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Nachrüstungen: Bundesregierung will im Kampf gegen Diesel-Fahrverbote nachlegen

Nachrüstungen

Bundesregierung will im Kampf gegen Diesel-Fahrverbote nachlegen

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    Ein vom Abgas-Skandal betroffener VW-Dieselmotor vom Typ EA189 in der Werkstatt.
    Ein vom Abgas-Skandal betroffener VW-Dieselmotor vom Typ EA189 in der Werkstatt. Foto: Julian Stratenschulte, dpa (Symbolbild)

    Im Kampf gegen Luftverschmutzung und Fahrverbote will die Bundesregierung ältere Dieselautos über die laufenden Software-Updates hinaus nachbessern lassen. "Wir werden uns technische Gedanken machen, wie wir bestehende Fahrzeuge noch sauberer bekommen", kündigte Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) am Freitag an. Weitere Details dazu nannte er jedoch noch nicht. Außerdem will der Bund über neue Anreize für Besitzer älterer Diesel nachdenken, damit diese auf neue und sauberere Modelle umsteigen.

    Seit Monaten ist umstritten, ob die Abgasreinigung älterer Diesel nicht nur über die Motor-Software, sondern auch durch Umbauten direkt an Motor und Abgasanlage nachgerüstet werden soll. Im Sender n-tv merkte Scheuer an, dass die Hardware-Nachrüstung bei älteren Dieseln der Abgasnorm Euro 4 nicht möglich sei. "Aber bei Euro 5 kann man das ins Auge fassen", sagte er. In Bayerischen Rundfunk sagte Scheuer, vor allem gehe es um "schlaue Modelle zum Umstieg in neue Fahrzeuge". Ziel sei es, dass neue Autos in den Städten für weniger Luftbelastung sorgen "und nicht investiert wird in altes Wagenmaterial".

    In vielen deutschen Städten drohen Fahrverbote für Dieselautos

    Hintergrund der Debatte ist, dass in vielen deutschen Städten Fahrverbote für Dieselwagen drohen, weil die Luft zu stark mit gesundheitsschädlichen Stickoxiden (NOx) belastet ist. Auf die Diesel-Affäre um überhöhte Abgaswerte hatten viele Autobauer mit "Umstiegsprämien" reagiert für Kunden, die einen älteren Diesel gegen ein neueres Modell eintauschen wollten. Zudem laufen Software-Updates bei 6,3 Millionen Pkw, davon sind 3,2 Millionen abgearbeitet.

    Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) hatte sich dafür ausgesprochen, Hardware-Nachrüstungen auf Kosten der Autobauer schnell anzugehen. Scheuer war bisher dagegen und hatte "technische, rechtliche und finanzielle Bedenken". Das neue Konzept soll in den kommenden Tagen erarbeitet werden.

    Diesel-Skandal: Was nach Entdeckung der VW-Affäre passierte

    3. September 2015:
    VW räumt hinter den Kulissen gegenüber der US-Umweltbehörde EPA Manipulationen bei Diesel-Abgastests ein.

    18. September 2015:
    Die EPA teilt mit, VW habe eine Software eingesetzt, um Test-Messungen des Schadstoffausstoßes künstlich zu drücken.

    23. September 2015:
    Rücktritt von VW-Vorstandschef Martin Winterkorn, zwei Tage später beruft der Aufsichtsrat Porsche-Chef Matthias Müller als Nachfolger.

    15. Oktober 2015:
    Das Kraftfahrt-Bundesamt ordnet einen Pflichtrückruf aller VW-Dieselautos mit Betrugs-Software an. In ganz Europa müssen 8,5 Millionen, in Deutschland 2,5 Millionen Wagen in die Werkstatt.

    22. April 2016:
    Der Abgas-Skandal brockt dem Volkswagen-Konzern für 2015 mit 1,6 Milliarden Euro den größten Verlust der Geschichte ein.

    8. August 2016:
    Das Landgericht Braunschweig gibt den Startschuss für ein Musterverfahren wegen milliardenschwerer Aktionärsklagen gegen VW.

    25. Oktober 2016:
    US-Rechtsstreit um VW-Dieselwagen mit 2,0-Liter-Motoren: VW einigt sich auf 16 Milliarden Dollar Entschädigung an Kunden, Behörden, Händler und US-Bundesstaaten.

