Paketboten sollen per Gesetz besser vor Ausbeutung geschützt werden. Das Bundeskabinett beschloss dazu am Mittwoch in Berlin das sogenannte Paketboten-Schutz-Gesetz von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Versandunternehmen sollen auf diesem Weg dazu verpflichtet werden, Sozialbeiträge für säumige Subunternehmer nachzuzahlen. Das parlamentarische Verfahren soll bald anlaufen.
Viele große Versandunternehmen lassen einen Teil ihrer Pakete oder sogar alle von Zustellern ausliefern, die bei Subunternehmen angestellt sind. Diese stehen in der Kritik, teils schlecht zu bezahlen oder gegen Arbeitsrecht zu verstoßen, etwa indem sie keine Sozialabgaben zahlen. Das betrifft nach Gewerkschaftsangaben vor allem Fahrer aus dem Ausland - etwa Ukrainer, Moldauer oder Weißrussen.
Laut Arbeitsministerium kommt es unter anderem zu Schwarzgeldzahlung, Sozialleistungs- und Sozialversicherungsbetrug. Eine bundesweite Razzia des Zolls im Februar 2019 habe ergeben, dass jedes sechste Beschäftigungsverhältnis fragwürdig gewesen sei.
Arbeitsminister über Paketboten: "Arbeitende Menschen werden ausgebeutet"
Heil sagte, die Entwicklung in Teilen der Paketbranche sei schon länger nicht mehr akzeptabel. "Arbeitende Menschen werden ausgebeutet, oft Menschen aus Mittel- und Osteuropa, die nur wenig Deutsch sprechen."
Deshalb werde die Nachunternehmerhaftung für Sozialversicherungsbeiträge auch für die Paketbranche auf den Weg gebracht. In der Baubranche und in der Fleischwirtschaft habe sich die Nachunternehmerhaftung bei vergleichbarer Problemlage bewährt.
Umgehen können die Unternehmen die Haftung nur, wenn ihre Subunternehmen vorab besonders geprüft sind. Krankenkassen und Berufsgenossenschaften können ihnen eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausstellen, wenn sie die Sozialbeiträge bisher ordnungsgemäß abgeführt haben.
Bereits heute liefern Boten in Deutschland jährlich mehr als 3,5 Milliarden Pakete aus, und die Branche rechnet mit einem weiteren kräftigen Wachstum.
Arbeitgeber kritisieren den Gesetzentwurf
Die Arbeitgeber kritisierten den Gesetzentwurf als "praxisfernes Regelwerk". "Das Gebot der Stunde sollte nicht mehr Bürokratie sein, sondern weniger", sagte der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Steffen Kampeter, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Heils Pläne seien "lediglich ein Versuch, sich mit einem bürokratischen, aber praxisfernen Regelwerk aus der Verantwortung zu stehlen".
SPD-Fraktionsvizechefin Katja Mast nannte die Kritik nicht nachvollziehbar, denn das Gesetz stärke die ehrlichen Anbieter in der Branche. "Unser Ziel ist, dass die Paketauslieferung zu Weihnachten schon unter dieses Gesetz fällt", so Mast weiter. Sie sicherte ein zügiges parlamentarisches Verfahren zu. (dpa)