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Porträt Madeleine Schickedanz: Vom Schmerz einer Patriarchin

Porträt Madeleine Schickedanz

Vom Schmerz einer Patriarchin

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    «Stern»: Schickedanz haftet mit 215 Mio Euro
    «Stern»: Schickedanz haftet mit 215 Mio Euro Foto: DPA

    Der Schmerz, besitzlos zu sein, ist weit leichter zu ertragen als der, besitzlos zu werden, schreibt der römische Philosoph Seneca. Madeleine Schickedanz weiß nicht, wie es sich anfühlt, besitzlos zu sein. Sie wurde reich geboren.

    Ihre Eltern bauten nach dem Krieg das Versandhaus Quelle auf, von dessen Erträgen die Familie all die Jahrzehnte sorgenfrei lebte. Doch Besitz ist vergänglich. Und Madeleine Schickedanz könnte schon bald jenen bislang unbekannten Schmerz verspüren, den Seneca beschreibt.

    Die Pleite des Quelle-Mutterkonzerns Arcandor hat große Teile des Schickedanz-Reichtums vernichtet. "Ich habe mich mit meinem gesamten Vermögen engagiert und mich damit nach landläufiger Auffassung weit über jedes vertretbare Maß ins Risiko begeben", wehrte sich die 65-Jährige am Tag der Insolvenz gegen Kritiker, die ihr vorwarfen, den Konzern im Stich gelassen zu haben. Offenbar hat Madeleine Schickedanz tatsächlich alles verpfändet, was ihr in Deutschland persönlich und alleine gehört. Das berichtet das Nachrichtenmagazin Stern. Ein Dementi gibt es bislang nicht. Es geht um Villen und Grundstücke im Gesamtwert von 215 Millionen Euro, mit denen Schickedanz Kredite beim Bankhaus Sal. Oppenheim abgesichert hat.

    Mit dem dort geliehenen Geld kaufte die Unternehmerin immer mehr Aktien des Handelsriesen Arcandor, zu dem neben Quelle auch Karstadt gehört. Sie verstand das als Bekenntnis zum Erbe ihrer Eltern. "Ich habe stets zum Unternehmen gestanden und auch in schwierigsten Zeiten die Treue gehalten", sagte Schickedanz. Mit der Arcandor-Insolvenz im Juni sind ihre Anteile praktisch wertlos geworden. Der Aktienkurs bewegt sich seitdem weit unter einem Euro.

    Als sich die ansonsten so medienscheue Milliardärin einige Wochen später an die Öffentlichkeit wagte und ihr Leid klagte, erntete sie Spott. "Wir leben von 500 bis 600 Euro im Monat. Wir kaufen auch beim Discounter. Gemüse, Obst und Kräuter haben wir im Garten", hatte sie in einem Interview gesagt. Der Bayerische Rundfunk startete daraufhin eine Sammelaktion und ließ in Hersbruck, dem fränkischen Heimatort der Familie, die Spendenbüchse herumgehen. Schickedanz wurde in einem Atemzug genannt mit "Pelzmantel-Milliardärin" Maria-Elisabeth Schaeffler - jener Familienunternehmerin, die einen Dax-Konzern schlucken wollte, sich heillos verschuldete und dann nach dem Staat rief.

    Die Nummer von der verarmten Milliardärin nahm Madeleine Schickedanz, die zum dritten Mal verheiratet ist und ihre Ehemänner stets in verantwortlichen Positionen im Konzern installierte, kaum jemand ab. Schließlich ist es erst zwei Jahre her, dass sie mit einem geschätzten Vermögen von 3,87 Milliarden Euro Platz 16 auf der Forbes-Liste der reichsten Deutschen belegt hatte. Wie viel davon geblieben ist, wird wohl erst klar sein, wenn die Arcandor-Scherben zusammengekehrt sind und das Insolvenzverfahren beendet ist.

    Theoretisch könnte Sal. Oppenheim Grundstücke und Immobilien in Hamburg, Nürnberg und eine Ferienvilla am Tegernsee pfänden, wenn Schickedanz ihre Kredite nicht rechtzeitig zurückzahlt. Dass die Patriarchin am Ende tatsächlich vor dem Nichts steht, scheint trotz ihrer Verluste unwahrscheinlich. Die Familienvilla mit Park bei Fürth hat sie offenbar schon 2005 ihrem Sohn Matthias Bühler überschrieben und sich das lebenslange Nutzungsrecht zusichern lassen. Zudem gilt ihr Ehemann Leo Herl selbst als vermögend.

    Am Ende steht wohl die Erkenntnis, dass Seneca recht hatte.

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