    11. Januar 2017:
    VW und das US-Justizministerium vergleichen sich in strafrechtlichen Fragen auf eine Zahlung von 4,3 Milliarden Dollar.

    31. Mai 2017:
    Es wird bekannt, dass VW-Tochter Audi in Deutschland und Europa unzulässige Abgas-Software verwendet hat.

    25. August 2017:
    VW-Ingenieur James Liang wird in den USA zu 40 Monaten Gefängnis verurteilt. Er hatte 2016 als Kronzeuge ausgepackt.

    6. Dezember 2017:
    Der frühere VW-Manager Oliver Schmidt wird in den USA wegen Verschwörung zum Betrug und Verstoßes gegen Umweltgesetze zu sieben Jahren Haft verurteilt.

    12. April 2018:
    VW-Markenchef Herbert Diess wird zum Nachfolger von Müller an der Konzernspitze berufen.

    18. Juni 2018:
    Der Chef der VW-Tochter Audi, Rupert Stadler, wird verhaftet. Die Ermittler werfen ihm Falschbeurkundung im Zusammenhang mit den Abgasmanipulationen vor.

    10. September 2018:
    Beginn des Kapitalanleger-Musterverfahrens vor dem Oberlandesgericht Braunschweig. Musterklägerin ist die Sparkassen-Fondstochter Deka Investment. Ziel des Prozesses ist eine Rahmenentscheidung, die für alle Beteiligten bindend ist.

    30. Oktober 2018:

    Rupert Stadler wird aus der Untersuchungshaft entlassen. Seinen Posten als Vorstandsvorsitzender ist er jedoch los. Bram Schot übernimmt seinen Posten.

    31. Juli 2019:

    Die Staatsanwaltschaft München II erhebt Anklage gegen Rupert Stadler und drei weitere Manager. Ihnen wird Betrug, mittelbare Falschbeurkundung sowie strafbare Werbung vorgeworfen.

    "Das gibt all denen Hoffnung, die sich saubere Luft in den Städten wünschen, und allen, die ohne eigenes Verschulden Fahrverbote fürchten müssen", sagte Schulze. "Technische Nachrüstungen sind der beste und gerechteste Ausweg aus der Diesel-Krise." Sie sei zuversichtlich, dass die Bundesregierung "mit vereinten Kräften daran arbeiten" werde, die Autobauer in die Verantwortung zu nehmen. "Ich will keine Lösung auf Kosten der Steuerzahler", betonte sie. 

    In Stuttgart kommen Fahrverbote zum Jahreswechsel, in Hamburg sind sie schon in Kraft

    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte eine Entscheidung im September angekündigt. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur hatte sie am Donnerstag mit Scheuer gesprochen. Der politische Druck steigt, denn auch in Frankfurt am Main droht nach einem Gerichtsurteil ein Fahrverbot für ältere Diesel. Am 28. Oktober wird in Hessen der Landtag neu gewählt. In Stuttgart soll es zum Jahreswechsel Fahrverbote geben, in Hamburg sind sie auf zwei Teilstrecken schon in Kraft.

    Im Gespräch war bisher unter anderem, nicht flächendeckend nachzurüsten, sondern nur in denjenigen Städten, die direkt von Fahrverboten betroffen sind. Ob die Autobauer zu den technischen Nachrüstungen verpflichtet werden können, ist allerdings umstritten. Denkbar wäre aus Sicht mancher Beobachter auch, dass Industrie und Steuerzahler die Kosten gemeinsam tragen.

    Diesel-Nachrüstungen? Autobauer setzen auf Verkauf von Neuwagen

    Scheuer machte deutlich, dass er die Autobranche in das neue Konzept mit einbeziehen wolle. "Ohne ihre Bereitschaft, für die Zukunft des Diesels zu sorgen, wird es nicht möglich sein", sagte er.

    Der Verband der Automobilindustrie (VDA) äußerte sich am Freitag nicht zur Frage der Hardware-Nachrüstungen, die die Autobauer bisher abgelehnt haben. Man brauche schnelle Lösungen, teilte der (dpa)

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