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Praktiker News: Praktiker vor der Pleite: 20 000 Mitarbeiter gefährdet

Praktiker News

Praktiker vor der Pleite: 20 000 Mitarbeiter gefährdet

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    Seit 2011 suchte Praktiker einen Weg aus der Krise. Der Baumarkt steht jetzt vor der Pleite.
    Seit 2011 suchte Praktiker einen Weg aus der Krise. Der Baumarkt steht jetzt vor der Pleite. Foto: Daniel Reinhardt dpa

    Schlechte Nachrichten von der Baumarkt-Kette Praktiker: Die Bemühungen zur Rettung vor dem Aus sind vorerst gescheitert. Das Unternehmen teilte am Mittwochabend mit, die Verhandlungen über eine finanzielle Sanierung seien erfolglos verlaufen.

    Praktiker insolvent: Sanierung vorerst gescheitert

    Es sei nicht gelungen, eine tragfähige Anschlussfinanzierung zu finden. Ziel der Sanierung war der Umbau etlicher Praktiker-Filialen auf die ertragsstärkere Marke Max Bahr. Praktiker sollte als Discount-Schiene mit verkleinertem Angebot dienen. Einzelne Gläubigergruppen hätten nicht zugestimmt.

    Schlecker - von der Pleite zum Ermittlungsverfahren

    Nach der Pleite der ehemals größten deutschen Drogeriemarktkette Schlecker wurden schwere Vorwürfe gegen den Firmengründer laut. Medien berichteten, womöglich sei viel Geld beiseitegeschafft und dem Zugriff der Gläubiger entzogen worden. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Anton Schlecker. Ein Überblick:

    23. Januar 2012: Anton Schlecker e.K., die Schlecker XL GmbH und die Schlecker Homeshopping GmbH melden Insolvenz an, später folgt die Schlecker-Tochter IhrPlatz Gmbh & Co. KG.

    1. Juni 2012: Die größten Gläubiger kommen in Berlin zusammen und stimmen für die Abwicklung des Unternehmens.

    4. Juni 2012: Die Schlecker-Insolvenzverwaltung will prüfen, wie viel Geld sie aus dem verbliebenen Vermögen der Familie Schlecker holen kann. Sollte Anton Schlecker nach dem Insolvenzrecht beanstandbares Vermögen an Angehörige übertragen haben, könne dies auf bis zu fünf Jahre zurück rückgebucht werden.

    5. Juni 2012: Bei einem Treffen in Ulm beschließt die Gläubigerversammlung das endgültige Aus von Schlecker. Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz zufolge werden Forderungen in Höhe von 665 Millionen Euro angemeldet. Auch die Schlecker-Kinder Lars und Meike haben millionenschwere Forderungen: Meike Schlecker will 48,43 Millionen Euro und ihr Bruder 48,9 Millionen Euro, heißt es in der Forderungsliste.

    11. Juni 2012: Die Staatsanwaltschaft Stuttgart will prüfen, ob die Unternehmenspleite mit möglichen Straftatbeständen in Verbindung steht.

    27. Juni 2012: Es wird bekannt, dass Anton Schlecker sein Privathaus im Wert von zwei Millionen Euro vor der Insolvenz an seine Frau übertragen hat. Ein weiteres Grundstück soll an seinen Sohn gegangen sein.

    8. Juli 2012: Frühere Berater werfen Anton Schlecker schwere Fehler vor. Der Unternehmer habe bei einem Restrukturierungsprogramm nicht über Finanzierungsfragen sprechen wollen. Außerdem habe er die Schließung unrentabler Filialen verhindert.

    18. Juli 2012: Die Staatsanwaltschaft Stuttgart leitet ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Untreue, Insolvenzverschleppung und Bankrott gegen Anton Schlecker und 13 weitere Beschuldigte ein.

    Dadurch flossen Verkaufserlöse nicht, die schon im Finanzierungskonzept aus dem Jahr 2012 fest eingeplant waren. So sollte eine Luxemburger Tochter ursprünglich verkauft werden.  

    Harter Winter sorgte beim Baumarkt für tief rote Zahlen

    Praktiker schreibt seit Jahren rote Zahlen, die Sanierung war in vollem Gange. Die Geschäftsentwicklung der Praktiker AG aber sei ins zweite Quartal 2013 hinein durch den schneereichen langen Winter, anhaltend niedrige Temperaturen und einen damit verbundenen massiven Einbruch der Baumarktkonjunktur stark beeinträchtigt worden, schrieb der Vorstand. Dadurch seien die "positiven Effekte" der Neupositionierung überlagert worden. "Der Konzern geriet dadurch in eine angespannte Liquiditätssituation."

    Damit ist die Praktiker AG überschuldet und zahlungsunfähig, wie es hieß. Neben dem Insolvenzgrund der Überschuldung sei auch die tatsächliche Zahlungsunfähigkeit  der Praktiker AG gegeben.

