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Nachfrageschub: Billiges Heizöl: Verbraucherfüllen die Tanks

Nachfrageschub

Billiges Heizöl: Verbraucherfüllen die Tanks

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    Heizöl-Fahrer Norbert Triffo hat derzeit alle Hände voll zu tun. Die Nachfrage nach Heizöl ist enorm. Viele Verbraucher nutzen die gesunkenen Preise, um die Tanks vor dem Winter aufzufüllen.
    Heizöl-Fahrer Norbert Triffo hat derzeit alle Hände voll zu tun. Die Nachfrage nach Heizöl ist enorm. Viele Verbraucher nutzen die gesunkenen Preise, um die Tanks vor dem Winter aufzufüllen. Foto: Michael Hochgemuth

    Von Johannes Graf Augsburg - Niemand schreit "kaufen" oder "verkaufen". Keiner fuchtelt wild mit den Armen umher, um sich in einem etwaigen Stimmenwirrwarr zu verständigen. Die Augsburger Heizölbörse präsentiert sich unscheinbar.

    Früher trafen sich die Händler mittwochs um elf, jetzt faxen sie ihre Preise an Notierungsleiter Franz Glück, der seinerseits die gesammelten Preise an die Industrie- und Handelskammer weiterleitet. Und diese Preise sind in den vergangenen Monaten stetig gesunken. Nachdem sich der Ölpreis nach seinem Höchststand Anfang Juli halbiert hatte, ist auch Heizöl deutlich billiger geworden, rund 70 Cent zahlt man inzwischen pro Liter.

    "Das hängt auch von der Stimmung an den Aktienbörsen ab, entsprechend geht der Heizölpreis nach oben oder nach unten", sagt Glück, der aus diesem Grund auch der Finanzkrise eine Beeinflussung des Ölpreises zuspricht. Viele Faktoren bestimmen den Ölpreis (siehe Infokasten), deshalb sei es unmöglich, die Preisentwicklung vorherzusagen. Glück rechnet dennoch damit, dass der Preis weiter sinkt.

    Die Verbraucher nutzen die Gunst der Stunde. Permanent laufen bei den Heizöllieferanten Aufträge ein. Der Winter kommt, die Temperaturen werden niedriger, viele Öltanks sind noch nicht aufgefüllt. Wegen der hohen Energiepreise verhielten sich die Menschen zurückhaltend, jetzt lassen sie sich die Keller mit Heizöl vollpumpen.

    "Der Ölpreis ist überhitzt, jetzt kommt die Abkühlung", sagt Johannes Walch von der Mineralölfirma Ilzhöfer in Augsburg. Er spricht lediglich von einer indirekten Auswirkung der Finanzkrise, einen ganz kräftigen Rückgang des Preises habe es laut Walch schon vor der Börsenkrise gegeben.

    Wer oder was letzten Endes für den sinkenden Ölpreis verantwortlich ist, dürfte den Kunden egal sein. Sie wollen ihr Heizöl - und zwar schnell. Andre Nieland (Reitberger Mineralöle in Augsburg) bestätigt, dass die Lage derzeit zum Kauf anregt. "Wer Bedarf hat, sollte jetzt kaufen." Man müsse allerdings mit einer Lieferzeit von zwei bis drei Wochen rechnen, bis in den November hinein könne es schon dauern, fügt Nieland hinzu.

    Bislang hat sich das Warten gelohnt. Der Heizölpreis ist in den vergangenen Tagen nochmals gesunken - ein Nachteil für die Kunden, die ihr Öl bereits früher bestellt haben. Dieses Problem habe man immer, sagt Walch. "Der Kunde sagt dann, dass das Öl inzwischen doch billiger geworden ist und ob man da nichts machen kann." Doch es zählt der Preis am Tag des Auftrags.

    Einer, der die Wünsche und Sorgen seiner Kunden kennt, ist Norbert Triffo. Der 49-Jährige liefert mit seinem Tanklaster täglich Tausende Liter Heizöl an Kunden aus und weiß, dass bei den Menschen der Frust über die hohen Energiekosten tief sitzt. "Es ist den Menschen einfach zu teuer. Das Gejammer ist in diesem Jahr deutlich mehr geworden", sagt Triffo. Einerseits schimpfen die Menschen über die Ölkonzerne, andererseits über die Regierung, "die endlich mal was machen soll", erzählt Triffo. Er bekommt die Geldsorgen direkt zu spüren, das Trinkgeld sei wesentlich weniger geworden. "Früher hat man bei den Brauereien auch mal einen Kasten Limo bekommen, jetzt nicht mehr."

    Die enorme Nachfrage lässt sich anhand aktueller Zahlen belegen. Im September wurden in Deutschland fast 2,5 Millionen Tonnen Heizöl verkauft, das sind knapp 36 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Ansturm hat noch einen Effekt: Weil Heizöl raffinerietechnisch mit Diesel identisch ist, wirkt sich die enorme Nachfrage auch auf die Tankstellen aus. An einigen Tankstellen in Bayern war gestern vorübergehend kein Diesel mehr erhältlich. Heizöl hat derzeit Vorrang in den Raffinerien und bei den Transporteuren.

    Auch in Augsburg gab es stellenweise für kurze Zeit keinen Diesel mehr, sagt Marc Deisenhofer, Geschäftsführer der Präg Firmengruppe, einem großen mittelständischen Mineralölhändler und Tankstellenbetreiber mit Sitz in Kempten. Deisenhofer nennt nicht nur die Heizölnachfrage als Grund für die Lieferengpässe, sondern auch, dass in den Raffinerien zuletzt weniger Heizöl produziert worden sei. "Da kommt momentan beides zusammen."

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