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Niki insolvent: Fluggesellschaft Niki: Bekomme ich jetzt mein Geld zurück?

Niki insolvent

Fluggesellschaft Niki: Bekomme ich jetzt mein Geld zurück?

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    Ein Flugzeug der Fluggesellschaft Lufthansa, Niki und Air Berlin am Flughafen Düsseldorf. Niki ist jetzt ebenfalls insolvent - wie Air Berlin.
    Ein Flugzeug der Fluggesellschaft Lufthansa, Niki und Air Berlin am Flughafen Düsseldorf. Niki ist jetzt ebenfalls insolvent - wie Air Berlin. Foto: Marcel Kusch (dpa)

    Die Air-Berlin-Tochter Niki ist insolvent. Die Lufthansa zog am Mittwoch ihr Angebot für das österreichische Unternehmen mit seinen 21 Flugzeugen zurück - daraufhin stellte Niki den Flugbetrieb ein. Zuvor hatte das Unternehmen einen Insolvenzantrag gestellt.

    Wie ist die Situation aktuell bei Niki?

    Die Niki stellte am Mittwoch nach der Insolvenz abrupt ihren Flugbetrieb ein - damit können Tausende Passagiere ihre bereits gebuchten Flüge nicht antreten. "Die Flüge der Niki werden mit sofortiger Wirkung ausgesetzt. Weitere Flüge der Niki sind nicht mehr buchbar. Der Flugplan der Niki verliert seine Gültigkeit", teilte die Airline mit.

    Was heißt das für Niki-Passagiere?

    Bei einer Pauschalreise ist jetzt der Reiseveranstalter in der Pflicht. Er muss gestrandete Niki-Kunden zurück nach Deutschland bringen und diese ohne Mehrkosten auf andere Flüge umbuchen. Das gilt ebenso für Kunden, die erst noch in den Weihnachtsurlaub fliegen wollen. Tui und Thomas Cook setzen nach eigenen Angaben zum Teil eigene Sonderflüge ein.      

    Wie schnell ein Veranstalter eine Ersatzverbindung findet, hängt vom Einzelfall ab. Wenn die Zeit drängt, sollten Pauschalurlauber nicht vorschnell selbst einen Ersatzflug buchen, rät der Reiserechtler Paul Degott aus Hannover. Wer eine Rückreisemöglichkeit gefunden hat, sollte den Reiseanbieter auffordern, bis zu einer bestimmten Frist dieses Angebot auf dessen Kosten zu buchen. "Diese Fristsetzung ist sehr wichtig", sagte Degott. Erst wenn der Veranstalter dann trotzdem nicht rechtzeitig aktiv wird, rät der Jurist, die Rückreise selbst zu buchen und Schadenersatzforderungen zu stellen.

    Wie komme ich als Individualreisender jetzt nach Hause?

    Wer keine Pauschalreise gebucht hat, sondern nur ein Niki-Ticket, muss sich grundsätzlich selbst um die Rückreise kümmern - auf eigene Kosten. Andere Fluggesellschaften wollen laut dem Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft aber einspringen und noch verfügbare Sitzplätze zu Sonderkonditionen anbieten.

    Der Ferienflieger Condor will Passagiere, die direkt bei Niki gebucht haben, nach eigenen Angaben kostenfrei nach Deutschland zurückfliegen, soweit Sitzplätze verfügbar sind. Die Reisenden sollten sich dafür direkt an die Check-in-Schalter am jeweiligen Flughafen wenden.

    Auch Tui hilft Niki-Kunden aus, die nur ein Flugticket haben. Diese Passagiere können einen Tuifly-Ersatzflug für ihren ausgefallenen Rückflug nach Deutschland buchen und bekommen anschließend zumindest 50 Prozent des Flugpreises zurückerstattet, wie der Veranstalter mitteilt. Die Buchungsbestätigung des ausgefallenen Niki-Fluges und die Bestätigung des gebuchten Tuifly-Fluges müssen sie dafür bis 31. Januar 2018 an servicecenter@tuifly.com senden.

    Bekomme ich für Niki-Tickets mein Geld zurück?

    Auf eine Erstattung können Niki-Kunden nicht hoffen. Zwar seien theoretisch die Erstattung des Tickets, eine Entschädigung nach der EU-Fluggastrechte-Verordnung sowie Schadenersatz für weitere Kosten vorstellbar, so der Reiserechtler Paul Degott aus Hannover. "Aber das nutzt einem am Ende des Tages natürlich nichts." Denn Niki ist insolvent.

    "Das Ticket ist bei einer Insolvenz praktisch wertlos", bestätigt der Reiserechtler Ernst Führich aus Kempten. Der Fluggast stehe mit seiner Forderung in der Liste der Gläubiger ganz hinten und gehe meist leer aus. "Ich kenne keinen Fall, wo jemand einen Cent zurückbekommen hat", sagt der Rechtsexperte.

    Bleibe ich meinen Hotelkosten sitzen?

    Viele Individualreisende mit einem Niki-Flugticket dürften schon ein Hotel am Urlaubsort gebucht und bezahlt haben. Wenn sie nun nicht reisen können, sind sie auf die Kulanz der Herberge angewiesen. "Aber einen Rechtsanspruch gibt es nicht", sagt Degott. Auf vielen Online-Portalen können Nutzer jedoch teils noch bis zum Anreisetag kostenlos stornieren - wenn sie vorher diese Option gewählt haben.

    Flugreisen: Was bedeutet die Niki-Insolvenz für die Ticketpreise?

    Sollte sich kein neuer Käufer für die österreichische Airline finden, verschwände erneut die Kapazität von 20 Flugzeugen aus dem mitteleuropäischen Markt, was nach den Erfahrungen aus der Air Berlin-Pleite zu Engpässen und höheren Durchschnittspreisen bei den verbleibenden Anbietern führen dürfte.

    Was wird aus den Arbeitsplätzen bei Niki?

    Wegen der Insolvenz stehen kurz vor Weihnachten 1000 Mitarbeiter auf der Straße. Das betrifft nicht nur Österreich. Viele Besatzungen sind in Deutschland stationiert und bringen Passagiere von hier aus zu Badezielen etwa ans Mittelmeer.

    Die Chronologie von Air Berlin

    1978: Gründung als Chartergesellschaft durch den Ex-Pan-Am-Piloten Kim Lundgren. Erstflug am 28. April 1979 von Berlin-Tegel nach Mallorca. Die Flotte umfasst zwei Maschinen.

    1991: Im April kauft der LTU-Manager Joachim Hunold die Mehrheit der Anteile. Es gibt kurz darauf 15 Flüge pro Tag.

    1998: Mit dem Mallorca Shuttle Einstieg ins Linienfluggeschäft

    2004: Einstieg bei der Fluggesellschaft Niki des früheren Rennfahrers Niki Lauda

    2006: Börsengang und Kauf der Fluggesellschaft dba

    2007: Kauf des Ferienfliegers LTU, damit auch Interkontinentalflüge

    2008: Air Berlin rutscht in die roten Zahlen, ein erstes Sparprogramm folgt. Die Übernahme des Ferienfliegers Condor scheitert.

    2011: Hunold wirft das Handtuch, Hartmut Mehdorn übernimmt. Ein weiteres Sparprogramm kommt. 18 der 170 Maschinen werden verkauft.

    2012: Die arabische Staatsairline Etihad erhöht ihren Anteil von knapp 3 auf 29,2 Prozent und stützt die Fluglinie mit Millionen. Ein neues Sparprogramm beginnt.

    2013: Wolfgang Prock-Schauer wird Vorstandschef und verschärft das Sparprogramm. Jeder zehnte Arbeitsplatz fällt weg, die Flotte schrumpft auf 142 Maschinen.

    2015: Im Februar löst Stefan Pichler den glücklosen Prock-Schauer ab. Air Berlin macht 447 Millionen Euro Verlust - so viel wie nie.

    2016: Nach einem juristischen Tauziehen kann Air Berlin den größten Teil der wichtigen Gemeinschaftsflüge mit Etihad weiter anbieten. Die Zahlen bessern sich nicht. Gespräche mit Lufthansa über einen Verkauf von Geschäftsteilen beginnen. Mit einem tiefgreifenden Umbau und der Streichung von bis zu 1200 Arbeitsplätzen will Air Berlin seine Krise überwinden. 

    2017: Air Berlin bekommt einen neuen Chef. Der Lufthansa-Manager und früheren Germanwings-Chef Thomas Winkelmann wird Vorstandschef. Air Berlin führt ihren Flugbetrieb in zwei getrennten Geschäftsfeldern weiter: Langstreckenflüge und Städteverbindungen in Europa werden zusammengefasst, Urlaubsflüge unter der Marke Niki geführt. Lufthansa erklärt sich bereit, Air Berlin zu übernehmen, wenn der Großaktionär Etihad zuvor die Schulden übernähme.

    15. August 2017: Air Berlin meldet Insolvenz an. Zuvor hatte Etihad seine finanzielle Unterstützung eingestellt.

    27. Oktober 2017: Der letzte Flieger von Air Berlin landet in Berlin.

    Piloten und Flugbegleiter haben aber wohl gute Chancen, bei der Lufthansa-Tochter Eurowings unterzukommen. Die soll nun aus eigener Kraft wachsen. Viele Flugzeuge aus der Air-Berlin-Gruppe hat Lufthansa schon von Leasingfirmen gekauft. Es fehlen praktisch nur noch die Besatzungen. Falls ein anderer Käufer den Zuschlag für die Niki bekommt, könnten dort Jobs erhalten bleiben.

    Gibt es noch Chancen, dass andere Bieter die Niki übernehmen?

    Letztlich werden die Karten im Übernahmepoker neu gemischt. Auch nach dem "Grounding" könnten zumindest die Niki-Slots für den Sommerflugplan ab Mitte März noch einen gewissen Gegenwert darstellen und Käufer anlocken. Trotz der bislang erfolglosen Gespräche und zwischenzeitlichen Absagen könnten erneut die Großkonzerne IAG (British Airways, Iberia, Vueling) und Thomas Cook (Condor) Interesse haben.

    Wie geht die Lufthansa jetzt weiter vor?

    Die Lufthansa will zunächst in Brüssel retten, was noch zu retten ist, nämlich die zweite Air-Berlin-Tochter LG Walter. In diesem nicht insolventen Flugbetrieb sind derzeit 20 Propellermaschinen und 14 Airbus A320 registriert, die samt eigenem Personal Verbindungen für die Lufthansa-Tochter Eurowings fliegen. Sie verfügt über zusätzliche Start- und Landerechte aus dem Air-Berlin-Erbe, die aber auch noch Gegenstand von Verhandlungen mit den unerwartet strengen

    Was ist jetzt mit dem 150-Millionen-Euro-Kredit der Bundesregierung?

    Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte, die Bundesregierung bedaure das Scheitern der Übernahme von Niki sehr. Durch den "unerwarteten Ausfall der Erlöse aus dem Niki-Verkauf" könne der vom Bund verbürgte staatliche Überbrückungskredit an Air Berlin "möglicherweise nur zum Teil zurückgezahlt werden", erklärte Seibert.

    "Eine vollständige Rückzahlung des KfW-Kredits ist unwahrscheinlicher geworden", erklärte auch der Generalbevollmächtigte der Air Berlin, Frank Kebekus. Er kritisierte die Position der EU als "nicht nachvollziehbar". Das Scheitern des Niki-Verkaufs und die Insolvenz von Niki seien "höchst ärgerlich" und wären "vermeidbar gewesen".  (AZ, dpa)

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