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Online-Shopping: Chinesischer Online-Händler Shein: Schnelles Geld, billige Klamotten

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Chinesischer Online-Händler Shein: Schnelles Geld, billige Klamotten

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    Hält nicht nur in China die Post auf Trab: Der Online-Textilhändler Shein wird heftig kritisiert, ist aber sehr erfolgreich.
    Hält nicht nur in China die Post auf Trab: Der Online-Textilhändler Shein wird heftig kritisiert, ist aber sehr erfolgreich. Foto: Cao Zhengping, dpa

    Wer über 30 ist, hat mit einiger Wahrscheinlichkeit noch nie von „Shein“ gehört. Dabei ist das Unternehmen aus China nicht nur die beliebteste Modemarke der Generation Z, sondern hat in Sachen Marktwert bereits namhafte Konkurrenz wie etwa Zara hinter sich gelassen. Das Erfolgsrezept ist schnell skizziert: Die Chinesen sind billiger, schneller und näher am Puls der Zeit.

    Während H&M etwa einmal im Monat eine neue Kollektion auf den Markt bringt, fügt Shein täglich mindestens bis zu 5000 Produkte zum Sortiment hinzu – und das zum halben Preis: Blusen gibt es für unter zehn Euro, Mäntel kosten gerade mal das Doppelte. Zudem unterhält Shein keine physischen Geschäfte mit teuren Mieten und Angestelltenlöhnen. Gerade im Corona-Jahr stellte sich das „Online-Only“-Konzept als regelrechte Goldgrube heraus: Acht Jahre lang in Folge konnte Shein seinen Umsatz verdoppeln, 2020 stieg er auf beinahe zehn Milliarden Dollar.

    Niemand setzt so radikal auf soziale Medien wie Shein

    Niemand setzt dabei so radikal auf soziale Medien wie Shein: Die Marke ist vor allem auf Tiktok und Youtube präsent, wo sie pro Land mit tausenden Influencern zusammenarbeitet. Auf Tiktok hat der Hashtag #Shein aktuell über 10,7 Milliarden Aufrufe generiert. Am beliebtesten sind simple Kurzvideos, in denen meist junge Mädchen im Teenager-Alter ihre neuen Outfits präsentieren oder neue Lieferungen öffnen. Dieser von Nutzern geschaffene Inhalt kostet das Unternehmen nichts – ist für Shein aber wohl die effizienteste Werbung.

    Shein nutzt alle technischen Möglichkeiten konsequent: Ein Algorithmus scannt das Nutzerverhalten der Konsumenten und gleicht in Echtzeit Nachfrage und Angebot an, prognostiziert künftige Trends und optimiert Produktempfehlungen. All das passiert praktisch ohne menschliches Zutun. Doch das vielleicht größte Alleinstellungsmerkmal von Shein ist seine Verschlossenheit. Wer sich auf der offiziellen Homepage umschaut, der wird weder eine Telefonnummer entdecken noch einen Pressekontakt. Bis vor kurzem hatte Shein noch nicht einmal einen Wikipedia-Artikel.

    2008 wurde das heutige Modeimperium von Shein gegründet

    Die absolute Geheimniskrämerei hat offensichtlich System. Von Gründer Xu Yangtian, der bislang weder öffentliche Reden noch Medieninterviews gegeben hat, sind nur die Umrisse eines Lebenslaufs bekannt: 1984 wurde er in Qingdao an der chinesischen Ostküste geboren, später zog er für eine Marketing-Beratung nach Nanjing. In einem nächsten Karriereschritt machte sich Xu mit zwei Freunden selbstständig: Sie gründeten einen Online-Einzelhandel, der vorwiegend Billigprodukte querbeet an ausländische Kunden verkaufte. Die meist gefragten Artikel waren ausgerechnet Brautkleider.

    Xu nahm dies zum Anlass, um 2008 sein heutiges Modeimperium zu gründen, das sich zunächst auf Mädchen im Teenager-Alter als Zielgruppe fokussierte. Das Unternehmen operiert praktisch nur auf ausländischen Märkten, und in seiner Außenwahrnehmung möchte es am liebsten gar nicht mit seinem Herkunftsland in Verbindung gebracht werden.

    Zahlreiche Beschwerden von unzufriedenen Shein-Kunden

    Auf der Firmenhomepage muss man schon mit der Lupe suchen, um einen Bezug zu China zu finden. Aufgrund der angespannten politischen Lage ist eine solche Strategie durchaus verständlich: Der US-amerikanische Handelskrieg schwebt wie ein Damoklesschwert über dem Geschäftsmodell von Shein. Im vergangenen Juni wurden die Chinesen bereits von der indischen Regierung wegen angeblicher „Sicherheitsbedrohung“ aus dem Markt verbannt – ein politisch motivierter Schachzug, der 59 Apps aus der Volksrepublik traf.

    Trotz allem ist der Erfolg von Shein eng mit seiner Herkunft verknüpft: Nur in China gibt es eine derart vollständige Lieferkette, effiziente Online-Infrastruktur und reichhaltige Verfügbarkeit von Fabriken und Textilien, um so rasch und breit gestreut zu produzieren. Der rasche Aufstieg von Shein hat jedoch auch eine dunkle Seite. Auf sozialen Medien beschweren sich viele Nutzerinnen und Nutzer darüber, dass ihre Designs ohne Mitwissen, Konsens oder Bezahlung von dem Unternehmen gestohlen worden seien. Gleichzeitig ist das Netz von unzähligen Beschwerden überflutet, die von minderwertiger Qualität bis hin zu nicht gelieferten Waren reichen.

    Stiftung Warentest warnt vor "Fake-Fummeln aus dem Internet"

    Bereits 2017 warnte Stiftung Warentest vor „Fake-Fummel aus dem Internet“ – und meinte damit auch explizit Shein: „Hinter extrem billigen Onlineshops verbergen sich nicht selten chinesische Firmen, die im Netz zusammengeklaute Fotos zeigen und miese Kopien der Sachen liefern“, hieß es. Und: „Wer die falschen Fummel loswerden will, stellt fest: Die Rücksendung ist teurer als die Ware selbst“.

    Spannend zu beobachten dürfte auch sein, wann Sheins Geschäftsmodell mit seinen Dumping-Preisen und der katastrophalen Nachhaltigkeitsbilanz in die Schusslinie umweltbewusster Konsumenten gerät. Shein ist Fast Fashion pur, also das Mode-Äquivalent zu McDonalds: schnell konsumierbar, kurzlebig und austauschbar.

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