für 467 Millionen Euro 25 Prozent an Kion und steigern 2015 ihren Anteil auf 38,25 Prozent. Außerdem erhält der Investor für 271 Millionen Euro eine Mehrheitsbeteiligung von 70 Prozent an der Hydrauliksparte Kions.

    KION: 2012 steigt der chinesische Nutzfahrzeugproduzent Weichai Power beim Gabelstaplerhersteller Kion ein. Die Chinesen kaufen zunächst für 467 Millionen Euro 25 Prozent an Kion und steigern 2015 ihren Anteil auf 38,25 Prozent. Außerdem erhält der Investor für 271 Millionen Euro eine Mehrheitsbeteiligung von 70 Prozent an der Hydrauliksparte Kions.

    KIEKERT: Der Weltmarktführer für Pkw-Schließsysteme, Kiekert, ging 2012 in chinesische Hände. Der Hersteller aus Heiligenhaus bei Düsseldorf wurde vom börsennotierten chinesischen Automobilzulieferer Lingyun übernommen.

    Bislang hält Midea bereits mehr als 13 Prozent der Kuka-Papiere, den Zukauf will sich der größte Haushaltsgerätehersteller Chinas noch einmal mindestens etwa 750 Millionen Euro kosten lassen. Pro Aktie will Midea 115 Euro zahlen. Durch die Ankündigung schoss der Kurs der Augsburger am Mittwoch an der Frankfurter Börse um rund 13 Prozent auf 110 Euro nach oben.

    Der bislang größte Kuka-Anteilseigner, die Voith-Gruppe aus Heidenheim in Baden-Württemberg, reagierte auf das Vorpreschen aus Fernost wortkarg. "Wir beobachten die weitere Entwicklung und werden uns, wenn es etwas von Seiten Voith zu sagen gibt, wieder äußern", erklärte Sprecher Lars Rosumek. Unabhängig davon sei Voith mit dem Investment bei Kuka "gut positioniert" und "sehr zufrieden". Voith hält seit November 2014 25,1 Prozent an Kuka - und kann damit wichtige Entscheidungen auf Hauptversammlungen stoppen.

    Kuka: Das ist der Augsburger Roboterbauer

    Kuka ist ein Roboter- und Anlagenbauer mit Hauptsitz in Augsburg. In seiner Branche zählt Kuka zu den weltweit führenden Unternehmen. Bei Kuka arbeiten rund 14.256 Mitarbeiter.

    Die Wurzeln von Kuka reichen bis ins Jahr 1898 zurück. Johann Josef Keller und Jakob Knappich gründeten damals das Acetylenwerk Augsburg. Ihr Ziel: die Produktion von kostengünstigen Haus- und Stadtbeleuchtungen. Doch bereits sieben Jahre danach weitete das Unternehmen die Produktion auf die neue Erfindung des Autogen-Schweißens aus.

    Aus den Anfangbuchstaben der Unternehmensbezeichnung "Keller und Knappich Augsburg" entstand schließlich der Name Kuka.

    Kuka wurde 1966 Marktführer bei Kommunalfahrzeugen in Europa. Auch weltweit wurden diese Fahrzeuge für Entsorgungs- und Reinigungsaufgaben bekannt. Der Kuka-Müllwagen war ein Begriff.

    1973 schrieb Kuka Geschichte als Robotik-Pionier und entwickelt den Famulus - den weltweit ersten Industrieroboter mit sechs elektromechanisch angetriebenen Achsen. Das waren die Anfänge der heute auf Roboter- und Anlagenbau konzentrierten Firma.

    Die Aufträge des Unternehmens kommen heute vor allem aus der internationalen Autoindustrie. Immer öfter liefert das Unternehmen aber auch an andere Branchen. Bei Bosch Siemens Hausgeräte in Dillingen helfen die Kuka-Roboter beispielsweise schon lange bei der Produktion der Spülmaschinen. In der Robotersparte machte die Zahl der Aufträge aus der General Industry, also allen Branchen abseits der Autofertigung, 2015 bereits mehr als ein Drittel aller Aufträge aus. Mit der neuen Tochterfirma Swisslog, die unter anderem in der Krankenhauslogistik tätig ist, will sich Kuka nach eigener Aussage noch unabhängiger von der schwankenden Autoindustrie machen.

