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Online-Portale: Eine Fitnessstudio-Betreiberin kämpft gegen Internetbewertungen

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Eine Fitnessstudio-Betreiberin kämpft gegen Internetbewertungen

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    Renate Holland, Betreiberin mehrerer Fitnessstudios im Raum München, hat Yelp wegen seines Bewertungssystems verklagt. Sie gibt an, wegen einer zu schlechten Gesamtbewertung Kunden verloren zu haben.
    Renate Holland, Betreiberin mehrerer Fitnessstudios im Raum München, hat Yelp wegen seines Bewertungssystems verklagt. Sie gibt an, wegen einer zu schlechten Gesamtbewertung Kunden verloren zu haben. Foto: Lino Mirgeler, dpa

    Dieser Artikel stammt aus unserem Archiv. Im Zuge einer Verhandlung am Bundesgerichtshof im Streit um Unternehmens-Bewertungen auf dem Online-Portal Yelp empfehlen wir ihn heute noch einmal.

    Seit fünf Jahren kämpft Renate Holland gegen Yelp, eine Bewertungsplattform im Internet. Nun scheint ein Ende des Rechtsstreits in greifbare Nähe gerückt zu sein. Denn der Streit ist nun vor dem Bundesgerichtshof (BGH) gelandet. Das oberste deutsche Gericht wird also bald entscheiden, wer richtig liegt: die Fitnessstudio-Betreiberin Holland oder der Internetkonzern Yelp. Doch worum geht es genau?

    Die Sache ist verzwickt. Einfach gesagt geht es darum, wie sich entscheidet, welche Durchschnittsbewertung ein Unternehmen auf Yelp bekommt. Im Fall von Renate Holland sieht das so aus: Holland, die in den 80er Jahren zwei Mal Weltmeisterin im Bodybuilding war, betreibt heute mehrere Fitnessstudios im Großraum München. Der ganze Ärger begann, als eines der Fitnessstudios eine relativ schlechte Durchschnittsnote bei Yelp erhielt. Nur 2,5 Sterne wurden damals als Note angezeigt. Seither versucht Holland, sich zu wehren.

    BGH verhandelt: Wie kommen Bewertungen im Internet zustande?

    Denn in die Gesamtnote flossen nur neun der insgesamt über 80 Bewertungen ein. Und während die meisten der über 80 Bewertungen positiv waren, hatten ausgerechnet die berücksichtigten Nutzer wenige Sterne abgegeben. Also war auch die Gesamtnote schlecht. Warum Yelp das so handhabt? Richtig verstehen kann das Holland bis heute nicht.

    Die Bewertungsplattform Yelp sagt, dahinter steckt ein Algorithmus. Also ein Computer-Programm, das bestimmt, welche Bewertungen in die Gesamtnote miteinfließen und welche nicht. Damit will das Unternehmen sicherstellen, dass nur echte Bewertungen und keine gefälschten in die Gesamtnote einfließen. Anhaltspunkte für den Algorithmus sind zum Beispiel die Zahl der Bewertungen, die ein Nutzer schon geschrieben hat oder die Anzahl der Menschen, mit denen er auf Yelp vernetzt ist. Wie genau die Gesamtbewertung berechnet wird, gibt das Unternehmen aber nicht preis. Geschäftsgeheiminis.

    Renate Holland kämpft seit Jahren gegen die Bewertunsplattform Yelp.
    Renate Holland kämpft seit Jahren gegen die Bewertunsplattform Yelp. Foto: Britta Schultejans, dpa

    Gefälschte Bewertungen sind auch tatsächlich ein großes Problem. Viele Kunden vertrauen auf das, was auf Plattformen wie Yelp, Tripadvisor, Jameda oder bei Google steht. Sind diese Urteile aber eingekauft oder wurden aus Gefälligkeit hinterlassen, bieten sie Verbrauchern wenig Orientierung. Was auch den Bewertungsplattformen selbst schadet. Kein Wunder also, dass Yelp irgendwie versucht, ein System aufzubauen, das falsche von echten Bewertungen unterscheidet. Doch für Renate Holland funktioniert das so nicht.

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    Kleine Unternehmen - Frisöre, Kosmetikstudios, Fitnessstudios oder Restaurants - stünden ungerechten Nutzer-Urteilen völlig wehrlos gegenüber, sagt sie. "Es kommt immer wieder vor, dass wir eine negative Bewertung bekommen, weil ein Trainer einem Kunden zum Beispiel verbietet, Geräte ohne Handtuch zu nutzen. Das sind Hygienevorschriften. Aber wenn man fordert, dass sie eingehalten werden, bekommen wir eine negative Bewertung", schildert sie ihre Situation. Darauf zu reagieren, mit dem verärgerten Kunden zu kommunizieren oder sich zu erklären, mache Yelp ihr schwer. "Der Kommentar steht dann da und bleibt", sagt Holland. "Jeder strengt sich an, gibt sein bestes. Aber man kann es nun mal nicht allen recht machen."

    Deshalb hofft sie nun auch darauf, dass das BGH bald ein Urteil fällt. Wann ein Urteil fallen werde, und in welche Richtung es ausgehen wird, konnte sie im November noch nicht einschätzen. "Aber mir wäre es wichtig, dass eine Entscheidung fällt, die für kleine Firmen hilfreich ist."

    Zuletzt hatte das Oberlandesgericht München Yelp untersagt, die Fitnessstudios auf diese Weise zu bewerten, und der Betreiberin Schadensersatz zugesprochen. Ein Bewertungsportal werde in erster Linie genutzt, um sich einen raschen Überblick über das Angebot in der Gegend zu verschaffen. Durchs Aussortieren so vieler Bewertungen entstehe "kein hilfreiches, sondern ein verzerrtes Gesamtbild", hieß es im Urteil. Dagegen legte Yelp Revision ein. Deshalb muss nun der BGH entscheiden.

    Lesen Sie dazu auch: Yelp, Tripadvisor, Jameda: Die Macht der Bewertungsportale

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