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Porträt: Der Auto-Evolutionär aus Bayern - Im Gespräch mit Audi-Chef Rupert Stadler

Porträt

Der Auto-Evolutionär aus Bayern - Im Gespräch mit Audi-Chef Rupert Stadler

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    Der Auto-Evolutionär aus Bayern - Im Gespräch mit Audi-Chef Rupert Stadler
    Der Auto-Evolutionär aus Bayern - Im Gespräch mit Audi-Chef Rupert Stadler

    In Gesprächen mit Rupert Stadler ist viel von Hybrid-Motoren und Lithium-Ionen-Batterien die Rede, eben der Art, wie der Benzinmotor schrittweise durch Elektroantriebe ersetzt werden kann. Eine komplizierte Welt, eine Welt, in der nicht nur für den Audi-Chef noch lange nicht geklärt ist, wohin die technologische Reise geht.

    BMWs Elektromodell gegen Audis Hybridversion

    Liegt BMW-Chef Norbert Reithofer richtig? Der schon mit allerlei Vorschusslorbeeren bedachte Revolutionär will noch in diesem Jahr mit dem i3 ein reines Elektroauto auf den Markt bringen. Oder hat der zumindest bei diesem Thema etwas konservativere Stadler die richtige Ausfahrt vom klassischen Motor genommen? Der Evolutionär glaubt, wie er als Gast der Zentralredaktion unserer Zeitung sagt, eine Mixtur aus Elektro- und Benzinmotor – eine Hybridversion – sei zunächst der richtige Weg. Wenn die Leistung des Elektromotors nach 50 Kilometern und einer Spitzengeschwindigkeit von 130 erschöpft ist, greift beim neuen A3 e-tron der herkömmliche Antrieb. Jetzt geht es auch bei höheren Geschwindigkeiten hunderte Kilometer weiter. Das BMW-Elektromodell muss in der Basisversion nach spätestens 160 Kilometern an die Steckdose und länger Pause machen.

    Für Kritiker sind Elektroautos noch zu teuer

    Revolution oder Evolution? Das Prinzip „Reithofer“ oder das Prinzip „Stadler“? Fast eine philosophische Frage. Letztlich indes eine Frage, die der Markt entscheidet. Die Käufer geben die Antwort darauf, ob sie schon in den kommenden Jahren auf Elektro-Autos umsteigen wollen, auch wenn diese noch stolze 35 000 Euro aufwärts kosten, die Reichweite begrenzt ist und es, wie Kritiker monieren, zu wenige Aufladestationen gibt.

    Um zu verstehen, weshalb der Audi-Chef bei dem Thema anders als sein Kontrahent aus München denkt, ließe sich die wissenschaftliche Ausbildung der erfolgreichen Auto-Manager heranziehen. Stadler ist Diplom-Betriebswirt. Er hat in Augsburg studiert. Reithofer ist Diplom-Ingenieur. Ein allzu schlichtes Schwarz-Weiß-Gemälde: Hier der auf Kostendisziplin bedachte Zahlenmensch, dort der innovationsfreudige Techniker. Dazu ist Stadler viel zu sehr auf technologische Erneuerung bedacht und Reithofer als Chef einer Aktiengesellschaft auf gewinnbringende Fahrzeuginnovationen gepolt.

    Von Elektro-Enthusiasmus ist nichts mehr zu spüren

    Beide Manager haben zuletzt Rekordergebnisse vorgelegt. Und sie stehen gleichermaßen vor der Herausforderung, das Automobil zum Teil neu zu erfinden, auch weil der Druck aus Brüssel enorm zunimmt, die CO2-Emissionen der Fahrzeuge massiv zu senken. Derart ehrgeizige Ziele lassen sich, was auch Stadler einräumt, langfristig nur durch immer mehr Elektroautos verwirklichen. Doch noch meiden die Deutschen die Stromer. Nicht einmal 3000 reine Elektroautos wurden im vergangenen Jahr zugelassen. Es wird immer unwahrscheinlicher, dass 2020 in Deutschland Regierung hält an Millionenziel bei Elektroautos fest der tanklosen Öko-

    Das wiederum ist eine typische Journalistenfolgerung, würden die beiden Herren zu solch einer Aussage wohl sagen. Sie vergleichen sich öffentlich nicht und haben großen Respekt voreinander. Manager sind bei ins Persönliche gehenden Themen viel zurückhaltender als Politiker. Was Stadler aber dann doch immer wieder betont, ist, dass er im Kampf der deutschen Premiumhersteller Mercedes weiter in Schach halten und BMW von der Spitzenposition verdrängen will. Spätestens 2020 soll es so weit sein.

    Imagewechsel bei Audi gelungen

    Das zeigt eine andere Seite des Audi-Chefs, eine weniger abwägende und von Vorsicht bestimmte als beim Thema Elektromobilität. Nach dem unglaublichen Aufstieg des Herstellers aus Ingolstadt in den vergangenen Jahrzehnten mangelt es ihm nicht an Selbstbewusstsein. Einst galten Audi-Fahrzeuge als gute Wahl für ältere Herren mit Hut und Vorliebe für gehäkelte Klorollenüberzüge. Dieses Image hat Stadlers Förderer Ferdinand Piëch erfolgreich bekämpft. Audi wurde zur sportlichen, technikorientierten, jugendlichen Marke, deren Audi A3 Limousine: Abschied vom Spießertum und Stärke gerade auf dem chinesischen Markt vor allem dem Rivalen aus Stuttgart zu schaffen machen. Zu dem aufstrebenden Unternehmen aus Bayern passte Stadler als Chef wunderbar, als er 2007 zum Nachfolger des mächtigen Martin Winterkorn an die Audi-Spitze berufen wurde.

