Startseite
Icon Pfeil nach unten
Wirtschaft
Icon Pfeil nach unten

München: Abgas-Verdacht: BMW will fraglichen 3er-Diesel selbst prüfen

München

Abgas-Verdacht: BMW will fraglichen 3er-Diesel selbst prüfen

    • |
    BMW galt bislang als vergleichsweise unbescholten im von VW ausgelösten Diesel-Abgasskandal.
    BMW galt bislang als vergleichsweise unbescholten im von VW ausgelösten Diesel-Abgasskandal. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Der Autobauer BMW will den von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) wegen mutmaßlich hoher Stickoxid-Emissionen beanstandeten Diesel-3er selbst auf Unregelmäßigkeiten testen. "Wir konnten das von der DUH getestete Fahrzeug ausfindig machen und werden dieses auf dem Rollenprüfstand sowie auf der Straße ausgiebig und professionell gemeinsam mit einer neutralen Institution vermessen, um die Unterstellungen der DUH zu überprüfen", sagte

    Die Deutsche Umwelthilfe hatte dem Münchener Hersteller nach Fahrtests vorgeworfen, in einem Diesel-BMW 320d womöglich eine sogenannte Abschalteinrichtung zu verwenden. Eine solche Vorrichtung erkennt, wenn das Auto auf dem Prüfstand steht, drosselt die Abgasreinigung aber unzulässig, wenn es im Realbetrieb auf der Straße gefahren wird. Fröhlich kritisierte die Messmethoden der DUH. "Für uns sieht es so aus, als ob die DUH in Bereichen mit hohen Drehzahlen, aber bei niedrigen Lasten gefahren ist. Sie müssen sich das so vorstellen, dass der Motor so laut aufheult, dass man eigentlich intuitiv schon lange höher geschaltet hätte", sagte der Manager. "Durch solche erzwungenen und untypischen Fahrweisen im Randbereich kann man plakative Emissionswerte konstruieren, die keine wirkliche Aussagekraft haben."

    BMW blieb bisher vom Diesel-Skandal verschont

    BMW galt bislang als vergleichsweise unbescholten im von VW ausgelösten Diesel-Abgasskandal. Immer wieder hatte Konzernchef Harald Krüger betont, bei BMW werde nicht manipuliert, die Motoren entsprächen den gesetzlichen Bestimmungen. Die DUH wirft BMW jedoch vor, dass die Abgasrückführung im 320d ab einer Drehzahl von 2500 Umdrehungen pro Minute heruntergeregelt und ab 3500 Umdrehungen komplett ausgeschaltet wird. Die

    Chronologie der Abgasaffäre bei VW und Audi

    VW steckt tief in der Krise. Der Abgas-Skandal hat Konzernchef Martin Winterkorn den Job gekostet - nun müssen sein Nachfolger Matthias Müller und der neue Aufsichtsratsvorsitzende Hans Dieter Pötsch die Affäre aufklären.

    3. September 2015: Volkswagen räumt gegenüber der US-Umweltbehörde EPA Manipulationen bei Abgastests ein.

    18. September 2015: Die EPA teilt mit, VW habe eine Software eingesetzt, um Test-Messungen des Schadstoffausstoßes künstlich zu drücken.

    22. September 2015: Der Konzern gibt eine Gewinnwarnung heraus und kündigt Milliarden-Rückstellungen an. VW-Chef Martin Winterkorn bittet um Entschuldigung.

    23. September 2015: Rücktritt Winterkorns. «Vor allem bin ich fassungslos, dass Verfehlungen dieser Tragweite im Volkswagen-Konzern möglich waren», erklärt er seinen Schritt.

    25. September 2015: Der VW-Aufsichtsrat tagt. Nach langer Sitzung beruft das Gremium Porsche-Chef Matthias Müller zum neuen Konzernchef und trifft einige weitere Personal- und Strukturentscheidungen.

    28. September 2015: Nach mehreren Strafanzeigen startet die Braunschweiger Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen Betrugsvorwürfen.

    29. September 2015: Volkswagen legt einen Aktionsplan zur Nachbesserung von Dieselwagen mit manipulierter Software vor und will fünf Millionen Fahrzeuge der Kernmarke VW in die Werkstätten holen.

