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Präsidentenwechsel: Ein Unternehmer an der Spitze des Bauernverbands

Präsidentenwechsel

Ein Unternehmer an der Spitze des Bauernverbands

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    Joachim Rukwied ist neuer Präsident des Deutschen Bauernverbandes.
    Joachim Rukwied ist neuer Präsident des Deutschen Bauernverbandes. Foto: dpa

    Der neue Mann an der Spitze des Deutschen Bauernverbandes (DBV) wirkte fast ein wenig schüchtern, als er gestern nach einer kraftvollen Abschiedsrede von Gerd Sonnleitner seine Bewerbungsrede vortrug. Dabei war schon vor der Abstimmung der knapp 600 Delegierten beim Deutschen Bauerntag in Fürstenfeldbruck klar, dass Joachim Rukwied Präsident würde.

    Der 51-jährige Ackerbauer ist ein Wunschkandidat

    Der 51-jährige Ackerbauer und Winzer aus Eberstadt im baden-württembergischen Landkreis Heilbronn, ein hochgewachsener schlanker Mann, war der Wunschkandidat seines Vorgängers Gerd Sonnleitner. Das Ergebnis von 95,4 Prozent Jastimmen entsprach dann auch ganz den Erwartungen. Die baden-württembergischen Delegierten waren auf den Moment der Verkündigung vorbereitet. Wie auf Kommando erhoben sie sich von ihren Sitzen, um zum Aufstieg ihres Landesbauernpräsidenten schwarz-goldene Fahnen und Wimpel zu schwenken.

    Die Herausforderungen seien gewaltig, doch die Chancen stünden nicht schlecht, sagte Rukwied mit Blick auf die Ernährungssicherung und die Energiewende: „Ich bin überzeugt, dass die Landwirtschaft eine der Schlüsselbranchen des 21.Jahrhunderts ist.“ Er selbst bewirtschaftet im eigenen Betrieb 290 Hektar mit Getreide, Zuckerrüben, Raps, Körnermais und Kohl sowie acht Hektar mit Wein. Zudem ist er an einer Ackerbau-Kooperation und einer GbR mit 285 Hektar beteiligt. Die Basis für seine unternehmerischen Ambitionen hatte Rukwied, der auch Aufsichtsrat bei Südzucker und Vorsitzender des Verbandes baden-württembergischer Zuckerrübenanbauer ist, schon in seinem Landwirtschaftsstudium in Nürtingen gelegt. Er wählte den Schwerpunkt Betriebswirtschaft. Im Bauernverband engagiert sich der Vater von drei Kindern und frühere Gemeinde- und Kreisrat der CDU, „damit die politischen Rahmenbedingungen stimmen“ – wie zuvor Gerd Sonnleitner.

    Dieser bemühte sich in seiner Abschiedsrede nach 15 Jahren als deutscher Bauernpräsident, keine allzu große Rührung aufkommen zu lassen. Als Präsident des Europäischen Bauernverbandes Copa, der er noch bis 2013 ist, konzentrierte er sich auf akute politische Problemfelder: Er warnte vor einer Rückkehr zur D-Mark, zum Franc und zur Lira. Denn dies hätte aufwertungsbedingte Wettbewerbsnachteile für die Bauern zur Folge.

    Landwirtschaft von Schuldenkrise unmittelbar betroffen

    Von der epochalen Staatsschulden- und Bankenkrise sei die Landwirtschaft unmittelbar betroffen. Eine handlungsfähige EU und eine stabile Euro-Zone sei Voraussetzung, um die gemeinsame Agrarpolitik in Europa für die Zeit von 2014 bis zum Jahr 2020 wetterfest zu machen.

    In der Debatte um die Agrarreform bekräftigte er seine Kritik an der von EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos geplanten Ökologisierung von sieben Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Sonnleitner nennt dieses „Greening“ eine „Stilllegungsidee aus dem letzten Jahrhundert“. Unzufrieden ist er auch, dass kein Gesetzesentwurf in Sicht sei, um den Flächenverbrauch – in Deutschland täglich 90 Hektar – zu stoppen. Selbst der Netzausbau ohne angemessene Entschädigung für die Bauern gehe auf Kosten landwirtschaftlichen Bodens.

    Der bayerische Bauernpräsident Walter Heidl hatte das Thema – eines der wichtigsten Anliegen dieses Bauerntags – schon angesprochen: „Es ist absurd, dass für eine ökologische Maßnahme ökologische Ausgleichsflächen verlangt werden.“ Sonnleitner forderte, den naturschutzfachlichen Ausgleich auf die Entsiegelung zu lenken.

    „Wann endlich kapiert man, dass landwirtschaftliche Flächen nicht freie Verfügungsmasse sind, sondern mittlerweile ein knappes Gut?“, wetterte Sonnleitner und fügte hinzu: „Stattdessen lese ich in grünen Koalitionsverträgen viel von Ökolandbau und Extensivierung.“

    Sonnleitner hielt kaum Rückschau. „Unter dem Strich“, resümierte er aber, „ist die Bilanz ausgeglichen.“ Seine Kollegen ermutigte er, „bäuerliches Unternehmertum selbstbewusst weiterzuverfolgen, die Verantwortung für die Gesellschaft, die Verankerung im ländlichen Raum aber nicht aus den Augen zu verlieren“. Die Delegierten quittierten seine Rede stehend mit minutenlangem Applaus.

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