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Österreich: „Austria first“: Wiener Jobbonus ärgert Bayerns Staatsregierung

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„Austria first“: Wiener Jobbonus ärgert Bayerns Staatsregierung

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    Auch auf dem Arbeitsmarkt spielt die Regierung in Wien nun die nationale Karte aus.
    Auch auf dem Arbeitsmarkt spielt die Regierung in Wien nun die nationale Karte aus. Foto: Daniel Karmann (dpa)

    Im bayerisch-österreichischen Verhältnis bahnt sich nach dem Zoff um die Maut ein neues Konfliktthema an. Auslöser ist diesmal aber nicht die Bayerische Staatsregierung, sondern die österreichische Bundesregierung in Wien. Mit einem sogenannten Beschäftigungsbonus will Bundeskanzler Christian Kern die Wirtschaft im Nachbarland ankurbeln und vor allem einheimische Arbeitskräfte fördern.

    Die Bayerische Staatsregierung zeigt sich darüber „not amused“, denn sie fürchtet Nachteile für deutsche Arbeitnehmer. Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) macht daraus keinen Hehl: „Der Beschäftigungsbonus sorgt für Verunsicherung bei den bayerischen Arbeitnehmern in Österreich“, sagt sie. Sie habe daher auch bereits Kontakt zu ihrem österreichischen Amtskollegen Reinhold Mitterlehner aufgenommen.

    Was Aigner und andere deutsche Politiker an der Initiative des Nachbarlandes stört, sind die Bedingungen des geplanten Bonus: Profitieren sollen nur diejenigen Unternehmen, die Personen einstellen, die zuvor in Österreich arbeitslos waren, den Arbeitsplatz wechseln, dort eine Ausbildung gemacht haben. Im Ergebnis würde es keine Förderung geben für Menschen, die ins Nachbarland einwandern oder einpendeln. „Austria first“ also. Das macht böses Blut, vor allem in Bayern.

    Als „hinterfotzig“ bezeichnet Georg Grabner (CSU), der Landrat des Berchtesgadener Landes, die Pläne des Nachbarlandes. „Für die Leute in unserer Region ist das ohne Zweifel eine Hürde, was den Zugang zum gemeinsamen Arbeitsmarkt in der EU betrifft“, sagte er.

    Mehr als 32000 österreichische Beschäftigte in Bayern

    Der bayerisch-österreichische Arbeitsmarkt ist durchaus keine Kleinigkeit. So arbeiten in Bayern nach Angaben des Wirtschaftsministeriums in München mehr als 32000 österreichische Beschäftigte. Umgekehrt sind es nach Schätzungen des Ministeriums in Wien immerhin 50000 bis 60000 Bayern, die in Österreich ihr Geld verdienen. Das Potenzial für eine indirekte Diskriminierung und damit für Zoff zwischen den beiden Nachbarn ist also vorhanden.

    Und so kann auch Aigner ihren Zorn über die Pläne nur mühsam hinter diplomatischer Wortwahl verstecken: „Die Idee, die Beschäftigung von Österreichern gegenüber Arbeitnehmern aus anderen EU-Ländern zu privilegieren, ist mir unverständlich.“ Fast drohend fügt sie hinzu: „Ob der Vorstoß Österreichs mit dem EU-Recht vereinbar ist, wird sich noch zeigen.“

    Das sieht Österreichs Kanzler Kern relativ cool. Er gehe davon aus, dass das Projekt dem EU-Recht standhalten werde, sagte er. Dabei konnte er sich nicht verkneifen, noch einmal auf die deutsche Pkw-Maut-Regelung zu verweisen: „Da ist eine Konstruktion gewählt worden, die die EU akzeptiert.“ Außerdem weiß Kern genau, dass die Wahrscheinlichkeit für eine Klage aus Deutschland relativ gering ist. Nicht Bayern, sondern der Bund müsste die Klage einreichen. Bayern müsste eine Klage also über die Bundesregierung, den Bundesrat oder den Bundestag anstoßen. Bei all den außenpolitischen Baustellen der Bundesregierung ist das eher unwahrscheinlich.

    Kommt es zur Klage gegen Österreich?

    Eher schon könnte die EU-Kommission den Rechtsweg beschreiten. Möglich ist aber auch, dass ein einzelner betroffener Arbeitnehmer klagt. Noch tröstet sich Aigner, dass auf österreichischer Seite die tatsächliche Ausgestaltung des Beschäftigungsbonus noch nicht feststeht. Zumindest habe Amtskollege Mitterlehner ihr versichert, dass bayerische Arbeitnehmer nicht benachteiligt würden, wenn sie schon in Österreich gearbeitet hätten oder dort arbeitslos gemeldet seien.

    Ob das reichen wird, die Wogen im zuletzt wegen der Maut-Debatte angespannten bayerisch-österreichischen Verhältnis zu glätten, ist vollkommen offen. Fast trotzig meint Bayerns Wirtschaftsministerin: „Ich bin der festen Überzeugung, dass ein unverfälschter europäischer Binnenmarkt gut für uns alle ist.“ Ulrich Kaufmann, dpa

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