    1. Oktober 2015: Die Staatsanwaltschaft Braunschweig rudert zurück: Entgegen früheren Angaben führt sie kein formelles Verfahren gegen Winterkorn. Neuer VW-Finanzchef wird nach dem Wechsel von Hans Dieter Pötsch in den Aufsichtsrat der Leiter der Finanzsparte, Frank Witter.

    2. Oktober 2015: Auf speziellen Internetseiten können Kunden von VW und Audi prüfen, ob ihr Wagen die Manipulations-Software verwendet.

    4. Oktober 2015: Laut «Bild am Sonntag» sollen VW-Ingenieure der internen Revision gesagt haben, sie hätten 2008 die Software installiert.

    6. Oktober 2015: Betriebsratschef Bernd Osterloh und Müller sprechen bei einer Betriebsversammlung in Wolfsburg zur Belegschaft. Osterloh betont, bisher gebe es noch keine Konsequenzen für Jobs - laut Müller stellt die Abgas-Affäre aber bereits geplante Investitionen infrage.

    7. Oktober 2015: Erneutes Krisentreffen der VW-Aufseher, Pötsch wird an die Spitze des Kontrollgremiums gewählt. Nach Aussage Müllers in einem «FAZ»-Interview kann der Auto-Rückruf im Januar 2016 beginnen.

    8. Oktober 2015: Razzia bei Volkswagen: Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ordnet Durchsuchungen in Wolfsburg und an anderen Orten an. VW-US-Chef Michael Horn muss dem US-Kongress Rede und Antwort stehen.

    9. Oktober 2015: US-Bundesstaat Texas verklagt Volkswagen. VW habe seine Kunden über Jahre hinweg vorsätzlich getäuscht, sagt ein texanischer Staatsanwalt.

    15. Oktober 2015: Das Kraftfahrtbundesamt (KBA) lehnt die von Volkswagen angebotene freiwillige Reparatur ab. Rund 2,4 Millionen betroffene Fahrzeuge von VW werden zurückgerufen.

    2. November 2015: Auch Porsche und Audi geraten unter Verdacht. Die US-Umweltbehörde prüft die von Audi gebauten und von Porsche verwendeten Dreiliter-Dieselaggregate.

    4. November 2015: VW, Porsche und Audi stoppen in den USA den Verkauf von Fahrzeugen, die mit der umstrittenen Dreiliter-Dieselmaschine ausgerüstet sind.

    12. November 2015: Martin Winterkorn gibt Vorsitz bei Audi auf. Nach dem Rückzug von VW und Porsche legt Winterkorn auch sein Amt bei Audi nieder.

    5. Januar 2016: Die US-Regierung reicht im Abgas-Skandal Klage gegen Volkswagen ein. Das Justizministerium wirft dem Konzern vor, Betrugssoftware eingesetzt und gegen das Luftreinhaltegesetz "Clean Air Act" verstoßen zu haben.

    27. Januar 2016: VW beginnt mit dem Rückruf der betroffenen Fahrzeuge. Zunächst ist der Pick-up Amarok dran. Danach folgen die Passat-Modelle.

    15. März 2016: Knapp 300 Großaktionäre verklagen VW auf Schadensersatz in Höhe von rund drei Milliarden Euro.

    22. April 2016: VW muss den höchsten Verlust in der Geschichte des Unternehmens bekannt geben.

    28. Juni 2016: Entschädigungen in Rekordhöhe: 15 Milliarden Dollar kostet der Abgasskandal VW in den USA allein an Strafen an die Umweltbehörden und Entschädigungen an Autofahrer.

    7. September 2016: Auch der Autozieferer Bosch gerät immer mehr in Kritik. Ohne das Stuttgarter Unternehmen habe Volkswagen die Software nicht anpassen können, berichten Medien.

    23. September 2016: Neue Vorwürfe aus den USA belasten VW-Tochter Audi schwer. Bisher bestritt Audi stets manipuliert zu haben.

