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Regionalzüge: Schwäbischer Bahn-Krimi um Go-Ahead: Schweizer bleiben hart

Regionalzüge

Schwäbischer Bahn-Krimi um Go-Ahead: Schweizer bleiben hart

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    Seit Dezember fahren die Intercitys zwischen München und Zürich elektrisch durchs Allgäu. Um die künftigen Regionalzüge gibt es jetzt einen handfesten Krach.
    Seit Dezember fahren die Intercitys zwischen München und Zürich elektrisch durchs Allgäu. Um die künftigen Regionalzüge gibt es jetzt einen handfesten Krach. Foto: Ralf Lienert (Archiv)

    Im schwäbischen Bahn-Krimi geht es Schlag auf Schlag. Nachdem sich nach den gescheiterten Verhandlungen um 22 Züge für das Allgäuer Regionalnetz der britische Eisenbahnbetreiber Go-Ahead enttäuscht zu Wort gemeldet hat, legen die Verantwortlichen des Schweizer Zugherstellers Stadler nach.

    Seitens des Managements des eidgenössischen Konzerns herrscht Unverständnis über die Ankündigung der in Augsburg sitzenden bayerischen Tochter von Go-Ahead, notfalls ohne die bei den Schweizern bestellten Züge im Dezember im Allgäu zu starten.

    Schweizer befürchten russische Industrie-Spionage – die Russen weisen das zurück

    Silja Kollner, Leiterin Kommunikation und Marketing von Stadler Deutschland, sagte am Freitag unserer Redaktion. „Es ist für uns unverständlich, dass Go-Ahead Bayern die Bestellung von Ersatzverkehr in Erwägung zieht.“ Für die 22 Züge, die auf der Strecke München-Buchloe-Memmingen-Kißlegg-Hergatz-Lindau fahren sollen, liege bereits eine Zulassung des Eisenbahnbundesamtes vor. Wie es heißt, sei ein großer Teil der Züge fertig. Die gesamte „Flotte“ könnte schon im Sommer bereitstehen, verlautet aus gut unterrichteten Kreisen.

    Doch wenn die Briten weiter auf stur schalten, weil der Streit mit den Schweizern nicht gelöst wird, müssten sie Ende des Jahres mit geliehenen Zügen starten. Kern der heftigen Auseinandersetzung zwischen Stadler und Go-Ahead ist der Umstand, dass die Briten für die Wartung der Züge in einem neuen Werk in Langweid bei Augsburg das Tochter-Unternehmen TMHI des russischen Zug-Herstellers TMH Group und damit einen Konkurrenten von Stadler engagiert haben.

    Die Schweizer sprechen ihre Angst offen aus: „Unsere größte Sorge ist, dass entgegen den Vereinbarungen, die wir mit Go-Ahead getroffen haben, wichtige Unterlagen über unsere Züge dem russischen, stark expandierenden Wettbewerber in die Hände fallen.“ Es steht also der Verdacht einer möglichen Industrie-Spionage in Langweid bei Augsburg im Raum. Die Russen haben das gegenüber unserer Redaktion vehement zurückgewiesen.

    Stadler argumentiert, es sei üblich, einen Dritten mit Instandhaltung zu beauftragen

    Doch die Verantwortlichen von TMHI konnten dabei nicht die Sorgen der Stadler-Manager zerstreuen. So scheiterte ein Versuch, die Differenzen in einem Gespräch zwischen Vertretern von Go-Ahead Bayern und Stadler beizulegen. Doch nach Informationen unserer Redaktion ist der Gesprächsfaden nicht abgerissen. Stadler-Sprecherin Kollner sagte: „Die aktuellen Gespräche wurden durch uns initiiert. Wir bedauern, dass keine Einigung erzielt wurde.“ Stadler sei nach wie vor zu Gesprächen bereit und hoffe, zügig eine Einigung bezüglich der Unstimmigkeiten mit Go-Ahead zu erzielen.“

    Diese Unstimmigkeiten haben es allerdings in sich und offenbaren bei näherer Betrachtung fundamental gegensätzliche Positionen zwischen den Schweizern auf der einen, und den Briten und den Russen auf der anderen Seite. Denn die Stadler-Leute argumentieren, dass es zwar in der Branche üblich sei, einen Dritten mit der Instandhaltung von Zügen zu beauftragen. Es verstoße aber gegen die Praxis in dem Wirtschaftszweig, ein solches drittes Unternehmen zu engagieren, das letztlich zu einem Wettbewerber gehört, der selbst Züge herstellt.

    Zughersteller fürchten mögliche Dumpingpreise der Russen auf dem Markt

    Wie aber in Bahnindustriekreisen zu erfahren ist, befürchten Stadler und andere Zughersteller, die auch selbst rege im Wartungsgeschäft aktiv sind, dass die Russen es über die Station Langweid schaffen könnten, mit Dumpingpreisen auf dem deutschen Markt für die Instandhaltung Fuß zu fassen. Dem Vernehmen nach soll es solche Bedenken auch bei Siemens geben. Der deutsche Zughersteller ist ebenfalls Teil des bayerisch-britisch-schweizerischen Bahn-Krimis. Go-Ahead hat bei Siemens sogar noch mehr Züge – nämlich 56 – als bei Stadler für den Einsatz in Bayern bestellt.

    Sie sollen allerdings erst ab Dezember 2022 auf den Strecken Ulm-Augsburg-München, Würzburg-Ansbach-Treuchtlingen-Donauwörth-Augsburg sowie Aalen-Nördlingen-Donauwörth fahren. Siemens gibt sich offiziell deutlich zurückhaltender bei dem heiklen Thema als die Schweizer. Die Stadler-Manager beharren unverdrossen auf ihrer Position. Unternehmens-Sprecherin Kollner betonte: „Der bestehende Vertrag untersagt, die Wartungsleistungen an einen Wettbewerber von Stadler zu vergeben.“ Das beauftragte Unternehmen TMHI sei wie Stadler in der Entwicklung, Produktion und Instandhaltung von Schienenverkehrsfahrzeugen tätig. Die Schweizer stehen also auf dem Standpunkt: „Damit sind die Vertragsbedingungen seitens Go-Ahead nicht erfüllt.“

    Übrigens wartet Stadler in Baden-Württemberg selbst Regionalzüge und ist in Bayern auf diesem finanziell lukrativen Feld nicht zum Zug gekommen. Dabei hat der Streit zwischen Stadler und Go-Ahead auch eine innerschweizerische Komponente: Denn die Bahn-Instandhaltungstruppe der Russen sitzt im eidgenössischen Ort Zug.

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