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Porträt: Thyssenkrupp-Chefin Merz: Die mächtigste Frau der deutschen Industrie

Porträt

Thyssenkrupp-Chefin Merz: Die mächtigste Frau der deutschen Industrie

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    Martina Merz, Vorstandsvorsitzende von Thyssenkrupp.
    Martina Merz, Vorstandsvorsitzende von Thyssenkrupp. Foto: Rolf Vennenbernd, dpa

    Die Bundesregierung plant eine Frauenquote für die Vorstände börsennotierter Unternehmen, dort sind Frauen spärlich vertreten. Eine der wenigen Ausnahmen: Martina Merz, 57, die seit Oktober vergangenen Jahres den Stahlkonzern Thyssenkrupp führt und schon als mächtigste Frau der deutschen Wirtschaft bezeichnet wurde.

    Paradoxerweise steht sie als Frau an der Spitze eines Stahlproduzenten nicht so im Rampenlicht, wie man meinen könnte. Dabei hätte Merz – kurz vor der früheren SAP-Chefin Jennifer Morgan – die erste Vorstandschefin eines Dax-Konzerns überhaupt werden können, wenn Thyssenkrupp nicht wenige Wochen zuvor aus der ersten Börsenliga abgestiegen wäre.

    Thyssenkrupp: Konzern mit 160.000 Mitarbeitern in der Dauerkrise

    Ob Frau oder Mann – man kann sich fragen, ob es eine beneidenswerte Aufgabe ist, Thyssenkrupp zu führen. Der Konzern mit rund 160.000 Mitarbeitern ist chronisch defizitär, schlingert seit Jahren. Der frühere Chef Heinrich Hiesinger warf nach knapp acht Jahren 2018 hin, Nachfolger Guido Kerkhoff hielt sich nur wenige Monate, danach sollen bekannte (männliche) Top-Manager nur noch abgewunken haben. Martina Merz sprang ein, die Aufsichtsrätin übernahm selbst das Steuer.

    Zentrale von Thyssenkrupp in Essen: Das Traditionsunternehmen schreibt beim Stahl tiefrote Zahlen.
    Zentrale von Thyssenkrupp in Essen: Das Traditionsunternehmen schreibt beim Stahl tiefrote Zahlen. Foto: Marcel Kusch, dpa

    Dass Merz nicht wie ein Siemens-Chef Joe Kaeser oder früher Deutsche-Bank-Boss Josef Ackermann in der Öffentlichkeit präsent ist, liegt vielleicht an ihrem Selbstverständnis. „Ich bin nicht dorthin gekommen, wo ich heute stehe, weil ich eine Frau bin“, sagte sie im Frühjahr. „Vielmehr glaube ich, dass es hilft, wenn man nicht eitel ist.“

    Martina Merz: "Ich bin nicht dorthin gekommen, weil ich eine Frau bin"

    Martina Merz drängt nicht in den Vordergrund, setzt auf Teamarbeit. Und doch kann sie durchgreifen, führen, harte Entscheidungen treffen. Merz nennt die Schriftstellerin Simone de Beauvoir als ihr Vorbild, findet „solche Frauen beeindruckend, die ihr Schicksal selbst gestalten“. Statt der geplanten 6000 Stellen will Thyssenkrupp aktuell nun 11.000 Jobs streichen.

    Martina Merz stammt aus dem kleinen Ort Durchhausen im Kreis Tuttlingen. Ihre Mutter hat es nach dem Krieg auf der Flucht aus Ostpreußen dorthin verschlagen, diese lebt nach dem Motto „Hilf dir selbst!“, gründet im Ort die erste Fußball-Damenmannschaft, berichtete einmal die Zeit. Die Tochter geht auf die Realschule, dann auf das technische Gymnasium, studiert Maschinenbau, fängt bei Bosch an. Zweimal verkauft Bosch ihren Geschäftsbereich, zweimal geht Martina Merz mit und führt am Ende als Chefin die abgetrennte Bremsen-Sparte als eigenständiges Unternehmen fort. Später arbeitet sie als Beraterin und mehrfache Aufsichtsrätin – eine mutige, steile Karriere.

    Anderen Frauen Tipps zu geben, verkneift sich Martina Merz aber. Verheiratet ist sie nicht. „Ich selbst habe keine Kinder, deshalb taugt meine Karriere nur bedingt als Rollenvorbild für Frauen“, sagt sie.

    Dafür liegt heute die Zukunft des größten deutschen Stahlkonzerns in ihren Händen.

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