    22. November 2016: VW will weltweit 30.000 Jobs abbauen. Allein in Deutschland sollen bis zu 23.000 Jobs wegfallen.

    15. Dezember 2016: Sigmar Gabriel (SPD), Peter Altmaier (CDU) und Barbara Hendricks (SPD) sagen im U-Ausschuss aus, sie hätten erst nach Aufdeckung des Skandals 2015 von verbotenen Praktiken erfahren.

    20. Dezember 2016: Nächste Vergleichszahlung: VW und Audi sollen in Kanada bis zu 1,5 Milliarden Euro an Autokäufer zahlen.

    9. Januar 2017: Amerikanisches FBI nimmt einen VW-Manager wegen des Dieselskandals fest.

    11. Januar 2017: VW und das US-Justizministerium einigen sich zu einem Vergleich. VW muss wegen rund 4,3 Milliarden Dollar zahlen.

    19. Januar 2017: Martin Winterkorn wird im Untersuchungsausschuss des Bundestags zum Diesel-Skandal befragt. Der damalige Vorstandsvorsitzende des VW-Konzerns betont erneut, "nicht frühzeitig und eindeutig über die Messprobleme aufgeklärt" worden zu sein.

    27. Januar 2017: Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt jetzt auch gegen den früheren VW-Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn wegen des Verdachts auf Betrug.

    3. Februar 2017: Ferdinand Piëch, der frühere VW-Aufsichtsratschef, belastet Martin Winterkorn. Demnach soll Winterkorn doch schon früher als von ihm eingeräumt vom Abgasbetrug erfahren haben.

    18. Februar 2017: Interne Dokumente belasten Audi-Chef Rupert Stadler. Er soll schon 2007 von der Schummelei zu den Abgaswerten gewusst haben.

    8. März 2017: Kanzlerin Angela Merkel sagt als letzte Zeugin vor dem Untersuchungsausschuss zur Abgasaffäre aus. Sie will von der Affäre erst durch die Medien erfahren haben.

    15. März 2017: Razzia bei Audi: Kurz vor Beginn der Jahrespressekonferenz durchsuchen Fahnder die Konzernzentrale in Ingolstadt.

    Autohersteller rechtfertigen die teilweise oder komplette Abschaltung der Abgasrückführung unter bestimmten Bedingungen meist mit dem Motorschutz. "Physikalisch muss die Abgasrückführung an die Motordrehzahlen angepasst werden, um sowohl erhöhte Partikelemissionen als auch thermische Schäden an den abgasführenden Bauteilen zu verhindern", sagt BMW-Chefentwickler Fröhlich. "Das ist keine Verschwörung, sondern das weiß jeder Ingenieur, der sich mit Verbrennungsmotoren auskennt, aus dem Effeff."

    Der BMW-Vorstand weist Vorwürfe der DUH zurück

    Fröhlich beanstandete vor allem, dass die DUH-Tester den betreffenden BMW vom Typ 320d nicht so gefahren seien wie der normale BMW-Fahrer. "Statistische Auswertungen zu Kundenfahrprofilen zeigen uns, dass das Fahrzeug bei normaler Nutzung grundsätzlich im Bereich der aktiven Abgasrückführung bewegt wird und nicht in die Randbereiche kommt, in die die DUH das Fahrzeug offenbar durch gezielte Schaltvorgänge gezwungen hat", kritisierte Fröhlich. "Übrigens weist das Auto in solchen Fällen im Display auch darauf hin: 'Bitte hochschalten'."

    Der BMW-Vorstand wies die Vorwürfe der DUH insgesamt zurück. "Diese ganzen Unterstellungen sind für uns unseriös und an den Haaren herbeigezogen, und wer so etwas willentlich macht, dem könnte man auch Absicht vorwerfen." Die Frage sei, ob man ein komplettes Bild aufzeigen wolle oder bewusst Sachverhalte unter den Tisch fallen lasse, um einer eigenen Darstellung Aufmerksamkeit zu verschaffen. "Dann wäre es doch zumindest fahrlässig, uns wider besseren Wissens ein Defeat Device zu unterstellen", so Fröhlich. dpa

    Lesen Sie auch: Staatsanwaltschaft prüft Abgas-Vorwürfe gegen BMW

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden