Die Krankenkassen sollen sich künftig dem Kartellrecht unterwerfen und sind davon alles andere als begeistert. Die Entscheidung des Bundestages, gesetzliche Krankenkassen dem Kartellrecht zu unterwerfen, wird von den Kassen scharf kritisiert.
AOK-Vorstandsvorsitzender findet Neuregelung "unsinnig"
Als "unsinnig" bezeichnet der AOK-Vorstandsvorsitzende Jürgen Graalmann die Neuregelung am Freitag im MDR. Gerade immer häufiger auftretende Krankheiten wie Demenz oder Krebs bräuchten dringend eine Kooperation aller Beteiligten, was durch das Gesetz erschwert werde.
Absprachen von Krankenkassen verbieten
Die Neuregelung ist Teil der am Donnerstagabend vom Bundestag verabschiedeten Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Demnach können die Kartellbehörden künftig wettbewerbsbeschränkende Absprachen von Krankenkassen verbieten, zum Beispiel über Zusatzbeiträge. Auch Zusammenschlüsse von Kassen unterliegen damit ab Anfang kommenden Jahres staatlicher Kontrolle.
Kritik an Kartellrecht
Auch die Deutsche BBK übt Kritik: "Mit dieser Gesetzesänderung wird die gesetzliche Krankenversicherung in die Nähe von Privatunternehmen gerückt." Die Kassen unterlägen jedoch keinem mit der freien Wirtschaft vergleichbaren Wettbewerb, da ihre Leistungen weitgehend per Gesetz vorgeschrieben seien. "Das Kartellrecht passt nicht zum öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrag der Kassen", erklärte die Deutsche BKK weiter.
Das Bundeswirtschaftsministerium sieht durch die Neuregelung keine Gefahren für ein gemeinsames Handeln der Kassen in Bereichen, wo dies gesetzlich vorgesehen ist. Das Ministerium wandte sich in einer Erklärung auch gegen Befürchtungen, wonach der Europäische Gerichtshof Krankenkassen deswegen als reine Wirtschaftsunternehmen einstufen könnte, womit für sie auch das europäische Wettbewerbsrecht gelten würde.
Das Gesetz bedarf nach Einschätzung der Bundesregierung nicht der Zustimmung des Bundesrats, was einige Länder allerdings anzweifeln. In der Neuregelung geht es auch um die Kontrolle von Fusionsvorhaben insgesamt, um Wettbewerbshindernisse auf dem Tankstellenmarkt und um eine Stärkung der Verbraucherverbände zur besseren Durchsetzung des Kartellrechts. afp/AZ