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Porträt: Adidas-Chef Kasper Rorsted reizt den Sportfachhandel

Porträt

Adidas-Chef Kasper Rorsted reizt den Sportfachhandel

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    Adidas-Chef Kasper Rorsted erläutert die Bilanz und die Strategie des Sportartikelherstellers.
    Adidas-Chef Kasper Rorsted erläutert die Bilanz und die Strategie des Sportartikelherstellers. Foto: Sepp Spiegl, Imago

    Kasper Rorsted tigert durch die riesige Eingangshalle im fränkischen Herzogenaurach. Der 59-Jährige hat auch für den Chef des Sportartikelherstellers Adidas ein besonders lässiges Outfit für die Vorstellung der Jahresbilanz und der Verkündung der neuen Strategie gewählt: Zu natürlich standesgemäß sportlichem Schuhwerk trägt der groß gewachsene, schlanke Däne eine Jeanshose und ein schwarzes Outdoor-Jäckchen mir Reißverschluss und Kapuze, auf dem selbstverständlich die drei Streifen prangen. Ein Dreitagebart zur Kurzhaarfrisur rundet das Erscheinungsbild ab und stellt einen maximalen Kontrast zu den unzähligen Zahlen dar, die der allein in der Halle auftretende Wirtschaftswissenschaftler Journalisten und Finanzanalysten am Mittwoch per Video-Konferenz angedeihen lässt.

    Rorsted wechselt dabei oft die Rednerposition: Mal steht er vor einer kahlen Betonmauer, mal vor Sitzgruppen ohne Menschen, mal vor einem Adidas-Logo. Wer den Manager des Jahres 2019 nicht kennt und den Ton ausschaltet, könnte glauben, ein Fußball-Trainer würde sein Team auf neue Höchstleistungen einschwören.

    Adidas-Chef liebt Leistung

    Rorsted, der in der dänischen Jugendhandball-Nationalmannschaft gespielt hat, schont sich kaum. Er ist ein Leistungs-Freund. Da der Manager in Corona-Zeiten nicht mehr um 6 Uhr morgens ins firmeneigene Fitnessstudio gehen kann, trainiert der Hartgesottene nach eigenem Bekunden am Firmensitz in der Parkgarage, die reichlich freie Flächen bietet. Auch schiebt er gelegentlich ein Fußball-Spielchen in den leeren Büros ein.

    Dabei ist Rorsted äußerlich im Vergleich zu seiner Zeit als Vorstandsvorsitzender des Waschmittel-, Klebstoff- und Kosmetikherstellers Henkel kaum wiederzuerkennen. Passend zur konservativeren Branche trug er damals noch Krawatte, was heute wohl zu massiven Irritationen in der Adidas-Welt führen würde. Doch an diesem Tag vollzieht Rorsted das, was er schon immer praktiziert hat: Er erzählt Geschichten, die in Anleger-Gesichter vor freudiger Erwartung rote Bäckchen zaubern können. Wie nicht anders zu erwarten, legte die Adidas-Aktie einen Spurt hin, nachdem der Konzern-Chef den neuen und in der Börsenwelt mit Spannung erwarteten Fünf-Jahresplan verkündet hatte. Diese sonst vor allem in Planwirtschaften wie China übliche Prognose-Praktik hat in Herzogenaurach schon Tradition.

    Neuer Fünf-Jahresplan von Adidas: "Own the game"

    Der neueste Fünf-Jahresplan der Sport-Kapitalisten mit weltweit rund 60.000 Mitarbeitern trägt den Namen „Own the game“, was so viel heißt wie: Besitze, also lenke das Spiel. Spielführer Rorsted will dabei das im Corona-Jahr 2020 kräftig durchgestartete Digitalgeschäft weiter massiv ausbauen. So machte der elektronische Handel 2020 bereits mehr als 20 Prozent des Gesamtumsatzes aus. Weil Kunden zunehmend Sportschuhe und -kleidung online bestellen, kam Adidas im ersten Krisen-Jahr noch mit einem blauen Auge davon: Der Umsatz ging zwar um 16 Prozent auf 19,84 Milliarden Euro zurück, es hätte aber schlimmer kommen können.

    Das Unternehmen konnte immerhin noch ein deutlich positives Betriebsergebnis von 751 Millionen Euro erkämpfen, was indes weit vom exzellenten Resultat des Vor-Corona-Jahres 2019 entfernt liegt, als 2,66 Milliarden Euro zu Buche standen. Was Anleger dennoch derart verzückt, ist die Ansage des Adidas-Chefs, den eigenen E-Commerce-Umsatz von mehr als vier auf acht bis neun Milliarden Euro zu steigern. Dabei will Adidas – gemessen am Umsatz – immer mehr Geschäft selbst machen, sei es über das Internet oder über eigene Läden.

    Adidas-Chef liebt ehrgeizige Ziele

    Der kumpelhaft wirkende Rorsted liebt ehrgeizige Ziele und scheut nicht davor zurück, Finger in Wunden zu legen. Einmal sagte er, Kunden kauften zunehmend online ein, worauf sich Hersteller und Handel einstellen müssten: „Wir können schließlich nicht in gegenseitiger Solidarität sterben.“ Das schmerzt Inhaber von Sportfachgeschäften, die durch die Krise gebeutelt sind und denen die Botschaft, Adidas wolle noch mehr vom Umsatzkuchen haben, zusätzlich wehtut.

    Daher hat Stefan Herzog, Präsident des europäischen Sportfachhandelsverbandes, zwar Verständnis dafür, dass Adidas das Digitalgeschäft ausbaut, im Gespräch mit unserer Redaktion zeigt er sich aber irritiert über die Ankündigungen von Rorsted: „Solche Botschaften sind in einer Zeit, wo der Handel um seine Existenz kämpft, kontraproduktiv.“ Der Branchen–Vertreter würde sich ein besseres Miteinander von Handel und einem Hersteller wie Adidas wünschen. Zudem sei es bitter, dass der Konzern über seinen Online-Kanal Preisschlachten anzettele.

    Adidas-Chef Rorsted  eckte an

    Rorsted ist nicht jedermanns Liebling, was ihn gelegentlich zu irritieren scheint. Er versteht es bis heute nicht, warum die Kritik an seiner Person nicht verstummt ist, obwohl er sich entschuldigt habe, dass Adidas am Anfang der Corona-Krise über Nacht die Mietzahlungen für Läden einstellen wollte. Sein Flehen, irgendwann müsse einmal Schluss sein mit der Kritik an dem Unternehmen, wurde bis heute nicht erhört, auch wenn Rorsted nach einer Welle der Empörung damals zurückgerudert ist. So eine unglückliche Aktion klebt einem Manager lange am Fuß, wie manchem Fußballspieler die Angst, wieder einen Elfmeter zu verschießen.

    Es ist schwer, Spiele zu lenken.

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