    „Smart“, „clever“, „dynamisch“, „voller Elan“, „sportlich“, „jugendlich“ – alles Beschreibungen, die sich wie ein roter Faden durch Porträts über den Mann aus Wachenzell im oberbayerischen Landkreis Eichstätt ziehen. Inzwischen ist Stadler 50 und immer noch schlank. Als „jugendlich“ geht er aber nicht nur wegen seiner immer zahlreicheren grauen Haare nicht mehr ganz durch. Ein jugendlich wirkender Manager würde ja auch nicht als Nachfolger von Volkswagen-Chef Martin Winterkorn gehandelt. Stadler gilt hier als aussichtsreicher Kandidat, wozu er sich natürlich nicht äußert. Der Bayer konzentriert sich auf Audi. Auch am vergangenen Samstag war er beruflich im Einsatz. Es blieb der Sonntag für das Familienleben und Hobbys wie Radfahren und Joggen.

    Regional stark verwurzelt

    Stadler hat drei Kinder. Er lebt mit seiner Frau in Ingolstadt, wirkt nah dran an den Menschen. „Ich bin in der Region sehr verwurzelt“, sagt er. Diese Aussage hält einer Überprüfung stand. Der Audi-Chef erzählt, wie sich Mitarbeiter schon mal beklagen, dass es durch das starke Wachstum von Audi am Stammsitz in Ingolstadt zu viele Baustellen gebe. Er sage in solchen Fällen direkt an die Adresse der Beschäftigten: „Beruhigt euch! Wir investieren kräftig.“

    Und auch eine andere Geschichte entstammt nicht dem Elfenbeinturm-Leben eines Managers: Als Stadlers Frau im Frühjahr in einem Fahrradladen war, traf sie auf einen begeisterten Händler, der sich fühlte, als ob Weihnachten wäre, so gute Geschäfte hatte er in der Region Ingolstadt gemacht.

    Paradiesische Zustände in Ingolstadt

    Der Ladenbesitzer gehört zu den Nutznießern eines Audi-Sonderkonjunkturprogramms, wurden doch Extrazahlungen an die Beschäftigten ausgezahlt. Nach Tarif bezahlte Mitarbeiter erhielten für 2012 eine Erfolgsbeteiligung von durchschnittlich rund 8000 Euro. Paradiesische Zustände. Inzwischen arbeiten rund 36 000 Menschen für Audi in Ingolstadt, vor zehn Jahren waren es 31 000. In einem solchen Glücks-Biotop, wo Beschäftigte nur über zu viele Baustellen klagen, könnte der Boss leicht abheben.

    Stadler meint dazu mit fester Stimme und ebensolchem Blick: „Wenn einer sagt, er habe alles erreicht, ist er falsch gewickelt.“ Der Audi-Chef präsentiert sich als geerdeter Manager, der zwar in Mexiko, dann in Ungarn und schließlich in China neue Großinvestitionen bekannt gibt, aber davon schwärmt, zur Hopfenernte durch die Hallertau zu fahren. „Da liegt ein Duft in der Luft. Das gibt es in der Stadt so nicht.“ Dies lasse sich mit Geld nicht aufwiegen. Auch in diesem Jahr lockt das Glücksgefühl wieder. Stadler kann den Hopfenduft bei einer Ausfahrt mit dem Motorrad genießen. Er hat im vergangenen Jahr den Führerschein dafür gemacht, nachdem die italienische Marke Ducati auf Wunsch von VW-Patriarch Piëch zu Audi kam.

    Der Duft des Hopfens in der Hallertau

    Wenn Stadler vom Duft des Hopfens schwärmt, spricht ein Mann, der auf einem Bauernhof groß geworden ist, dort das Arbeiten gelernt und die Natur schätzen gelernt hat. „Da musst du Sonntag raus, auch wenn es dir nicht passt. Es steht eben die Ernte an.“

    BMW-Chef Reithofer, sieben Jahre älter als Stadler, gehört ebenfalls der eher bodenständigen Manager-Fraktion  an,  ganz anders als der frühere Daimler-Boss Jürgen Schrempp, der auch in der Klatschpresse heimisch war.

    Risiko Elektroauto

    Ob Stadler oder Reithofer die richtige Elektroauto-Strategie ausgetüftelt hat, ist aus volkswirtschaftlicher Sicht zweitrangig. Am Ende profitiert der Standort Deutschland von den großen Bemühungen und immensen Investitionen beider Unternehmens-Lenker. Sichere Jobs und satte Steuerzahlungen könnten der Ertrag für die Gesellschaft sein.

    „Wir stehen hoch im Risiko“, sagt Stadler dazu. Die Auto-Revolution oder -Evolution müssen die Konzerne aus selbst erwirtschaftetem Geld bezahlen und dem Druck der Anteilseigner standhalten. Diesen mächtigen Faktor können weder Reithofer noch Stadler, mögen sie noch so gelassen wirken, wegdrücken. Das kostet enorme Kraft

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