    Roboter werden immer intelligenter und arbeiten Hand in Hand mit Menschen. Die elektronischen Helfer sind mit einer zunehmend raffinierteren Software und Sensorik ausgestattet. Kuka ist längst auch ein IT-Konzern. Die Verknüpfung von Mechanik, also Robotergehäusen mit Elektronik, Informationstechnologie und selbst entwickelten Steuerungen lassen Kuka-Chef Till Reuter auf neue Kunden hoffen. "Industrie 4.0" heißt das Schlagwort. Die Augsburger gelten hier weltweit als Pioniere.

    Für Kuka geht es seit Jahren aufwärts. 2017 betrug der Umsatz rund 3,5 Milliarden Euro, davon entfallen 1,2 Milliarden auf den Geschäftsbereich Robotics.

    Einer der wichtigsten Wachstumsmärkte von Kuka ist China. Seit 2000 ist Kuka hier präsent. Im Dezember 2013 ging eine neue Fertigungsstätte in Shanghai in Betrieb. In einem Werbespot konnte man sehen, wie sich der in China sehr bekannte deutsche Tischtennisstar Timo Boll mit einem Kuka-Roboter duelliert.

    Die Roboter von Kuka hatten auch schon einen Auftritt im Kino: im James-Bond-Film "Die Another Day".

    Chef des Unternehmens ist Till Reuter. Als er 2009 die Führung des Augsburger Roboter- und Anlagenbauers übernahm, kannte Till Reuter kaum einer in der Region. Reuter, Jahrgang 1968, hatte zuvor als Wirtschaftsjurist, Rechtsanwalt und Investmentbanker für Adressen wie die Deutsche Bank, Lehman Brothers und Morgan Stanley gearbeitet.

    Nachdem sich die Familie Grenzebach aus dem kleinen nordschwäbischen Ort Hamlar nach einer langen Phase als bestimmender Aktionär zurückgezogen hat, übernahm diese Schlüsselposition das baden-württembergische Familienunternehmen Voith. Der Investor aus Heidenheim hält 25,1 Prozent an dem Roboterbauer, besitzt also eine Sperrminorität. Gegen Voith läuft nichts bei Kuka.

    Mit Kuka haben sich die Chinesen eines der deutschen Vorzeigeunternehmen ausgesucht, das bei der auch von Bundeskanzlerin Angela Merkel vorangetriebenen Industrie 4.0 führend ist - also der kompletten Vernetzung und Digitalisierung der Industrie. Vor rund einem Jahr besuchte die CDU-Chefin, den Kuka-Sitz in Augsburg, um sich dort die neuesten Leichtbauroboter vorführen zu lassen.

    Dass die Augsburger heute ein weltweit begehrter Maschinenbauer sind, war vor wenigen Jahren nicht absehbar. Als Vorstandschef Till Reuter 2009 zu Kuka kam, war das Unternehmen von der Banken- und Automobilkrise gebeutelt, steckte in tiefroten Zahlen fest, musste hohe Millionenverluste verkraften und der damalige Vorstand und der damalige Großinvestor waren heillos zerstritten.

    Doch der studierte Jurist und frühere Investmentbanker Reuter hat Kuka seitdem zu alter Stärke zurückgeführt: In diesem Jahr will der 48-Jährige einen Umsatz von mehr als 3 Milliarden Euro und ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) von mehr als 155 Millionen Euro erwirtschaften. Bis 2020 peilt Reuter einen Umsatz von 4 bis 4,5 Milliarden Euro an.

    Als vor zwei Monaten erste Aufregung um Midea bei Kuka aufkam - die Chinesen hatten gerade die 10-Prozent-Marke geknackt - reagierte Reuter gelassen auf die Übernahmespekulationen. Midea sei eine Chance für das China-Geschäft seines Unternehmens, meinte der Vorstandschef damals. Bei dem fernöstlichen Hersteller von Haushaltsgeräten gebe es noch viele Möglichkeiten, die Automatisierung voranzutreiben.

    Auch bei der Abgabe ihres Übernahmeangebot versuchten die Chinesen, bei den rund 12 300 Kuka-Beschäftigten und den Kunden keine Unruhe aufkommen zu lassen. Es sei nicht die Absicht, die Unabhängigkeit der börsennotierten Gesellschaft anzutasten oder einen Beherrschungsvertrag abzuschließen, teilte Midea mit. Auch der Sitz in Augsburg, die deutsche Belegschaft und das aktuelle Management sollen nicht angetastet werden.  (dpa)

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