Eine Rebellin, das sei sie schon immer gewesen, sagt Carmen Hock-Heyl. Eine, die sich für den Umweltschutz genauso auflehnen würde wie für soziale Gerechtigkeit oder Politik. „Ich wollte schon immer etwas Gutes tun, etwas verändern“, sagt sie an diesem Nachmittag in ihrem Nördlinger Büro. Für ihren Einsatz im Bereich der ökologischen Wärmedämmung erhält die gebürtige Karlsruherin nun den Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Eine Auszeichnung, die am Ende eines langen und von vielen Vorurteilen behafteten Weges steht.
Umweltpreis für Carmen Hock-Heyl
„Angefangen hat alles mit Mitte zwanzig und einer Fernsehsendung zum Thema Umweltschutz“, erinnert sich Hock-Heyl. Schon damals habe der Moderator angekündigt, dass in Sachen Umwelt alle Uhren auf fünf vor zwölf stünden. Für die Wahl-Bayerin war es das Zeichen: „Es muss gehandelt werden.“
Mittlerweile ist Hock-Heyl 58 Jahre alt, trägt eine schlichte schwarze Brille und das Haar kurz. Ihren Idealismus und ihren Willen hat sie bis heute nicht verloren. Wenn die Firmeninhaberin darüber spricht, wie wichtig ökologische Baustoffe in der heutigen Zeit sind, wird ihre dunkle, leicht rauchige Stimme ernst: „Viele Menschen wissen noch immer nicht, dass es neben den herkömmlichen Baustoffen viel bessere Alternativen gibt.“ Mit einem Teil der 250000 Euro Preisgeld will Hock-Heyl deshalb einen Interessenverband gründen.
Große Pläne hat die Unternehmerin schon immer gehabt, sagt sie. „Für die damalige Zeit vielleicht zu große.“ 1996 – genau in dem Jahr, als der Anbau rauschgiftarmer Hanfsorten in Deutschland wieder erlaubt wird – entwickelt Hock-Heyl die Idee für einen ökologischen Dämmstoff aus der Pflanze. Damals hat die gelernte Arzthelferin schon mehrere Jahre in der Zimmerei ihrer Eltern mitgearbeitet. Eine Erfahrung, die ihr einen Einblick in die Gepflogenheiten der Baubranche gewährte, ihr aufzeigte, wo Mängel und wo Verbesserungsmöglichkeiten liegen. „Viele Handwerker waren vom ständigen Jucken und Kratzen der künstlichen Dämmstoffe auf ihrer Haut geplagt.“ Durch den Einsatz natürlicher Hanffasern wollte Hock-Heyl dem entgegenwirken. „Hanf ist viel weicher und angenehmer zu verarbeiten.“ Wie man Dämmmatten professionell herstellt, gesteht die 58-Jährige heute, habe sie anfangs allerdings noch nicht gewusst.
Für sie war die Zeit von der Vision bis zu deren Umsetzung ein ständiger Kampf – gegen Vorurteile, gegen Behörden, gegen Banker, gegen Rollenklischees. „Ich war eine Frau. Ich war blond. Und dann komme ich auch noch mit Hanf ums Eck“, erklärt die 58-Jährige mit einem sanften Lächeln. Doch trotz aller Widrigkeiten: An ihre Idee hat sie immer geglaubt.
Heute bietet die Unternehmerin ihren Thermo-Hanf in verschiedenen Variationen an – für Dächer, Wände oder auch als Schallschutz für Fußböden. Im Werk in Nördlingen, das Hock-Heyl seit 2005 betreibt, stapeln sich die hellbraunen Hanfmatten, die leicht nach Erde riechen. 60 Mitarbeiter arbeiten an deren Herstellung. Daran, dass die angelieferten Hanffasern zunächst imprägniert, dann mit zehn Prozent Polyesterstützfasern versetzt, gekämmt und letztlich bei 140 Grad in einem Ofen zusammengepresst werden. Welche Vorteile die Dämmmatten aus Hanf haben? Hock-Heyl kann so einiges aufzählen. Beispielsweise brauche Hanf keinerlei chemischen Pflanzenschutz und binde das Treibhausgas Kohlendioxid. Außerdem sei das Material ein ausgezeichneter Wärmedämmer.
Hock-Heyl fühlt sich sichtlich wohl zwischen all ihrem Hanf – der, nebenbei erwähnt, wegen seines niedrigen THC-Gehalts nicht zum Rauchen geeignet ist. Ihre Geschäfte im Unternehmen will sie dennoch bis Ende des Jahres vermutlich niederlegen: „Um mich dann intensiver der politischen Arbeit widmen zu können.“ Sehr gerne sehe sie sich in Zukunft als Stimme oder Pionierin für Umweltdämmstoffe. Eine Rebellin, davon ist sie überzeugt, wird sie auch dann bleiben.