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München: Der Zins nagt an den Sparkassen - das Filialnetz wird dünner

München

Der Zins nagt an den Sparkassen - das Filialnetz wird dünner

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    Die Filialen der Sparkassen werden weniger und auch Mitarbeiterzahlen sinken. Der niedrige Zins ist weiteres Problem der Banken.
    Die Filialen der Sparkassen werden weniger und auch Mitarbeiterzahlen sinken. Der niedrige Zins ist weiteres Problem der Banken. Foto: Julian Stratenschulte, dpa

    Weniger Zinserträge, weniger Mitarbeiter, weniger Filialen und wachsender Druck, etwa durch Fusionen: Die 71 bayerischen Sparkassen stehen vor großen Herausforderungen. Hauptgrund für die missliche Lage sind aus Sicht von Bayerns

    Weil das Geschäftsmodell so bodenständig sei, habe es die Sparkassen bislang durch gute wie durch schlechte Zeiten getragen. Nun aber ist die Geldpolitik in Europa von Niedrigzinsen geprägt – und Bayerns Sparkassen leiden besonders darunter. Zwar konnten die Institute im vergangenen Geschäftsjahr sowohl die Einlagen (auf 122 Milliarden Euro) als auch die Auslagen (auf 152 Milliarden Euro) um jeweils mehr als vier Prozent steigern. Der Jahresüberschuss schrumpfte aber von 337 auf 317 Millionen Euro.

    Sparkassen hängen extrem vom Zinsgeschäft ab

    Letztendlich gelte: „Wenn der Zins praktisch abgeschafft ist, kann das nicht ohne Auswirkungen auf die Ergebnisse der Sparkassen bleiben.“ Denn anders als manche Geschäftsbanken, die auch am Kapitalmarkt Geld verdienen können, hängen die Sparkassen extrem vom Zinsgeschäft ab: Bis zu achtzig Prozent der Gewinne einer Sparkasse stammten bislang aus dem Zinsüberschuss. Gleichzeitig geht der Sparkassen-Verband davon aus, dass diese Erträge bis 2020 noch um rund ein Viertel sinken könnten.

    Eine Entwicklung, die kein Zufall ist, vermutet man im Sparkassenlager – sondern vor allem auf europäische Ebene politisch gewollt und von Berlin nicht verhindert: „Die Europäische Zentralbank zielt ganz klar auf strukturelle Marktbereinigung“, glaubt Sparkassen-Landesobmann Walter Strohmaier.

    Allerdings haben die Sparkassen auch noch Hausaufgaben zu machen: Für die Aufgabenerfüllung sei die aktuelle Struktur mit 71 eigenständigen Häusern nicht notwendig, räumt Netzer ein. Doch das Thema Fusionen sei nicht zuletzt wegen lokaler Pfründe schon seit Jahren äußerst heikel. Derzeit sprechen nur sieben Sparkassen konkret über drei mögliche Zusammenschlüsse – darunter in Schwaben die Sparkassen Neu-Ulm-Illertissen und Günzburg-Krumbach. Die Rahmenbedingungen zwängen alle Sparkassen aber nun „ernsthaft über weitere Schritte nachzudenken“.

    Sparkassen-Präsident: "Man kann keine Filiale betreiben, zu der niemand kommt"

    Gravierende Einschnitte wird es wohl auch beim Filialnetz geben: Von den derzeit gut 2200 Geschäftsstellen könnte in diesem Jahr nach Einschätzung von Netzer jede Zehnte geschlossen werden. 2015 machten bereits 82 Filialen dicht. Man folge damit aber nur dem veränderten Nutzungsverhalten der Kunden, rechtfertigt sich der Sparkassen-Verband: Während ein Kunde seine Filiale im Schnitt nur noch einmal im Jahr nutze, habe er gleichzeitig 108 Online-Kontakte.

    „Wir wollen weiter in der Nähe bleiben“, betont Netzer. Er verstehe, dass das Thema vor allem auf dem Land sehr emotional sei. Man könne aber keine Filiale betreiben, „zu der niemand mehr kommt“. Weiter sinken wird wohl auch die Zahl der Mitarbeiter: Bereits in 2015 schrumpfte die Belegschaft um 3,3 Prozent auf rund 42500, die Zahl der Azubis und Trainees gar um fast sieben Prozent auf 3282.

    Dass manche Sparkassen schon so klamm sind, dass sie ihre Einlagen künftig im Tresor aufbewahren wollen, um Strafzinsen bei der Zentralbank zu sparen, sei hingegen übertrieben, beschwichtigte Netzer. Dass es aber solche Überlegungen überhaupt gebe, sei sehr wohl ein wichtiges Signal an die Politik, ergänzt Sparkassen-Obmann Strohmaier: „Daran sieht man, in welcher perversen Welt wir leben.“

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