Mitten in der Debatte um eine globale Bankenabgabe zur Vorsorge für künftige Finanzkrisen kritisiert der Wissenschaftler "quasi insolvenzgeschützte Institute". Diese seien ohnehin zu groß, als dass sie effizient geführt werden könnten, schreibt er in seinem an diesem Montag (19. April) auf Deutsch erscheinenden Buch "Im freien Fall".
Die Banken sollten dazu gezwungen werden, zum "langweiligen" herkömmlichen Bankgeschäft zurückzukehren und riskante Aktivitäten auszugliedern. Eine derartige Zerschlagung könne ein langwieriger Prozess sein und es könnte politischen Widerstand geben, schreibt Stiglitz, der 2001 mit dem Nobelpreis für Wirtschaft ausgezeichnet wurde.
In den ersten sechs Kapiteln geht es um die Ursachen der Finanzkrise. "Was ist zu tun?", fragt Stiglitz wiederholt und warnt: Ein "Weiter so" darf es nicht geben. "Wir brauchen eine Aufsichtsbehörde für Finanzprodukte", fordert er. Ab Seite 240 kommt man zum eigentlich Spannenden: Stiglitz' Visionen einer neuen Weltwirtschaft.
Diese erfordere vor allem ein radikales Umdenken in der Wirtschaftspolitik. So sei das Bruttoinlandsprodukt als Wohlstandsindikator problematisch. Messe es doch unter anderem lediglich, wie hoch die Ausgaben für das Gesundheitswesen sind, aber nicht den Erfolg, der mit diesen Ausgaben erzielt wird - wie er sich etwa in der Lebenserwartung widerspiegelt.
Derartige Wirtschaftskennziffern ignorierten viele Faktoren, die sich auf unser Wohlergehen auswirken. Das buddhistische Königreich Bhutan versuche beispielsweise das Bruttonationalglück zu messen. Wer bei Stiglitz fertige Antworten sucht, wird enttäuscht. Der Wissenschaftler gibt Anregungen und Denkanstöße.
Und spart nicht mit Kritik. Zum Beispiel über die Vorgehensweise des Internationalen Währungsfonds (IWF): "Nachdem ich mir persönlich einen Eindruck verschafft hatte, verstand ich die Abneigung einiger Länder, den
Joseph Stiglitz: Im freien Fall. Vom Versagen der Märkte zur Neuordnung der Weltwirtschaft, Siedler Verlag, München, 448 Seiten, 24,95 Euro, ISBN 978-3-88680-942-4