    Praktiker News: Rabattstrategie führt in die Krise

    In die Schieflage war die Kette unter anderem auch geraten, weil  der Verkauf der luxemburgischen Tochtergesellschaft Bâtiself  scheiterte, dessen Erlös fest eingeplant gewesen war..Außerdem war Praktiker durch eine fehlgeschlagene Rabattstrategie in eine schwere Krise geraten und hatte erst im vergangenen Jahr seine Finanzierung für die nächsten Jahre sichern können.

    In Kürze soll nun für die Praktiker AG und mehrere operative Teilgesellschaften beim zuständigen Amtsgericht die Eröffnung von Insolvenzverfahren beantragt werden. Das geht aus einem Schreiben des Praktiker-Vorstands an die Mitarbeiter hervor.

    Der Niedergang von Neckermann.de

    2006: Aus der Neckermann Versand AG wird Neckermann.de. Die Umbenennung steht für den neuen Fokus auf Online-Versandhandel.

    2007: Das Unternehmen wird mehrheitlich an den US-Investor Sun Capital verkauft, ein Stellenabbau folgt.

    2010: Nach der Pleite des KarstadtQuelle-Nachfolgers Arcandor übernimmt Sun Capital auch die übrigen Anteile an Neckermann.de. Der Versandhändler hat sich nach Verlusten mit einem starken Wachstum im Online-Geschäft wieder berappelt.

    April 2012: Das Unternehmen will mehr als jede zweite Stelle streichen, verabschiedet sich aus dem schrumpfenden Kataloggeschäft und will nun voll auf den Online-Handel setzen. Es war Berichten zufolge zurück in die Verlustzone gerutscht. 1380 Jobs sollen entfallen, der größte Teil am Stammsitz in Frankfurt.

    Das Logistikzentrum in Frankfurt, das vor allem Textilien ausliefert, soll dichtgemacht, das Eigentextilsortiment und die Kataloge sollen eingestellt werden. Gewerkschaft Verdi und Betriebsrat reagieren entsetzt. Sie wollen in Verhandlungen mit der Unternehmensleitung möglichst viele Arbeitsplätze erhalten.

    Mai 2012: Der Betriebsrat legt ein grobes Konzept zum Erhalt Hunderter Arbeitsplätze vor. Er will entgegen den Plänen der Geschäftsleitung am eigenen Textilangebot festhalten. Das Logistikzentrum in Frankfurt könne zum Online-Dienstleister für stationäre Textilketten werden. Geschäftsleitung und der Finanzinvestor Sun Capital lehnen das Alternativkonzept nach Angaben der Gewerkschaft jedoch ab.

    Juni 2012: Die Gewerkschaft Verdi verlangt einen Tarifvertrag, in dem ein Sozialplan und eine Beschäftigungsgesellschaft geregelt sind. Eine erste Verhandlungsrunde mit dem Unternehmen endet ergebnislos. Die Beschäftigten reagieren mit Streiks.

    Juli 2012: Neckermann.de stellt Insolvenzantrag. Der Eigentümer, der US-Finanzinvestor Sun Capital, stellt keine weiteren Mittel für die Finanzierung zur Verfügung. Der Investor hält eine nach schwierigen Verhandlungen erzielte Lösung zwischen Management und Gewerkschaft Verdi zum geplanten Stellenabbau für nicht tragfähig.

    Das Unternehmen mit Sitz in Hamburg und im saarländischen Kirkel  hat rund 20.000 Mitarbeiter und  betreibt nach Firmenangaben fast 430 Bau- und Heimwerkermärkte in neun Ländern, davon über 300 in Deutschland. 2005 ging es an die Börse. Im vergangenen Jahr  erwirtschaftete die AG nach eigenen Angaben einen Umsatz von ungefähr drei  Milliarden Euro.

    Max Bahr nicht von Insolvenz betroffen

    Die ertragsstärkere Tochter Max Bahr sowie das Auslandsgeschäft sind von der Insolvenz aber nicht betroffen, wie es in dem Schreiben heißt.

    Bei der Sanierung sollte Max Bahr zur tragenden Säule des Unternehmens gemacht werden, wie Praktiker-Vorstandschef Armin Burger angekündigt hatte. "Mit Max Bahr haben wir Jahr für Jahr Geld verdient, mit Praktiker nicht." Gegenwärtig gibt es bundesweit rund 132 Max-Bahr-Märkte, zum Ende des Jahres sollten es 200 sein. Auch aus dem Ausland, unter anderem der Türkei und aus Luxemburg, hatte sich Praktiker zurückgezogen

    Mit einem Bündel von Maßnahmen bemühten sich wechselnde Vorstandschefs um eine Stabilisierung des Unternehmens, das zudem noch durch strategische Differenzen zwischen Aktionärsgruppen und Vorstand belastet wurde. Zuletzt wurden der Einkauf gestrafft, die Konzernzentrale aus dem Saarland nach Hamburg verlegt, ein Sanierungsbeitrag der Mitarbeiter erwirkt und Mietverträge nachverhandelt. (AZ/afp/dpa)

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